[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841.XLIII. Ich stand auf einem Berg, da hört' ich singen Zur Linken plötzlich ernste, trübe Lieder; Ein Opfer war es für die Erde wieder, Ich kannte wohl der Glocken dumpfes Klingen. Zur Rechten sah ich einen Säugling bringen; Wie eines Schmetterlinges bunt Gefieder, Viel lust'ge Bänder wehten auf und nieder, Ein Glöckchen wollt' vor Freude schier zerspringen. Die Andacht wagt' kein Wesen rings zu stören: Die Herden hielten still auf ihren Weiden, Wie fromme Beter flüsterten die Föhren. Als ob die Glocken sich umarmt, die Beiden, Konnt' ich bald Einen süssen Klang nur hören Und Tod und Leben nicht mehr unterscheiden. XLIII. Ich ſtand auf einem Berg, da hört' ich ſingen Zur Linken plötzlich ernſte, trübe Lieder; Ein Opfer war es für die Erde wieder, Ich kannte wohl der Glocken dumpfes Klingen. Zur Rechten ſah ich einen Säugling bringen; Wie eines Schmetterlinges bunt Gefieder, Viel luſt'ge Bänder wehten auf und nieder, Ein Glöckchen wollt' vor Freude ſchier zerſpringen. Die Andacht wagt' kein Weſen rings zu ſtören: Die Herden hielten ſtill auf ihren Weiden, Wie fromme Beter flüſterten die Föhren. Als ob die Glocken ſich umarmt, die Beiden, Konnt' ich bald Einen ſüſſen Klang nur hören Und Tod und Leben nicht mehr unterſcheiden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0179" n="173"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">XLIII.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Ich ſtand auf einem Berg, da hört' ich ſingen</l><lb/> <l>Zur Linken plötzlich ernſte, trübe Lieder;</l><lb/> <l>Ein Opfer war es für die Erde wieder,</l><lb/> <l>Ich kannte wohl der Glocken dumpfes Klingen.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Zur Rechten ſah ich einen Säugling bringen;</l><lb/> <l>Wie eines Schmetterlinges bunt Gefieder,</l><lb/> <l>Viel luſt'ge Bänder wehten auf und nieder,</l><lb/> <l>Ein Glöckchen wollt' vor Freude ſchier zerſpringen.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Die Andacht wagt' kein Weſen rings zu ſtören:</l><lb/> <l>Die Herden hielten ſtill auf ihren Weiden,</l><lb/> <l>Wie fromme Beter flüſterten die Föhren.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Als ob die Glocken ſich umarmt, die Beiden,</l><lb/> <l>Konnt' ich bald Einen ſüſſen Klang nur hören</l><lb/> <l>Und Tod und Leben nicht mehr unterſcheiden.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [173/0179]
XLIII.
Ich ſtand auf einem Berg, da hört' ich ſingen
Zur Linken plötzlich ernſte, trübe Lieder;
Ein Opfer war es für die Erde wieder,
Ich kannte wohl der Glocken dumpfes Klingen.
Zur Rechten ſah ich einen Säugling bringen;
Wie eines Schmetterlinges bunt Gefieder,
Viel luſt'ge Bänder wehten auf und nieder,
Ein Glöckchen wollt' vor Freude ſchier zerſpringen.
Die Andacht wagt' kein Weſen rings zu ſtören:
Die Herden hielten ſtill auf ihren Weiden,
Wie fromme Beter flüſterten die Föhren.
Als ob die Glocken ſich umarmt, die Beiden,
Konnt' ich bald Einen ſüſſen Klang nur hören
Und Tod und Leben nicht mehr unterſcheiden.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |