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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 8. Riga, 1796.

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105.

Mangel an Kritik sollte die Krankheit
nicht seyn, an der der Deutsche litte; unsre
Langsamkeit, unsre ruhige Ueberlegung
macht uns, dächte ich, zu gebohrnen Kunst-
richtern.

Gesunder Verstand war von jeher
das Lob, nach welchem der Deutsche strebte.
Hundert Sprüchwörter und Redarten uns-
rer Sprache zeigen, daß wir auch im gemei-
nen Leben es auf ein Richtmaas der Sit-
ten treu und ehrlich anlegten.

Und wir hatten Muth, unser Urtheil
zu sagen. Die Reformation, die von

K 2
105.

Mangel an Kritik ſollte die Krankheit
nicht ſeyn, an der der Deutſche litte; unſre
Langſamkeit, unſre ruhige Ueberlegung
macht uns, daͤchte ich, zu gebohrnen Kunſt-
richtern.

Geſunder Verſtand war von jeher
das Lob, nach welchem der Deutſche ſtrebte.
Hundert Spruͤchwoͤrter und Redarten unſ-
rer Sprache zeigen, daß wir auch im gemei-
nen Leben es auf ein Richtmaas der Sit-
ten treu und ehrlich anlegten.

Und wir hatten Muth, unſer Urtheil
zu ſagen. Die Reformation, die von

K 2
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[147/0166] 105. Mangel an Kritik ſollte die Krankheit nicht ſeyn, an der der Deutſche litte; unſre Langſamkeit, unſre ruhige Ueberlegung macht uns, daͤchte ich, zu gebohrnen Kunſt- richtern. Geſunder Verſtand war von jeher das Lob, nach welchem der Deutſche ſtrebte. Hundert Spruͤchwoͤrter und Redarten unſ- rer Sprache zeigen, daß wir auch im gemei- nen Leben es auf ein Richtmaas der Sit- ten treu und ehrlich anlegten. Und wir hatten Muth, unſer Urtheil zu ſagen. Die Reformation, die von K 2

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 8. Riga, 1796, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet08_1796/166>, abgerufen am 23.11.2024.