Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite
Beschreibungen von Gärten.

V.
Beschreibung des Parks zu Hackfall
*)

Hackfall verdient, daß man viele Meilen darum reiset. Beym Eintritte in
den Park von der Seite von Swinton hat man den ersten schönen Ge-
sichtspunct von einem vorragenden Hügel mit einem kleinen Gebäude. Ein rau-
schender Strom fließt zwischen einzelnen Bäumen durch; zur Rechten sieht man
durch eine lange Oeffnung von Hügeln herabhangender Wälder, die sich endlich
in eine finstere Vertiefung endigen. Ein Theil der Stadt Masham nebst dem
Thurme ragt über die am Wasser stehenden Bäume hervor; nichts kann maleri-
scher seyn. Das Gebäude steht im Schatten von Bäumen, welches mit dem glän-
zenden Wasser einen schönen Contrast macht. Die Häuser, welche über die am
Wasser stehenden Bäume hervorragen, scheinen gleichsam darauf hervor zu wachsen.

Der Weg läuft längst dem Ufer des Flusses fort, und erhebt sich zu einem
offenen achteckigten Platze, der reizende Aussichten liefert. Zur Rechten entdeckt
man einen großen mit Buschwerk besetzten Hügel, der ein majestätisches Ansehen
hat; auf demselben sind Ruinen angelegt, die über eine Vertiefung von Bäumen
hervorragen. An einer Stelle wird man den Fluß gewahr; das Ohr wird zugleich
durch sein Geräusch über Felsen ergötzt. Das Gemälde wird unendlich durch das
Getöse des Flusses verschönert, ob er gleich hinter den Bäumen versteckt ist; man
stellt sich den Fall und den Strom weit prächtiger vor, da das Ganze hingegen
verlieren würde, sobald man es sähe.

Von hier krümmt sich der Weg durch einen hohen Lustwald, und führt zu einem
Tempel von bäurischem Werke an einem Wasserbassin, in dessen Mitte sich ein nie-
driger Wasserstral empor hebt. Auf der Seite fällt ein kleiner Wasserfall in die-
ses Bassin; vor sich hin erblickt man durch eine Oeffnung in dem Walde gespaltene
Felsen. Weiterhin übersieht man aus einer Grotte eine sehr malerische Scene, näm-
lich einen von der Natur gemachten Wasserfall; das Wasser fällt in verschiedenen
Absätzen vierzig Fuß hoch zwischen hohen Bäumen herunter, und scheint durch ei-
ne Zauberkraft hervorgebracht zu seyn.

Diese
*) Ein Landsitz des Herrn Aislabie in Yorkshire. Die Beschreibung ist aus Youngs
Reise durch die nördlichen Provinzen von England etc. 1. Th. 11. Br.
II Band. A a
Beſchreibungen von Gaͤrten.

V.
Beſchreibung des Parks zu Hackfall
*)

Hackfall verdient, daß man viele Meilen darum reiſet. Beym Eintritte in
den Park von der Seite von Swinton hat man den erſten ſchoͤnen Ge-
ſichtspunct von einem vorragenden Huͤgel mit einem kleinen Gebaͤude. Ein rau-
ſchender Strom fließt zwiſchen einzelnen Baͤumen durch; zur Rechten ſieht man
durch eine lange Oeffnung von Huͤgeln herabhangender Waͤlder, die ſich endlich
in eine finſtere Vertiefung endigen. Ein Theil der Stadt Masham nebſt dem
Thurme ragt uͤber die am Waſſer ſtehenden Baͤume hervor; nichts kann maleri-
ſcher ſeyn. Das Gebaͤude ſteht im Schatten von Baͤumen, welches mit dem glaͤn-
zenden Waſſer einen ſchoͤnen Contraſt macht. Die Haͤuſer, welche uͤber die am
Waſſer ſtehenden Baͤume hervorragen, ſcheinen gleichſam darauf hervor zu wachſen.

Der Weg laͤuft laͤngſt dem Ufer des Fluſſes fort, und erhebt ſich zu einem
offenen achteckigten Platze, der reizende Ausſichten liefert. Zur Rechten entdeckt
man einen großen mit Buſchwerk beſetzten Huͤgel, der ein majeſtaͤtiſches Anſehen
hat; auf demſelben ſind Ruinen angelegt, die uͤber eine Vertiefung von Baͤumen
hervorragen. An einer Stelle wird man den Fluß gewahr; das Ohr wird zugleich
durch ſein Geraͤuſch uͤber Felſen ergoͤtzt. Das Gemaͤlde wird unendlich durch das
Getoͤſe des Fluſſes verſchoͤnert, ob er gleich hinter den Baͤumen verſteckt iſt; man
ſtellt ſich den Fall und den Strom weit praͤchtiger vor, da das Ganze hingegen
verlieren wuͤrde, ſobald man es ſaͤhe.

