[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841.XXVII. Tot ist die Freundschaft! wer mag sie noch singen? Mit manchen Göttern ward in unsern Tagen Auch diese Göttin von dem Volk erschlagen, Und Niemand will ihr mehr ein Opfer bringen. Allein mußt Du entfalten deine Schwingen, Allein nach Deinen Idealen jagen, Allein Dich auf die See des Lebens wagen, Allein, allein nach Deinem Himmel ringen. Der Alten denkt man wohl in manchen Stunden, Und auch ihr Geist, so gern man sich's verhehlte, Ist aus der Jugend noch nicht ganz verschwunden; Doch hin das Herrlichste, was sie beseelte; Würd' ein Aristogiton heut' gefunden, Ich glaube, daß ihm der Harmodius fehlte. XXVII. Tot iſt die Freundſchaft! wer mag ſie noch ſingen? Mit manchen Göttern ward in unſern Tagen Auch dieſe Göttin von dem Volk erſchlagen, Und Niemand will ihr mehr ein Opfer bringen. Allein mußt Du entfalten deine Schwingen, Allein nach Deinen Idealen jagen, Allein Dich auf die See des Lebens wagen, Allein, allein nach Deinem Himmel ringen. Der Alten denkt man wohl in manchen Stunden, Und auch ihr Geiſt, ſo gern man ſich's verhehlte, Iſt aus der Jugend noch nicht ganz verſchwunden; Doch hin das Herrlichſte, was ſie beſeelte; Würd' ein Ariſtogiton heut' gefunden, Ich glaube, daß ihm der Harmodius fehlte. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0163" n="157"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">XXVII.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Tot iſt die Freundſchaft! wer mag ſie noch ſingen?</l><lb/> <l>Mit manchen Göttern ward in unſern Tagen</l><lb/> <l>Auch dieſe Göttin von dem Volk erſchlagen,</l><lb/> <l>Und Niemand will ihr mehr ein Opfer bringen.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l><hi rendition="#g">Allein</hi> mußt Du entfalten deine Schwingen,</l><lb/> <l><hi rendition="#g">Allein</hi> nach Deinen Idealen jagen,</l><lb/> <l><hi rendition="#g">Allein</hi> Dich auf die See des Lebens wagen,</l><lb/> <l><hi rendition="#g">Allein</hi>, <hi rendition="#g">allein</hi> nach Deinem Himmel ringen.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Der Alten denkt man wohl in manchen Stunden,</l><lb/> <l>Und auch ihr Geiſt, ſo gern man ſich's verhehlte,</l><lb/> <l>Iſt aus der Jugend noch nicht ganz verſchwunden;</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Doch hin das Herrlichſte, was ſie beſeelte;</l><lb/> <l>Würd' ein Ariſtogiton heut' gefunden,</l><lb/> <l>Ich glaube, daß ihm der Harmodius fehlte.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [157/0163]
XXVII.
Tot iſt die Freundſchaft! wer mag ſie noch ſingen?
Mit manchen Göttern ward in unſern Tagen
Auch dieſe Göttin von dem Volk erſchlagen,
Und Niemand will ihr mehr ein Opfer bringen.
Allein mußt Du entfalten deine Schwingen,
Allein nach Deinen Idealen jagen,
Allein Dich auf die See des Lebens wagen,
Allein, allein nach Deinem Himmel ringen.
Der Alten denkt man wohl in manchen Stunden,
Und auch ihr Geiſt, ſo gern man ſich's verhehlte,
Iſt aus der Jugend noch nicht ganz verſchwunden;
Doch hin das Herrlichſte, was ſie beſeelte;
Würd' ein Ariſtogiton heut' gefunden,
Ich glaube, daß ihm der Harmodius fehlte.
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