Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.Von Wegen und Gängen. lich bleiben, die ihre Wege hinwerfen, wo es ihnen einfällt, oder wo der Bodenund die Schnur die erste beste Bequemlichkeit dazu anbieten. Es ist demnach widersinnig, wenn sich der Garten nach Gängen, die schon Weil die Gänge nur ein Hülfsmittel, nicht aber ein Hauptwerk in den Gär- 2. Die meisten Misverständnisse in Ansehung der Wege sind bey der Frage ent- Fragt man, welche von beyden Linien der Gartenkünstler befolgen soll, so wird Die gerade Linie ist nicht gegen die Natur, und sie wird auch nicht dadurch Sie schickt sich nicht allein in großen öffentlichen Spaziergängen des Volks, sind. R 2
Von Wegen und Gaͤngen. lich bleiben, die ihre Wege hinwerfen, wo es ihnen einfaͤllt, oder wo der Bodenund die Schnur die erſte beſte Bequemlichkeit dazu anbieten. Es iſt demnach widerſinnig, wenn ſich der Garten nach Gaͤngen, die ſchon Weil die Gaͤnge nur ein Huͤlfsmittel, nicht aber ein Hauptwerk in den Gaͤr- 2. Die meiſten Misverſtaͤndniſſe in Anſehung der Wege ſind bey der Frage ent- Fragt man, welche von beyden Linien der Gartenkuͤnſtler befolgen ſoll, ſo wird Die gerade Linie iſt nicht gegen die Natur, und ſie wird auch nicht dadurch Sie ſchickt ſich nicht allein in großen oͤffentlichen Spaziergaͤngen des Volks, ſind. R 2
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Von Wegen und Gaͤngen.
lich bleiben, die ihre Wege hinwerfen, wo es ihnen einfaͤllt, oder wo der Boden
und die Schnur die erſte beſte Bequemlichkeit dazu anbieten.
Es iſt demnach widerſinnig, wenn ſich der Garten nach Gaͤngen, die ſchon
vor ſeiner voͤlligen Einrichtung entworfen ſind, bequemen muß. Sie koͤnnen
erſt alsdann gehoͤrig beſtimmt und wohl angelegt werden, wenn alle Theile
und Scenen des Gartens ihre vollkommene Anpflanzung und Ausbildung erhalten
haben.
Weil die Gaͤnge nur ein Huͤlfsmittel, nicht aber ein Hauptwerk in den Gaͤr-
ten ſind, ſo iſt es eine ſehr unſchickliche Anlage, wenn viele derſelben, anſtatt hie
und da verdeckt zu ſeyn, auf einmal hervorbrechend in die Augen fallen und eine Art
von Nachahmung der Stadtgaſſen vorſtellen. Außerdem ſind die Gaͤnge an ſich
zu unerhebliche Gegenſtaͤnde, als daß ſie verdienten, beſonders zur Schau ausgeſtellt
zu werden.
2.
Die meiſten Misverſtaͤndniſſe in Anſehung der Wege ſind bey der Frage ent-
ſtanden, ob ſie in einer geraden Linie oder mit Kruͤmmungen angelegt werden ſollen.
Man erinnert ſich, daß die alte Manier allein die gerade Linie in den Gaͤngen befolgte.
Als der neue Geſchmack der Britten ſich zu verbreiten anfieng, verwarf man ſie
ganz gegen die ſich kruͤmmende Linie, die man uͤberall anbrachte. Allein die gemei-
ne regulaͤre Schlangenlinie enthaͤlt faſt eben ſo viele Einfoͤrmigkeit, als die gerade
Linie. Dagegen verdient die ſich ohne Regelmaͤßigkeit frey kruͤmmende und mit
Abwechſelung ſchlaͤngelnde Manier unſtreitig den Vorzug. Wir wollen ſie die Na-
turlinie nennen, indem ſie ſowohl in den Vorbildungen der Natur vor Augen liegt,
als auch da, wo ſie von der Hand des Menſchen gezogen wird, ſich nach der Be-
ſchaffenheit des Bodens, und nach der Lage der natuͤrlichen Gegenſtaͤnde richtet.
Fragt man, welche von beyden Linien der Gartenkuͤnſtler befolgen ſoll, ſo wird
die Antwort zum Vortheil beyder ausfallen muͤſſen. Die Sache iſt dieſe.
Die gerade Linie iſt nicht gegen die Natur, und ſie wird auch nicht dadurch
verwerflich, daß ſie in der alten Manier herrſchte. Sie fuͤhrt eine gewiſſe Art von
Bequemlichkeit mit ſich. Und es giebt Faͤlle, wo ſie nicht allein noch immer zu-
laͤſſig iſt, ſondern auch mit Vortheil gebraucht werden kann.
Sie ſchickt ſich nicht allein in großen oͤffentlichen Spaziergaͤngen des Volks,
ſondern auch in breiten Alleen, die auf den Seiten mit hohen Baͤumen beſetze
ſind.
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