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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.

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Fünfter Abschnitt.
Zufälligkeiten bilden eine Scene, die den Zuschauer mit Staunen und Verwunderung
erfüllt.

[Abbildung]
6.
Fluß.

Mit dem Strom hat der Fluß den Reichthum des Wassers gemein; aber er
unterscheidet sich von ihm durch den mehr geraden Lauf in der Länge, und durch die
Langsamkeit und Regelmäßigkeit seines Fortgangs. Ein Fluß ist zwar abändernder
Wendungen fähig, selbst ihrer zu seiner Schönheit bedürftig; ein beständiger Fort-
gang in einer geraden Linie würde sogar wider die Natur seyn. Aber dennoch hält ein
Fluß mehr einen Fortlauf in der Länge, als ein Strom; denn diesen nöthigt die Schnel-
ligkeit und der Ungestüm seines Wassers zu häufigen Umwegen und Krümmungen.
Ein Fluß findet bey seiner bedächtigen Fortschreitung keine Hindernisse, die ihn auf-
halten, wenigstens seltener; da im Gegentheil der Strom durch sein hastiges und un-
gestümes Wesen sich immer in neue Schwierigkeiten verwickelt.

Inzwi-

Fuͤnfter Abſchnitt.
Zufaͤlligkeiten bilden eine Scene, die den Zuſchauer mit Staunen und Verwunderung
erfuͤllt.

[Abbildung]
6.
Fluß.

Mit dem Strom hat der Fluß den Reichthum des Waſſers gemein; aber er
unterſcheidet ſich von ihm durch den mehr geraden Lauf in der Laͤnge, und durch die
Langſamkeit und Regelmaͤßigkeit ſeines Fortgangs. Ein Fluß iſt zwar abaͤndernder
Wendungen faͤhig, ſelbſt ihrer zu ſeiner Schoͤnheit beduͤrftig; ein beſtaͤndiger Fort-
gang in einer geraden Linie wuͤrde ſogar wider die Natur ſeyn. Aber dennoch haͤlt ein
Fluß mehr einen Fortlauf in der Laͤnge, als ein Strom; denn dieſen noͤthigt die Schnel-
ligkeit und der Ungeſtuͤm ſeines Waſſers zu haͤufigen Umwegen und Kruͤmmungen.
Ein Fluß findet bey ſeiner bedaͤchtigen Fortſchreitung keine Hinderniſſe, die ihn auf-
halten, wenigſtens ſeltener; da im Gegentheil der Strom durch ſein haſtiges und un-
geſtuͤmes Weſen ſich immer in neue Schwierigkeiten verwickelt.

Inzwi-
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[106/0110] Fuͤnfter Abſchnitt. Zufaͤlligkeiten bilden eine Scene, die den Zuſchauer mit Staunen und Verwunderung erfuͤllt. [Abbildung] 6. Fluß. Mit dem Strom hat der Fluß den Reichthum des Waſſers gemein; aber er unterſcheidet ſich von ihm durch den mehr geraden Lauf in der Laͤnge, und durch die Langſamkeit und Regelmaͤßigkeit ſeines Fortgangs. Ein Fluß iſt zwar abaͤndernder Wendungen faͤhig, ſelbſt ihrer zu ſeiner Schoͤnheit beduͤrftig; ein beſtaͤndiger Fort- gang in einer geraden Linie wuͤrde ſogar wider die Natur ſeyn. Aber dennoch haͤlt ein Fluß mehr einen Fortlauf in der Laͤnge, als ein Strom; denn dieſen noͤthigt die Schnel- ligkeit und der Ungeſtuͤm ſeines Waſſers zu haͤufigen Umwegen und Kruͤmmungen. Ein Fluß findet bey ſeiner bedaͤchtigen Fortſchreitung keine Hinderniſſe, die ihn auf- halten, wenigſtens ſeltener; da im Gegentheil der Strom durch ſein haſtiges und un- geſtuͤmes Weſen ſich immer in neue Schwierigkeiten verwickelt. Inzwi-

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/110>, abgerufen am 21.11.2024.