Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 6. Riga, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite
70.

Ihre zweite Frage "Haben die Griechen
uns alles vorweggenommen, und sind
nicht nach und hinter ihnen andre, feine-
re und sitlichere Ideale möglich? Ja sind
diese nicht vielleicht schon längst in der
neueren Kunst gegeben?" diese Frage wird
sich, wie mir es scheint, aus dem Vori-
gen von selbst beantworten. Die Griechen
nämlich haben, indem sie alles ordneten,
als Räuber nichts vorweggenommen; sie
haben der Erfindung keines sterblichen
Menschen geschadet, sondern dieser Raum
gemacht und sie geleitet.


70.

Ihre zweite Frage „Haben die Griechen
uns alles vorweggenommen, und ſind
nicht nach und hinter ihnen andre, feine-
re und ſitlichere Ideale moͤglich? Ja ſind
dieſe nicht vielleicht ſchon laͤngſt in der
neueren Kunſt gegeben?“ dieſe Frage wird
ſich, wie mir es ſcheint, aus dem Vori-
gen von ſelbſt beantworten. Die Griechen
naͤmlich haben, indem ſie alles ordneten,
als Raͤuber nichts vorweggenommen; ſie
haben der Erfindung keines ſterblichen
Menſchen geſchadet, ſondern dieſer Raum
gemacht und ſie geleitet.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0087" n="72"/>
      <div n="1">
        <head>70.</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">I</hi>hre zweite Frage &#x201E;Haben die Griechen<lb/>
uns alles vorweggenommen, und &#x017F;ind<lb/>
nicht nach und hinter ihnen andre, feine-<lb/>
re und &#x017F;itlichere Ideale mo&#x0364;glich? Ja &#x017F;ind<lb/>
die&#x017F;e nicht vielleicht &#x017F;chon la&#x0364;ng&#x017F;t in der<lb/>
neueren Kun&#x017F;t gegeben?&#x201C; die&#x017F;e Frage wird<lb/>
&#x017F;ich, wie mir es &#x017F;cheint, aus dem Vori-<lb/>
gen von &#x017F;elb&#x017F;t beantworten. Die Griechen<lb/>
na&#x0364;mlich haben, indem &#x017F;ie alles ordneten,<lb/>
als Ra&#x0364;uber nichts vorweggenommen; &#x017F;ie<lb/>
haben der Erfindung keines &#x017F;terblichen<lb/>
Men&#x017F;chen ge&#x017F;chadet, &#x017F;ondern die&#x017F;er Raum<lb/>
gemacht und &#x017F;ie geleitet.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[72/0087] 70. Ihre zweite Frage „Haben die Griechen uns alles vorweggenommen, und ſind nicht nach und hinter ihnen andre, feine- re und ſitlichere Ideale moͤglich? Ja ſind dieſe nicht vielleicht ſchon laͤngſt in der neueren Kunſt gegeben?“ dieſe Frage wird ſich, wie mir es ſcheint, aus dem Vori- gen von ſelbſt beantworten. Die Griechen naͤmlich haben, indem ſie alles ordneten, als Raͤuber nichts vorweggenommen; ſie haben der Erfindung keines ſterblichen Menſchen geſchadet, ſondern dieſer Raum gemacht und ſie geleitet.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet06_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet06_1795/87
Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 6. Riga, 1795, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet06_1795/87>, abgerufen am 03.12.2024.