Von hier kruͤmmt ſich der Weg durch einen hohen Luſtwald, und fuͤhrt zu einem
Tempel von baͤuriſchem Werke an einem Waſſerbaſſin, in deſſen Mitte ſich ein nie-
driger Waſſerſtral empor hebt. Auf der Seite faͤllt ein kleiner Waſſerfall in die-
ſes Baſſin; vor ſich hin erblickt man durch eine Oeffnung in dem Walde geſpaltene
Felſen. Weiterhin uͤberſieht man aus einer Grotte eine ſehr maleriſche Scene, naͤm-
lich einen von der Natur gemachten Waſſerfall; das Waſſer faͤllt in verſchiedenen
Abſaͤtzen vierzig Fuß hoch zwiſchen hohen Baͤumen herunter, und ſcheint durch ei-
ne Zauberkraft hervorgebracht zu ſeyn.

Dieſe
*) Ein Landſitz des Herrn Aislabie in Yorkſhire. Die Beſchreibung iſt aus Youngs
Reiſe durch die noͤrdlichen Provinzen von England ꝛc. 1. Th. 11. Br.
II Band. A a
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0179" n="175"/>
      <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Be&#x017F;chreibungen von Ga&#x0364;rten.</hi> </fw><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <div n="2">
        <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">V.</hi><lb/> <hi rendition="#g">Be&#x017F;chreibung des Parks zu Hackfall</hi> </hi> <note place="foot" n="*)">Ein Land&#x017F;itz des Herrn Aislabie in York&#x017F;hire. Die Be&#x017F;chreibung i&#x017F;t aus Youngs<lb/>
Rei&#x017F;e durch die no&#x0364;rdlichen Provinzen von England &#xA75B;c. 1. Th. 11. Br.</note>
        </head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">H</hi>ackfall verdient, daß man viele Meilen darum rei&#x017F;et. Beym Eintritte in<lb/>
den Park von der Seite von <hi rendition="#fr">Swinton</hi> hat man den er&#x017F;ten &#x017F;cho&#x0364;nen Ge-<lb/>
&#x017F;ichtspunct von einem vorragenden Hu&#x0364;gel mit einem kleinen Geba&#x0364;ude. Ein rau-<lb/>
&#x017F;chender Strom fließt zwi&#x017F;chen einzelnen Ba&#x0364;umen durch; zur Rechten &#x017F;ieht man<lb/>
durch eine lange Oeffnung von Hu&#x0364;geln herabhangender Wa&#x0364;lder, die &#x017F;ich endlich<lb/>
in eine fin&#x017F;tere Vertiefung endigen. Ein Theil der Stadt <hi rendition="#fr">Masham</hi> neb&#x017F;t dem<lb/>
Thurme ragt u&#x0364;ber die am Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;tehenden Ba&#x0364;ume hervor; nichts kann maleri-<lb/>
&#x017F;cher &#x017F;eyn. Das Geba&#x0364;ude &#x017F;teht im Schatten von Ba&#x0364;umen, welches mit dem gla&#x0364;n-<lb/>
zenden Wa&#x017F;&#x017F;er einen &#x017F;cho&#x0364;nen Contra&#x017F;t macht. Die Ha&#x0364;u&#x017F;er, welche u&#x0364;ber die am<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;tehenden Ba&#x0364;ume hervorragen, &#x017F;cheinen gleich&#x017F;am darauf hervor zu wach&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Der Weg la&#x0364;uft la&#x0364;ng&#x017F;t dem Ufer des Flu&#x017F;&#x017F;es fort, und erhebt &#x017F;ich zu einem<lb/>
offenen achteckigten Platze, der reizende Aus&#x017F;ichten liefert. Zur Rechten entdeckt<lb/>
man einen großen mit Bu&#x017F;chwerk be&#x017F;etzten Hu&#x0364;gel, der ein maje&#x017F;ta&#x0364;ti&#x017F;ches An&#x017F;ehen<lb/>
hat; auf dem&#x017F;elben &#x017F;ind Ruinen angelegt, die u&#x0364;ber eine Vertiefung von Ba&#x0364;umen<lb/>
hervorragen. An einer Stelle wird man den Fluß gewahr; das Ohr wird zugleich<lb/>
durch &#x017F;ein Gera&#x0364;u&#x017F;ch u&#x0364;ber Fel&#x017F;en ergo&#x0364;tzt. Das Gema&#x0364;lde wird unendlich durch das<lb/>
Geto&#x0364;&#x017F;e des Flu&#x017F;&#x017F;es ver&#x017F;cho&#x0364;nert, ob er gleich hinter den Ba&#x0364;umen ver&#x017F;teckt i&#x017F;t; man<lb/>
&#x017F;tellt &#x017F;ich den Fall und den Strom weit pra&#x0364;chtiger vor, da das Ganze hingegen<lb/>
