Herzl, Theodor: Der Judenstaat. Versuch einer modernen Lösung der Judenfrage. Leipzig u. a., 1896.Negotiorum gestio. Diese Schrift ist nicht für Fachjuristen berechnet; darum Dennoch muss ich einiges Gewicht auf meine neue Theorie Rousseau's heute schon veraltete Auffassung wollte dem Die logische und geschichtliche Widerlegung von Rousseau's Aber vor der Einrichtung einer Verfassung und beim Entstehen Negotiorum gestio. Diese Schrift ist nicht für Fachjuristen berechnet; darum Dennoch muss ich einiges Gewicht auf meine neue Theorie Rousseau's heute schon veraltete Auffassung wollte dem Die logische und geschichtliche Widerlegung von Rousseau's Aber vor der Einrichtung einer Verfassung und beim Entstehen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0067"/> <div n="2"> <head>Negotiorum gestio.<lb/></head> <p>Diese Schrift ist nicht für Fachjuristen berechnet; darum<lb/> kann ich meine Theorie vom Rechtsgrunde des Staates auch<lb/> nur flüchtig andeuten, wie vieles Andere.<lb/></p> <p>Dennoch muss ich einiges Gewicht auf meine neue Theorie<lb/> legen, die sich wohl selbst in einer rechtsgelehrten Discussion<lb/> wird halten lassen.<lb/></p> <p>Rousseau's heute schon veraltete Auffassung wollte dem<lb/> Staat einen Gesellschaftsvertrag zu Grunde legen. Rousseau<lb/> meint: „Die Clauseln dieses Vertrages sind durch die Natur<lb/> der Verhandlung so bestimmt, dass die geringste Abänderung<lb/> sie nichtig und wirkungslos machen müsste. Die Folge davon<lb/> ist, dass sie, <hi rendition="#g">wenn sie auch vielleicht nie ausdrücklich<lb/> ausgesprochen wären</hi>, doch überall gleich, überall<lb/> stillschweigend angenommen und anerkannt sind u. s. w.“<lb/></p> <p>Die logische und geschichtliche Widerlegung von Rousseau's<lb/> Theorie war und ist nicht schwer, wie furchtbar und fruchtbar<lb/> diese Theorie auch gewirkt habe. Für die modernen Verfassungsstaaten<lb/> ist die Frage, ob vor der Constitution schon ein<lb/> Gesellschaftsvertrag mit „nicht ausdrücklich ausgesprochenen,<lb/> aber unabänderlichen Clauseln“ bestanden habe, ohne praktisches<lb/> Interesse. Jetzt ist das Rechtsverhältniss zwischen Regierung und<lb/> Bürgern jedenfalls festgesetzt.<lb/></p> <p>Aber vor der Einrichtung einer Verfassung und beim Entstehen<lb/> eines neuen Staates sind diese Grundsätze auch praktisch<lb/> wichtig. Dass neue Staaten noch immer entstehen können, wissen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0067]
Negotiorum gestio.
Diese Schrift ist nicht für Fachjuristen berechnet; darum
kann ich meine Theorie vom Rechtsgrunde des Staates auch
nur flüchtig andeuten, wie vieles Andere.
Dennoch muss ich einiges Gewicht auf meine neue Theorie
legen, die sich wohl selbst in einer rechtsgelehrten Discussion
wird halten lassen.
Rousseau's heute schon veraltete Auffassung wollte dem
Staat einen Gesellschaftsvertrag zu Grunde legen. Rousseau
meint: „Die Clauseln dieses Vertrages sind durch die Natur
der Verhandlung so bestimmt, dass die geringste Abänderung
sie nichtig und wirkungslos machen müsste. Die Folge davon
ist, dass sie, wenn sie auch vielleicht nie ausdrücklich
ausgesprochen wären, doch überall gleich, überall
stillschweigend angenommen und anerkannt sind u. s. w.“
Die logische und geschichtliche Widerlegung von Rousseau's
Theorie war und ist nicht schwer, wie furchtbar und fruchtbar
diese Theorie auch gewirkt habe. Für die modernen Verfassungsstaaten
ist die Frage, ob vor der Constitution schon ein
Gesellschaftsvertrag mit „nicht ausdrücklich ausgesprochenen,
aber unabänderlichen Clauseln“ bestanden habe, ohne praktisches
Interesse. Jetzt ist das Rechtsverhältniss zwischen Regierung und
Bürgern jedenfalls festgesetzt.
Aber vor der Einrichtung einer Verfassung und beim Entstehen
eines neuen Staates sind diese Grundsätze auch praktisch
wichtig. Dass neue Staaten noch immer entstehen können, wissen
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