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Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 6. Riga, 1795.

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72.

Der Schluß Ihres letzten Briefes scheint
auf den alten Satz hinauszukommen, "daß
für uns Menschen das Wahre, Gute
und Schöne nur Eins sei:" Sollte es nicht
aber auch ein Wahres und Gutes ohne
schöne Form geben? ja müßte sich nicht
eben das höchste Wahre und Gute von al-
ler Form entkleiden?

Die Griechen lebten im Jünglingsal-
ter der Menschheit; bei ihnen lief oft die
Einbildungskraft mit dem Verstande da-
von, oder wenigstens lief sie ihm voran,

72.

Der Schluß Ihres letzten Briefes ſcheint
auf den alten Satz hinauszukommen, „daß
fuͤr uns Menſchen das Wahre, Gute
und Schoͤne nur Eins ſei:“ Sollte es nicht
aber auch ein Wahres und Gutes ohne
ſchoͤne Form geben? ja muͤßte ſich nicht
eben das hoͤchſte Wahre und Gute von al-
ler Form entkleiden?

Die Griechen lebten im Juͤnglingsal-
ter der Menſchheit; bei ihnen lief oft die
Einbildungskraft mit dem Verſtande da-
von, oder wenigſtens lief ſie ihm voran,

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[94/0109] 72. Der Schluß Ihres letzten Briefes ſcheint auf den alten Satz hinauszukommen, „daß fuͤr uns Menſchen das Wahre, Gute und Schoͤne nur Eins ſei:“ Sollte es nicht aber auch ein Wahres und Gutes ohne ſchoͤne Form geben? ja muͤßte ſich nicht eben das hoͤchſte Wahre und Gute von al- ler Form entkleiden? Die Griechen lebten im Juͤnglingsal- ter der Menſchheit; bei ihnen lief oft die Einbildungskraft mit dem Verſtande da- von, oder wenigſtens lief ſie ihm voran,

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Zitationshilfe: Herder, Johann Gottfried von: Briefe zu Beförderung der Humanität. Bd. 6. Riga, 1795, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herder_humanitaet06_1795/109>, abgerufen am 21.11.2024.