verlieren wu&#x0364;rde, &#x017F;obald man es &#x017F;a&#x0364;he.</p><lb/>
        <p>Von hier kru&#x0364;mmt &#x017F;ich der Weg durch einen hohen Lu&#x017F;twald, und fu&#x0364;hrt zu einem<lb/>
Tempel von ba&#x0364;uri&#x017F;chem Werke an einem Wa&#x017F;&#x017F;erba&#x017F;&#x017F;in, in de&#x017F;&#x017F;en Mitte &#x017F;ich ein nie-<lb/>
driger Wa&#x017F;&#x017F;er&#x017F;tral empor hebt. Auf der Seite fa&#x0364;llt ein kleiner Wa&#x017F;&#x017F;erfall in die-<lb/>
&#x017F;es Ba&#x017F;&#x017F;in; vor &#x017F;ich hin erblickt man durch eine Oeffnung in dem Walde ge&#x017F;paltene<lb/>
Fel&#x017F;en. Weiterhin u&#x0364;ber&#x017F;ieht man aus einer Grotte eine &#x017F;ehr maleri&#x017F;che Scene, na&#x0364;m-<lb/>
lich einen von der Natur gemachten Wa&#x017F;&#x017F;erfall; das Wa&#x017F;&#x017F;er fa&#x0364;llt in ver&#x017F;chiedenen<lb/>
Ab&#x017F;a&#x0364;tzen vierzig Fuß hoch zwi&#x017F;chen hohen Ba&#x0364;umen herunter, und &#x017F;cheint durch ei-<lb/>
ne Zauberkraft hervorgebracht zu &#x017F;eyn.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Die&#x017F;e</fw><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">II</hi><hi rendition="#fr">Band.</hi> A a</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[175/0179] Beſchreibungen von Gaͤrten. V. Beſchreibung des Parks zu Hackfall *) Hackfall verdient, daß man viele Meilen darum reiſet. Beym Eintritte in den Park von der Seite von Swinton hat man den erſten ſchoͤnen Ge- ſichtspunct von einem vorragenden Huͤgel mit einem kleinen Gebaͤude. Ein rau- ſchender Strom fließt zwiſchen einzelnen Baͤumen durch; zur Rechten ſieht man durch eine lange Oeffnung von Huͤgeln herabhangender Waͤlder, die ſich endlich in eine finſtere Vertiefung endigen. Ein Theil der Stadt Masham nebſt dem Thurme ragt uͤber die am Waſſer ſtehenden Baͤume hervor; nichts kann maleri- ſcher ſeyn. Das Gebaͤude ſteht im Schatten von Baͤumen, welches mit dem glaͤn- zenden Waſſer einen ſchoͤnen Contraſt macht. Die Haͤuſer, welche uͤber die am Waſſer ſtehenden Baͤume hervorragen, ſcheinen gleichſam darauf hervor zu wachſen. Der Weg laͤuft laͤngſt dem Ufer des Fluſſes fort, und erhebt ſich zu einem offenen achteckigten Platze, der reizende Ausſichten liefert. Zur Rechten entdeckt man einen großen mit Buſchwerk beſetzten Huͤgel, der ein majeſtaͤtiſches Anſehen hat; auf demſelben ſind Ruinen angelegt, die uͤber eine Vertiefung von Baͤumen hervorragen. An einer Stelle wird man den Fluß gewahr; das Ohr wird zugleich durch ſein Geraͤuſch uͤber Felſen ergoͤtzt. Das Gemaͤlde wird unendlich durch das Getoͤſe des Fluſſes verſchoͤnert, ob er gleich hinter den Baͤumen verſteckt iſt; man ſtellt ſich den Fall und den Strom weit praͤchtiger vor, da das Ganze hingegen verlieren wuͤrde, ſobald man es ſaͤhe. Von hier kruͤmmt ſich der Weg durch einen hohen Luſtwald, und fuͤhrt zu einem Tempel von baͤuriſchem Werke an einem Waſſerbaſſin, in deſſen Mitte ſich ein nie- driger Waſſerſtral empor hebt. Auf der Seite faͤllt ein kleiner Waſſerfall in die- ſes Baſſin; vor ſich hin erblickt man durch eine Oeffnung in dem Walde geſpaltene Felſen. Weiterhin uͤberſieht man aus einer Grotte eine ſehr maleriſche Scene, naͤm- lich einen von der Natur gemachten Waſſerfall; das Waſſer faͤllt in verſchiedenen Abſaͤtzen vierzig Fuß hoch zwiſchen hohen Baͤumen herunter, und ſcheint durch ei- ne Zauberkraft hervorgebracht zu ſeyn. Dieſe *) Ein Landſitz des Herrn Aislabie in Yorkſhire. Die Beſchreibung iſt aus Youngs Reiſe durch die noͤrdlichen Provinzen von England ꝛc. 1. Th. 11. Br. II Band. A a

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/179
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/179>, abgerufen am 21.11.2024.