Wie kommt Herr Klotz, der Vielschreiber, da- zu, daß er sich bei allem Anlasse, zur Zeit und Unzeit, hinter die Basedowe und Heilmanns und Tellers, als ein Märtrer der Wahrheit hindränge, und sich in Klagen und Kontestationen zu Män- nern nebenansetzet, mit denen er nichts gemein hat? Das Publikum schläft eine Viertheilstunde, oder ist über Feld gegangen; nachher aber machts genau Unterscheid, wohin jemand gehöre, und wohin es ihm beliebt, sich zu classificiren; und spricht als- denn gerade hin: Freund! rücke hinweg!
Herr Klotz hat die Namen einiger Theologen auf der Zunge, selten mit Ehren, ohne daß Er doch über sie Richter und der Ueberweiser ihrer Meinun- gen gewesen wäre. Einer davon ist Götze. Se- nior Götze mag seine Fehler, und wenn man will, seine Jrrthümer haben: gut oder nicht gut, daß er dieselbe vertheidigt: aber was gewinnt der liebe Leser für Wahrheit und Ueberzeugung, wenn er in einer Klotzischen Satyre das Pasquill lieset:
Goetzius Hamburgi clamoribus omnia complet, Voce tonat rauca, turris templumque tremiscit.
Was hat man damit anders gelesen, als daß Hr. Götze eine durchdringende Stimme habe und Hr.
Klotz
Kritiſche Waͤlder.
Ueber die Gottesgelahrtheit.
Wie kommt Herr Klotz, der Vielſchreiber, da- zu, daß er ſich bei allem Anlaſſe, zur Zeit und Unzeit, hinter die Baſedowe und Heilmanns und Tellers, als ein Maͤrtrer der Wahrheit hindraͤnge, und ſich in Klagen und Konteſtationen zu Maͤn- nern nebenanſetzet, mit denen er nichts gemein hat? Das Publikum ſchlaͤft eine Viertheilſtunde, oder iſt uͤber Feld gegangen; nachher aber machts genau Unterſcheid, wohin jemand gehoͤre, und wohin es ihm beliebt, ſich zu claſſificiren; und ſpricht als- denn gerade hin: Freund! ruͤcke hinweg!
Herr Klotz hat die Namen einiger Theologen auf der Zunge, ſelten mit Ehren, ohne daß Er doch uͤber ſie Richter und der Ueberweiſer ihrer Meinun- gen geweſen waͤre. Einer davon iſt Goͤtze. Se- nior Goͤtze mag ſeine Fehler, und wenn man will, ſeine Jrrthuͤmer haben: gut oder nicht gut, daß er dieſelbe vertheidigt: aber was gewinnt der liebe Leſer fuͤr Wahrheit und Ueberzeugung, wenn er in einer Klotziſchen Satyre das Pasquill lieſet:
Gœtzius Hamburgi clamoribus omnia complet, Voce tonat rauca, turris templumque tremiſcit.
Was hat man damit anders geleſen, als daß Hr. Goͤtze eine durchdringende Stimme habe und Hr.
Klotz
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Kritiſche Waͤlder.
Ueber die Gottesgelahrtheit.
Wie kommt Herr Klotz, der Vielſchreiber, da-
zu, daß er ſich bei allem Anlaſſe, zur Zeit und
Unzeit, hinter die Baſedowe und Heilmanns und
Tellers, als ein Maͤrtrer der Wahrheit hindraͤnge,
und ſich in Klagen und Konteſtationen zu Maͤn-
nern nebenanſetzet, mit denen er nichts gemein hat?
Das Publikum ſchlaͤft eine Viertheilſtunde, oder
iſt uͤber Feld gegangen; nachher aber machts genau
Unterſcheid, wohin jemand gehoͤre, und wohin es
ihm beliebt, ſich zu claſſificiren; und ſpricht als-
denn gerade hin: Freund! ruͤcke hinweg!
Herr Klotz hat die Namen einiger Theologen
auf der Zunge, ſelten mit Ehren, ohne daß Er doch
uͤber ſie Richter und der Ueberweiſer ihrer Meinun-
gen geweſen waͤre. Einer davon iſt Goͤtze. Se-
nior Goͤtze mag ſeine Fehler, und wenn man will,
ſeine Jrrthuͤmer haben: gut oder nicht gut, daß
er dieſelbe vertheidigt: aber was gewinnt der liebe
Leſer fuͤr Wahrheit und Ueberzeugung, wenn er in
einer Klotziſchen Satyre das Pasquill lieſet:
Gœtzius Hamburgi clamoribus omnia complet,
Voce tonat rauca, turris templumque tremiſcit.
Was hat man damit anders geleſen, als daß Hr.
Goͤtze eine durchdringende Stimme habe und Hr.
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Herder, Johann Gottfried von: Kritische Wälder. Bd. 3. Riga, 1769, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_kritische03_1769/158>, abgerufen am 22.02.2025.
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