Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 7. Riga, 1796.Nachschrift. So weit das erste Fragment. Samm- Mit dem Ernst und der Anständigkeit B 2
Nachſchrift. So weit das erſte Fragment. Samm- Mit dem Ernſt und der Anſtaͤndigkeit B 2
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Nachſchrift.
So weit das erſte Fragment. Samm-
len wir ſeine Winke, ſo werden wir gewahr,
daß in Griechenland und Rom die aͤchte
Poeſie mit Religion, Sitten und dem
Staate ſelbſt untergegangen ſei: denn wor-
an ſollte ſie ſich, außer dieſen ihren drei
Grundſtuͤtzen halten? Waren die Goͤtter
zu Maͤhrchen worden, an welche niemand
mehr glaubte: ſo ward man ihrer Lobge-
ſaͤnge, zuletzt auch des Gelaͤchters uͤber ſie
bald uͤberdruͤſſig; der Hymnus ſowohl als
der Mimus hatte ſich an ihnen erſchoͤpfet.
Mit dem Ernſt und der Anſtaͤndigkeit
in Sitten hatte die Poeſie ihren geſundeſten
und veſteſten Nerv verlohren: denn das
Lachen eines Kranken iſt nicht ein Zeichen
ſeiner Geſundheit. Die niedrigen Zwecke,
wozu man im uͤppigen Rom die Poeſie an-
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Zitationshilfe: | Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 7. Riga, 1796, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet07_1796/36>, abgerufen am 22.02.2025. |