[Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841.XXI. O Freiheit, Freiheit! Nicht wo Hymnen schallen, In reichgeschmückten fürstlichen Arkaden -- Freiheit! Du wohnst an einsamen Gestaden, Und liebst die Stille, wie die Nachtigallen. Du fliehest das Geräusch der Marmorhallen, Wo trunkne Schlemmer sich im Weine baden, Du läßt in Hütten dich zu Gaste laden, Wo Thränen in die leeren Becher fallen. Ein Engel nahst Du bei verschloßnen Thüren, Stellst lächelnd Dich an Deiner Treuen Bette, Und horchst der himmlischen Musik der Kette. Nicht stolze Tempel wollen Dir gebühren, Drin wir als Opfer unsern Stolz Dir bieten -- Wärst Du die Freiheit, wenn wir vor Dir knieten? XXI. O Freiheit, Freiheit! Nicht wo Hymnen ſchallen, In reichgeſchmückten fürſtlichen Arkaden — Freiheit! Du wohnſt an einſamen Geſtaden, Und liebſt die Stille, wie die Nachtigallen. Du flieheſt das Geräuſch der Marmorhallen, Wo trunkne Schlemmer ſich im Weine baden, Du läßt in Hütten dich zu Gaſte laden, Wo Thränen in die leeren Becher fallen. Ein Engel nahſt Du bei verſchloßnen Thüren, Stellſt lächelnd Dich an Deiner Treuen Bette, Und horchſt der himmliſchen Muſik der Kette. Nicht ſtolze Tempel wollen Dir gebühren, Drin wir als Opfer unſern Stolz Dir bieten — Wärſt Du die Freiheit, wenn wir vor Dir knieten? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0157" n="151"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">XXI.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>O Freiheit, Freiheit! Nicht wo Hymnen ſchallen,</l><lb/> <l>In reichgeſchmückten fürſtlichen Arkaden —</l><lb/> <l>Freiheit! Du wohnſt an einſamen Geſtaden,</l><lb/> <l>Und liebſt die Stille, wie die Nachtigallen.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Du flieheſt das Geräuſch der Marmorhallen,</l><lb/> <l>Wo trunkne Schlemmer ſich im Weine baden,</l><lb/> <l>Du läßt in Hütten dich zu Gaſte laden,</l><lb/> <l>Wo Thränen in die leeren Becher fallen.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Ein Engel nahſt Du bei verſchloßnen Thüren,</l><lb/> <l>Stellſt lächelnd Dich an Deiner Treuen Bette,</l><lb/> <l>Und horchſt der himmliſchen Muſik der Kette.</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Nicht ſtolze Tempel wollen Dir gebühren,</l><lb/> <l>Drin wir als Opfer unſern Stolz Dir bieten —</l><lb/> <l><hi rendition="#g">Wärſt Du die Freiheit</hi>, <hi rendition="#g">wenn wir vor Dir knieten</hi>?</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [151/0157]
XXI.
O Freiheit, Freiheit! Nicht wo Hymnen ſchallen,
In reichgeſchmückten fürſtlichen Arkaden —
Freiheit! Du wohnſt an einſamen Geſtaden,
Und liebſt die Stille, wie die Nachtigallen.
Du flieheſt das Geräuſch der Marmorhallen,
Wo trunkne Schlemmer ſich im Weine baden,
Du läßt in Hütten dich zu Gaſte laden,
Wo Thränen in die leeren Becher fallen.
Ein Engel nahſt Du bei verſchloßnen Thüren,
Stellſt lächelnd Dich an Deiner Treuen Bette,
Und horchſt der himmliſchen Muſik der Kette.
Nicht ſtolze Tempel wollen Dir gebühren,
Drin wir als Opfer unſern Stolz Dir bieten —
Wärſt Du die Freiheit, wenn wir vor Dir knieten?
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte01_1841 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte01_1841/157 |
Zitationshilfe: | [Herwegh, Georg]: Gedichte eines Lebendigen. Bd. 1. Zürich u. a., 1841, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herwegh_gedichte01_1841/157>, abgerufen am 22.07.2024. |