Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834.

Bild:
<< vorherige Seite

eines Vorgestellten; sie kann also nur Gefühl heißen; ohne
Zweifel ein Lustgefühl.

Hier ist der Sitz der heitern Gemüthsstimmung, ins-
besondere der Freude an gelingender Thätigkeit. Eben da-
hin gehören mehrfache, von außen angeregte, Bewegungen,
die einander nicht beschleunigen, aber begünstigen, z. B.
Tanz und Musik. Desgleichen das Handeln nach mehrern
zusammentreffenden Motiven; ja schon die Einsicht durch
mehrere einander bestätigende Gründe.

38. Jm allgemeinen ist zu merken: daß Gefühle
und Begierden nicht im Vorstellen überhaupt,
sondern allemal in gewissen bestimmten Vorstel-
lungen ihren Sitz haben
. Daher kann es mehrere
ganz verschiedene Gefühle und Begierden zugleich geben,
die sich mischen, oder gar mit einander entzweyen.



Fünftes Capitel.
Vom Zusammenwirken mehrerer, ungleich
starker, Vorstellungsmassen.

39. Es läßt sich schon aus dem Vorhergehenden eini-
germaaßen erkennen, daß, nachdem eine betrachtliche Menge
von Vorstellungen in allerlei Verbindungen vorhanden ist,
jede neue Wahrnehmung als ein Reiz wirken muß, durch
den einiges gehemmt, anderes hervorgerufen und verstärkt,
ablaufende Reihen gestört oder in Bewegung gesetzt, und
diese oder jene Gemüthszustände veranlaßt werden. Mehr
zusammengesetzt müssen diese Erscheinungen ausfallen, wenn
(wie gewöhnlich) die neue Wahrnehmung selbst ein Man-
nigfaltiges in sich schließt, das in mehrere Verbindungen

eines Vorgestellten; sie kann also nur Gefühl heißen; ohne
Zweifel ein Lustgefühl.

Hier ist der Sitz der heitern Gemüthsstimmung, ins-
besondere der Freude an gelingender Thätigkeit. Eben da-
hin gehören mehrfache, von außen angeregte, Bewegungen,
die einander nicht beschleunigen, aber begünstigen, z. B.
Tanz und Musik. Desgleichen das Handeln nach mehrern
zusammentreffenden Motiven; ja schon die Einsicht durch
mehrere einander bestätigende Gründe.

38. Jm allgemeinen ist zu merken: daß Gefühle
und Begierden nicht im Vorstellen überhaupt,
sondern allemal in gewissen bestimmten Vorstel-
lungen ihren Sitz haben
. Daher kann es mehrere
ganz verschiedene Gefühle und Begierden zugleich geben,
die sich mischen, oder gar mit einander entzweyen.



Fünftes Capitel.
Vom Zusammenwirken mehrerer, ungleich
starker, Vorstellungsmassen.

