Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779.Erster Abschnitt. Aussicht in die Gärten 4. Gärten in Spanien. Der Spanier liebt das Landleben nicht; zwar nicht aus Leichtsinn oder einem Die Gärten des Königs sind also hier nur diejenigen, die einige Aufmerksam- Schatten *) Reise durch Spanien, 2ter Th. 1ster Band. **) Des P. Caimo Lettere d'un Vago
Italiano. -- Man sagt, daß dieser Gar- ten 4,000,000 Piaster gekostet hat; auf [Spaltenumbruch] die einzige Wasserkunst, das Bad der Dia- na, sind allein 300000 Piaster verschwen- det. Nur einen kleinen Theil dieser unge- heuern Summe auf einen brittischen Park verwendet, welch ein ganz anderes Werk! Erſter Abſchnitt. Ausſicht in die Gaͤrten 4. Gaͤrten in Spanien. Der Spanier liebt das Landleben nicht; zwar nicht aus Leichtſinn oder einem Die Gaͤrten des Koͤnigs ſind alſo hier nur diejenigen, die einige Aufmerkſam- Schatten *) Reiſe durch Spanien, 2ter Th. 1ſter Band. **) Des P. Caimo Lettere d’un Vago
Italiano. — Man ſagt, daß dieſer Gar- ten 4,000,000 Piaſter gekoſtet hat; auf [Spaltenumbruch] die einzige Waſſerkunſt, das Bad der Dia- na, ſind allein 300000 Piaſter verſchwen- det. Nur einen kleinen Theil dieſer unge- heuern Summe auf einen brittiſchen Park verwendet, welch ein ganz anderes Werk! <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0062" n="48"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Erſter Abſchnitt. Ausſicht in die Gaͤrten</hi> </fw><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">4.<lb/><hi rendition="#g">Gaͤrten in Spanien.</hi></hi> </head><lb/> <p>Der Spanier liebt das Landleben nicht; zwar nicht aus Leichtſinn oder einem<lb/> verwoͤhnten Geſchmack, ſondern vielmehr aus einer eigenen Art von Traͤgheit, die<lb/> man am nachdruͤcklichſten die <hi rendition="#fr">ſpaniſche</hi> nennt, die theils in einer ſonderbaren Mi-<lb/> ſchung des Temperaments, theils in Nationalvorurtheilen ihren Grund zu haben<lb/> ſcheint. So fuͤhllos iſt der <hi rendition="#fr">Spanier</hi> gegen die Reizungen der Natur, daß er nichts<lb/> als die Ergoͤtzungen ſeiner Hauptſtadt kennt, nichts von angenehmen Landſitzen weiß,<lb/> nichts von Anpflanzungen der Baͤume, nicht einmal von laͤndlichen Luſtoͤrtern und<lb/> Schatten in der Nachbarſchaft der Staͤdte. Eine Sorgloſigkeit, die deſto unbe-<lb/> greiflicher iſt, je mehr natuͤrliche Annehmlichkeiten das Land in ſeinem Schooß verei-<lb/> nigt. Alles liegt unbebauet und oͤde; in vielen Gegenden erſcheint nach meilenlangen<lb/> Reiſen kein Baum, der eine erquickende Kuͤhlung gaͤbe. Sogar um <hi rendition="#fr">Madrid</hi> ſieht<lb/> man keine Luſthaͤuſer, keine Gaͤrten; und erſt vor einigen Jahren hat man nach dem<lb/> Bericht des <hi rendition="#fr">Puente</hi> <cb/> <note place="foot" n="*)">Reiſe durch Spanien, 2ter Th. 1ſter<lb/> Band.</note> den Anfang zur Verbeſſerung der Wege um die Hauptſtadt<lb/> und zur Verſchoͤnerung durch Baumpflanzungen gemacht.</p><lb/> <p>Die Gaͤrten des Koͤnigs ſind alſo hier nur diejenigen, die einige Aufmerkſam-<lb/> keit verdienen. Man ruͤhmt die Gaͤrten des <hi rendition="#fr">Eſcurials,</hi> der anmuthigen Lage, der<lb/> großen Terraſſen, der vielen beſtaͤndig laufenden Springbrunnen und des geraͤumigen<lb/> Parks wegen, der daran graͤnzt, und mit vielen ſeltenen Fruchtbaͤumen erfuͤllt iſt.<lb/> Mehr erhebt ſich der Garten bey dem Luſtſchloß <hi rendition="#fr">Ildefonſo.</hi> <note place="foot" n="**)">Des P. Caimo <hi rendition="#aq">Lettere d’un Vago<lb/> Italiano.</hi> — Man ſagt, daß dieſer Gar-<lb/> ten 4,000,000 Piaſter gekoſtet hat; auf<lb/><cb/> die einzige Waſſerkunſt, das Bad der Dia-<lb/> na, ſind allein 300000 Piaſter verſchwen-<lb/> det. Nur einen kleinen Theil dieſer unge-<lb/> heuern Summe auf einen brittiſchen Park<lb/> verwendet, welch ein ganz anderes Werk!</note> Natur und Kunſt,<lb/> ſagt <hi rendition="#fr">Caimo,</hi> haben ſich wetteifernd bemuͤhet, da uͤberall Schoͤnheiten zu verbreiten,<lb/> und den Garten zugleich praͤchtig und angenehm zu machen. Man findet in dem-<lb/> ſelben Springbrunnen, ſchoͤne Waſſerfaͤlle, Canaͤle, Sitze, bedeckte Gaͤnge, Lauben,<lb/> Grotten, Labyrinthe, Parterren und Hecken von Myrthen und Lorbeerbaͤumen; alles<lb/> iſt aufs ſchoͤnſte vertheilt und thut die angenehmſte Wirkung. Das Waſſer koͤmmt<lb/> von dem naͤchſten Gebirge, welches rings umher liegt, und macht, wo es zuſammen-<lb/> fließt, eine Art von Strom, der in ein großes Behaͤltniß faͤllt. Viele Waſſerwerke<lb/> beleben dieſen Garten. Die Alleen ſind ſehr lang; einige bis auf drey Viertelmeilen,<lb/> und faſt alle ſind mit Hecken beſetzt, die durch ihre Hoͤhe und Dicke einen angenehmen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Schatten</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [48/0062]
Erſter Abſchnitt. Ausſicht in die Gaͤrten
4.
