Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 8. Riga, 1796.101. So übel stehet's nicht mit der Deutschen Wahr ists, wir kamen spät; desto jün- Und waren wir in jenen Zeiten müßig? 101. So uͤbel ſtehet's nicht mit der Deutſchen Wahr iſts, wir kamen ſpaͤt; deſto juͤn- Und waren wir in jenen Zeiten muͤßig? <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0128" n="109"/> <div n="1"> <head>101.</head><lb/> <p><hi rendition="#in">S</hi>o uͤbel ſtehet's nicht mit der Deutſchen<lb/> Muſe, wie Sie fuͤrchten. Es iſt vielleicht<lb/> der Hauptfehler unſrer Nation, daß ſie<lb/> aus zu großer Gefaͤlligkeit gegen Fremde<lb/> ſich ſelbſt nicht kennet und achtet.</p><lb/> <p>Wahr iſts, wir kamen ſpaͤt; deſto <hi rendition="#g">juͤn</hi>-<lb/><hi rendition="#g">ger</hi> aber ſind wir. Wir haben noch viel<lb/> zu thun, indeß andre ruhn, weil ſie das<lb/> Ihrige geleiſtet haben.</p><lb/> <p>Und waren wir in jenen Zeiten muͤßig?<lb/> Nichts weniger; durch andre, vielleicht<lb/> wichtigere Geſchaͤfte wurden wir von einer<lb/> Bahn zuruͤckgehalten, die uns immer noch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [109/0128]
101.
So uͤbel ſtehet's nicht mit der Deutſchen
Muſe, wie Sie fuͤrchten. Es iſt vielleicht
der Hauptfehler unſrer Nation, daß ſie
aus zu großer Gefaͤlligkeit gegen Fremde
ſich ſelbſt nicht kennet und achtet.
Wahr iſts, wir kamen ſpaͤt; deſto juͤn-
ger aber ſind wir. Wir haben noch viel
zu thun, indeß andre ruhn, weil ſie das
Ihrige geleiſtet haben.
Und waren wir in jenen Zeiten muͤßig?
Nichts weniger; durch andre, vielleicht
wichtigere Geſchaͤfte wurden wir von einer
Bahn zuruͤckgehalten, die uns immer noch
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