39. Es läßt sich schon aus dem Vorhergehenden eini-
germaaßen erkennen, daß, nachdem eine betrachtliche Menge
von Vorstellungen in allerlei Verbindungen vorhanden ist,
jede neue Wahrnehmung als ein Reiz wirken muß, durch
den einiges gehemmt, anderes hervorgerufen und verstärkt,
ablaufende Reihen gestört oder in Bewegung gesetzt, und
diese oder jene Gemüthszustände veranlaßt werden. Mehr
zusammengesetzt müssen diese Erscheinungen ausfallen, wenn
(wie gewöhnlich) die neue Wahrnehmung selbst ein Man-
nigfaltiges in sich schließt, das in mehrere Verbindungen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0038" n="30"/>
eines Vorgestellten; sie kann also nur <hi rendition="#g">Gefühl</hi> heißen; ohne<lb/>
Zweifel ein Lustgefühl.</p><lb/>
          <p>Hier ist der Sitz der heitern Gemüthsstimmung, ins-<lb/>
besondere der Freude an
             gelingender Thätigkeit. Eben da-<lb/>
hin gehören mehrfache, von außen angeregte,
             Bewegungen,<lb/>
die einander nicht beschleunigen, aber begünstigen, z. B.<lb/>
Tanz
             und Musik. Desgleichen das Handeln nach mehrern<lb/>
zusammentreffenden Motiven; ja
             schon die Einsicht durch<lb/>
mehrere einander bestätigende Gründe.</p><lb/>
          <p>38. Jm allgemeinen ist zu merken: <hi rendition="#g">daß Gefühle<lb/>
und Begierden
               nicht im Vorstellen überhaupt,<lb/>
sondern allemal in gewissen bestimmten
               Vorstel-<lb/>
lungen ihren Sitz haben</hi>. Daher kann es mehrere<lb/>
ganz
             verschiedene Gefühle und Begierden zugleich geben,<lb/>
die sich mischen, oder gar mit
             einander entzweyen.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#g"><hi rendition="#b">Fünftes Capitel.</hi><lb/>
Vom Zusammenwirken
               mehrerer, ungleich<lb/>
starker, Vorstellungsmassen.</hi> </head><lb/>
          <p>39. Es läßt sich schon aus dem Vorhergehenden eini-<lb/>
germaaßen erkennen, daß,
             nachdem eine betrachtliche Menge<lb/>
von Vorstellungen in allerlei Verbindungen
             vorhanden ist,<lb/>
jede neue Wahrnehmung als ein Reiz wirken muß, durch<lb/>
den
             einiges gehemmt, anderes hervorgerufen und verstärkt,<lb/>
ablaufende Reihen gestört
             oder in Bewegung gesetzt, und<lb/>
diese oder jene Gemüthszustände veranlaßt werden.
             Mehr<lb/>
zusammengesetzt müssen diese Erscheinungen ausfallen, wenn<lb/>
(wie
             gewöhnlich) die neue Wahrnehmung selbst ein Man-<lb/>
nigfaltiges in sich schließt, das
             in mehrere Verbindungen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0038] eines Vorgestellten; sie kann also nur Gefühl heißen; ohne Zweifel ein Lustgefühl. Hier ist der Sitz der heitern Gemüthsstimmung, ins- besondere der Freude an gelingender Thätigkeit. Eben da- hin gehören mehrfache, von außen angeregte, Bewegungen, die einander nicht beschleunigen, aber begünstigen, z. B. Tanz und Musik. Desgleichen das Handeln nach mehrern zusammentreffenden Motiven; ja schon die Einsicht durch mehrere einander bestätigende Gründe. 38. Jm allgemeinen ist zu merken: daß Gefühle und Begierden nicht im Vorstellen überhaupt, sondern allemal in gewissen bestimmten Vorstel- lungen ihren Sitz haben. Daher kann es mehrere ganz verschiedene Gefühle und Begierden zugleich geben, die sich mischen, oder gar mit einander entzweyen. Fünftes Capitel. Vom Zusammenwirken mehrerer, ungleich starker, Vorstellungsmassen. 39. Es läßt sich schon aus dem Vorhergehenden eini- germaaßen erkennen, daß, nachdem eine betrachtliche Menge von Vorstellungen in allerlei Verbindungen vorhanden ist, jede neue Wahrnehmung als ein Reiz wirken muß, durch den einiges gehemmt, anderes hervorgerufen und verstärkt, ablaufende Reihen gestört oder in Bewegung gesetzt, und diese oder jene Gemüthszustände veranlaßt werden. Mehr zusammengesetzt müssen diese Erscheinungen ausfallen, wenn (wie gewöhnlich) die neue Wahrnehmung selbst ein Man- nigfaltiges in sich schließt, das in mehrere Verbindungen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-07-05T12:13:38Z)
Thomas Gloning: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-07-05T12:13:38Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Hannah Sophia Glaum: Umwandlung in DTABf-konformes Markup. (2013-07-05T12:13:38Z)
Stefanie Seim: Nachkorrekturen. (2013-07-05T12:13:38Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Bogensignaturen: nicht übernommen
  • fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet
  • langes s (ſ): als s transkribiert
  • rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert
  • Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834/38
Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Lehrbuch zur Psychologie. 2. Aufl. Königsberg, 1834, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie_1834/38>, abgerufen am 21.11.2024.