Gaͤrten in Spanien.
Der Spanier liebt das Landleben nicht; zwar nicht aus Leichtſinn oder einem
verwoͤhnten Geſchmack, ſondern vielmehr aus einer eigenen Art von Traͤgheit, die
man am nachdruͤcklichſten die ſpaniſche nennt, die theils in einer ſonderbaren Mi-
ſchung des Temperaments, theils in Nationalvorurtheilen ihren Grund zu haben
ſcheint. So fuͤhllos iſt der Spanier gegen die Reizungen der Natur, daß er nichts
als die Ergoͤtzungen ſeiner Hauptſtadt kennt, nichts von angenehmen Landſitzen weiß,
nichts von Anpflanzungen der Baͤume, nicht einmal von laͤndlichen Luſtoͤrtern und
Schatten in der Nachbarſchaft der Staͤdte. Eine Sorgloſigkeit, die deſto unbe-
greiflicher iſt, je mehr natuͤrliche Annehmlichkeiten das Land in ſeinem Schooß verei-
nigt. Alles liegt unbebauet und oͤde; in vielen Gegenden erſcheint nach meilenlangen
Reiſen kein Baum, der eine erquickende Kuͤhlung gaͤbe. Sogar um Madrid ſieht
man keine Luſthaͤuſer, keine Gaͤrten; und erſt vor einigen Jahren hat man nach dem
Bericht des Puente
*) den Anfang zur Verbeſſerung der Wege um die Hauptſtadt
und zur Verſchoͤnerung durch Baumpflanzungen gemacht.
Die Gaͤrten des Koͤnigs ſind alſo hier nur diejenigen, die einige Aufmerkſam-
keit verdienen. Man ruͤhmt die Gaͤrten des Eſcurials, der anmuthigen Lage, der
großen Terraſſen, der vielen beſtaͤndig laufenden Springbrunnen und des geraͤumigen
Parks wegen, der daran graͤnzt, und mit vielen ſeltenen Fruchtbaͤumen erfuͤllt iſt.
Mehr erhebt ſich der Garten bey dem Luſtſchloß Ildefonſo. **) Natur und Kunſt,
ſagt Caimo, haben ſich wetteifernd bemuͤhet, da uͤberall Schoͤnheiten zu verbreiten,
und den Garten zugleich praͤchtig und angenehm zu machen. Man findet in dem-
ſelben Springbrunnen, ſchoͤne Waſſerfaͤlle, Canaͤle, Sitze, bedeckte Gaͤnge, Lauben,
Grotten, Labyrinthe, Parterren und Hecken von Myrthen und Lorbeerbaͤumen; alles
iſt aufs ſchoͤnſte vertheilt und thut die angenehmſte Wirkung. Das Waſſer koͤmmt
von dem naͤchſten Gebirge, welches rings umher liegt, und macht, wo es zuſammen-
fließt, eine Art von Strom, der in ein großes Behaͤltniß faͤllt. Viele Waſſerwerke
beleben dieſen Garten. Die Alleen ſind ſehr lang; einige bis auf drey Viertelmeilen,
und faſt alle ſind mit Hecken beſetzt, die durch ihre Hoͤhe und Dicke einen angenehmen
Schatten
*) Reiſe durch Spanien, 2ter Th. 1ſter
Band.
**) Des P. Caimo Lettere d’un Vago
Italiano. — Man ſagt, daß dieſer Gar-
ten 4,000,000 Piaſter gekoſtet hat; auf
die einzige Waſſerkunſt, das Bad der Dia-
na, ſind allein 300000 Piaſter verſchwen-
det. Nur einen kleinen Theil dieſer unge-
heuern Summe auf einen brittiſchen Park
verwendet, welch ein ganz anderes Werk!
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