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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825.

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der Verstand seinen Stoff nicht ändert, die Vernunft
aber aus der Ueberlegung neue Resultate ziehen kann.

§. 120.

Um nun näher zur Sache zu kommen, müssen wir
zuerst eine Sonderung machen zwischen Begriffen in lo-
gischer, und in psychologischer Bedeutung.

Jedes Gedachte, bloss seiner Qualität nach
betrachtet, ist im logischen Sinne ein Begriff
.
Dabey kommt es zuvörderst nicht an auf den Umfang
der Begriffe, denn es giebt sowohl einzelne Begriffe,
d. h. solche, denen kein Umfang zukommt, als solche,
unter denen andere enthalten sind *). Ferner kommt
Nichts an, auf das denkende Subject; einem solchen
kann man nur im psychologischen Sinne Begriffe zueig-
nen, während ausserdem der Begriff des Menschen, des
Triangels, u. s. w. Niemanden eigenthümlich gehört.
Ueberhaupt ist in logischer Bedeutung jeder Begriff nur
einmal vorhanden
; welches nicht seyn könnte, wenn
die Anzahl der Begriffe zunähme mit der Anzahl der,
dieselben vorstellenden Subjecte, oder gar mit der An-
zahl der verschiedenen Acte des Denkens, wodurch, psy-
chologisch betrachtet, ein Begriff erzeugt und hervorge-
rufen wird.

Für Manche wird dieser, freylich gar nicht schwie-
rige, Gegenstand, dadurch am geschwindesten klar wer-
den, wenn ich bemerke, dass die entia der ältern Philo-
sophie, selbst noch bey Wolff, nichts anderes sind,
als Begriffe im logischen Sinne. Wolffs Ontologie
enthält eine Menge von logischen Sätzen, die in eine
Metaphysik gar nicht gehören; sie enthält unter andern
ein ganzes Capitel de ente singulari et universali. Die
Einmengung dieser Universalien in die Metaphysik hängt
mit einem, durch das Mittelalter hindurch stets wirksa-
men Reste des Platonismus zusammen, wovon auch bey

*) Fälsehlich sind von einigen neuern Logikern die einzelnen
Begriffe geleugnet worden; hier sollte ein Fehler den andern decken.

der Verstand seinen Stoff nicht ändert, die Vernunft
aber aus der Ueberlegung neue Resultate ziehen kann.

§. 120.

Um nun näher zur Sache zu kommen, müssen wir
zuerst eine Sonderung machen zwischen Begriffen in lo-
gischer, und in psychologischer Bedeutung.

Jedes Gedachte, bloſs seiner Qualität nach
betrachtet, ist im logischen Sinne ein Begriff
.
Dabey kommt es zuvörderst nicht an auf den Umfang
der Begriffe, denn es giebt sowohl einzelne Begriffe,
d. h. solche, denen kein Umfang zukommt, als solche,
unter denen andere enthalten sind *). Ferner kommt
Nichts an, auf das denkende Subject; einem solchen
kann man nur im psychologischen Sinne Begriffe zueig-
nen, während auſserdem der Begriff des Menschen, des
Triangels, u. s. w. Niemanden eigenthümlich gehört.
Ueberhaupt ist in logischer Bedeutung jeder Begriff nur
einmal vorhanden
; welches nicht seyn könnte, wenn
die Anzahl der Begriffe zunähme mit der Anzahl der,
dieselben vorstellenden Subjecte, oder gar mit der An-
zahl der verschiedenen Acte des Denkens, wodurch, psy-
chologisch betrachtet, ein Begriff erzeugt und hervorge-
rufen wird.

Für Manche wird dieser, freylich gar nicht schwie-
rige, Gegenstand, dadurch am geschwindesten klar wer-
den, wenn ich bemerke, daſs die entia der ältern Philo-
sophie, selbst noch bey Wolff, nichts anderes sind,
als Begriffe im logischen Sinne. Wolffs Ontologie
enthält eine Menge von logischen Sätzen, die in eine
Metaphysik gar nicht gehören; sie enthält unter andern
ein ganzes Capitel de ente ſingulari et univerſali. Die
Einmengung dieser Universalien in die Metaphysik hängt
mit einem, durch das Mittelalter hindurch stets wirksa-
men Reste des Platonismus zusammen, wovon auch bey

*) Fälsehlich sind von einigen neuern Logikern die einzelnen
Begriffe geleugnet worden; hier sollte ein Fehler den andern decken.
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[175/0210] der Verstand seinen Stoff nicht ändert, die Vernunft aber aus der Ueberlegung neue Resultate ziehen kann. §. 120. Um nun näher zur Sache zu kommen, müssen wir zuerst eine Sonderung machen zwischen Begriffen in lo- gischer, und in psychologischer Bedeutung. Jedes Gedachte, bloſs seiner Qualität nach betrachtet, ist im logischen Sinne ein Begriff. Dabey kommt es zuvörderst nicht an auf den Umfang der Begriffe, denn es giebt sowohl einzelne Begriffe, d. h. solche, denen kein Umfang zukommt, als solche, unter denen andere enthalten sind *). Ferner kommt Nichts an, auf das denkende Subject; einem solchen kann man nur im psychologischen Sinne Begriffe zueig- nen, während auſserdem der Begriff des Menschen, des Triangels, u. s. w. Niemanden eigenthümlich gehört. Ueberhaupt ist in logischer Bedeutung jeder Begriff nur einmal vorhanden; welches nicht seyn könnte, wenn die Anzahl der Begriffe zunähme mit der Anzahl der, dieselben vorstellenden Subjecte, oder gar mit der An- zahl der verschiedenen Acte des Denkens, wodurch, psy- chologisch betrachtet, ein Begriff erzeugt und hervorge- rufen wird. Für Manche wird dieser, freylich gar nicht schwie- rige, Gegenstand, dadurch am geschwindesten klar wer- den, wenn ich bemerke, daſs die entia der ältern Philo- sophie, selbst noch bey Wolff, nichts anderes sind, als Begriffe im logischen Sinne. Wolffs Ontologie enthält eine Menge von logischen Sätzen, die in eine Metaphysik gar nicht gehören; sie enthält unter andern ein ganzes Capitel de ente ſingulari et univerſali. Die Einmengung dieser Universalien in die Metaphysik hängt mit einem, durch das Mittelalter hindurch stets wirksa- men Reste des Platonismus zusammen, wovon auch bey *) Fälsehlich sind von einigen neuern Logikern die einzelnen Begriffe geleugnet worden; hier sollte ein Fehler den andern decken.

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Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 2. Königsberg, 1825, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie02_1825/210>, abgerufen am 21.11.2024.