welchem jeder Leser, so, wie sein Urheber und Besi- tzer, gähnet. Meine Schrift selbst: wie würdig mir Laokoon geschienen, um darüber zu denken! sey ein Opfer meiner Achtung an den Verfasser dessel- ben: Lobworte darzubringen habe ich nicht.
24.
Der Rest a) beschäfftigt sich mit einigen Feh- lern der winkelmannischen Schriften: ich wollte, daß die Aufmerksamkeit Hrn. L. lieber auf das We- sentliche derselben, und auf das ganze Gebäude sei- ner Geschichte gefallen wäre, das noch so mancher Schwierigkeit unterworfen ist. -- --
Da ich Jahre her täglich zu den Alten, als zu der Erstgeburt des menschlichen Geistes, wall- fahrte, und Winkelmann als einen würdigen Grie- chen betrachte, der aus der Asche seines Volkes aufgelebt ist, um unser Jahrhundert zu erleuchten, so kann ich Winkelmannen nicht anders lesen, als ich einen Homer, Plato und Bako lese, und er sei- nen Apollo siehet.
Jndessen haben sich bei einem siebenmaligen Le- sen freilich auch Zweifel bei mir zu Papier gefun- den, die, was insonderheit sein Geschichtgebäude aus den Materialien der griechischen Litteratur an-
betrifft,
a) Laok. p. 261. -- 198.
S 2
Erſtes Waͤldchen.
welchem jeder Leſer, ſo, wie ſein Urheber und Beſi- tzer, gaͤhnet. Meine Schrift ſelbſt: wie wuͤrdig mir Laokoon geſchienen, um daruͤber zu denken! ſey ein Opfer meiner Achtung an den Verfaſſer deſſel- ben: Lobworte darzubringen habe ich nicht.
24.
Der Reſt a) beſchaͤfftigt ſich mit einigen Feh- lern der winkelmanniſchen Schriften: ich wollte, daß die Aufmerkſamkeit Hrn. L. lieber auf das We- ſentliche derſelben, und auf das ganze Gebaͤude ſei- ner Geſchichte gefallen waͤre, das noch ſo mancher Schwierigkeit unterworfen iſt. — —
Da ich Jahre her taͤglich zu den Alten, als zu der Erſtgeburt des menſchlichen Geiſtes, wall- fahrte, und Winkelmann als einen wuͤrdigen Grie- chen betrachte, der aus der Aſche ſeines Volkes aufgelebt iſt, um unſer Jahrhundert zu erleuchten, ſo kann ich Winkelmannen nicht anders leſen, als ich einen Homer, Plato und Bako leſe, und er ſei- nen Apollo ſiehet.
Jndeſſen haben ſich bei einem ſiebenmaligen Le- ſen freilich auch Zweifel bei mir zu Papier gefun- den, die, was inſonderheit ſein Geſchichtgebaͤude aus den Materialien der griechiſchen Litteratur an-
betrifft,
a) Laok. p. 261. — 198.
S 2
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Erſtes Waͤldchen.
welchem jeder Leſer, ſo, wie ſein Urheber und Beſi-
tzer, gaͤhnet. Meine Schrift ſelbſt: wie wuͤrdig
mir Laokoon geſchienen, um daruͤber zu denken! ſey
ein Opfer meiner Achtung an den Verfaſſer deſſel-
ben: Lobworte darzubringen habe ich nicht.
24.
Der Reſt a) beſchaͤfftigt ſich mit einigen Feh-
lern der winkelmanniſchen Schriften: ich wollte,
daß die Aufmerkſamkeit Hrn. L. lieber auf das We-
ſentliche derſelben, und auf das ganze Gebaͤude ſei-
ner Geſchichte gefallen waͤre, das noch ſo mancher
Schwierigkeit unterworfen iſt. — —
Da ich Jahre her taͤglich zu den Alten, als
zu der Erſtgeburt des menſchlichen Geiſtes, wall-
fahrte, und Winkelmann als einen wuͤrdigen Grie-
chen betrachte, der aus der Aſche ſeines Volkes
aufgelebt iſt, um unſer Jahrhundert zu erleuchten,
ſo kann ich Winkelmannen nicht anders leſen, als
ich einen Homer, Plato und Bako leſe, und er ſei-
nen Apollo ſiehet.
Jndeſſen haben ſich bei einem ſiebenmaligen Le-
ſen freilich auch Zweifel bei mir zu Papier gefun-
den, die, was inſonderheit ſein Geſchichtgebaͤude
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betrifft,
a) Laok. p. 261. — 198.
S 2
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[Herder, Johann Gottfried von]: Kritische Wälder. Bd. 1. [Riga], 1769, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_kritische01_1769/281>, abgerufen am 22.02.2025.
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