alsdann stehen r und t unter einander im umgekehrten Verhältniss.
Beyspiel: Es habe, wie vorhin, die Vorstellung P eine Stärke =1; ein Theil von ihr,
[Formel 1]
sey ver- schmolzen mit
[Formel 2]
, einem Theile von P=1; aber ein andrer Theil von P,
[Formel 3]
, sey verschmolzen mit
[Formel 4]
, einem Theile von einer andern Vorstellung P'=1; man sucht o für
[Formel 5]
und t=1, desgleichen o' für
[Formel 6]
und t=2. Es findet sich o=o'=0,196... In dem Zeitpuncte aber, da o' diesen Werth erlangt, oder für t=2, und
[Formel 7]
, ist o=0,316...
Mit
[Formel 8]
sey überdies noch verschmolzen r"=3, ein Theil von P"=4; so wird für t=1, o"=0,1818... Aber für t=2 wird o"=0,352... Vergleicht man o mit o", so sieht man, dass beyde Grössen in ihrem Laufe einander irgendwo durchkreuzen. Denn für t=1 ist o>o", aber für t=2 findet sich o<o".
Es kann also eine und die nämliche Vor- stellung durch zwey verschiedene Hülfen auf zwey andre Vorstellungen dergestalt wirken, dass von diesen eine, schneller im Bewusstseyn hervortretende, nach einiger Zeit zurückbleibt hinter der andern, die Anfangs langsamer her- vorgehoben wurde.
§. 87.
Die hervorgehobene Vorstellung wurde bisher als gänzlich passiv betrachtet. Diese Ansicht ist immer dann gültig, wann sich die erwähnte Vorstellung auf ihrem sta- tischen Puncte, also auch, wann sie sich auf der stati- schen Schwelle befindet. Denn die Kraft, womit sie von diesem Puncte sich selbst höher heben möchte, wird völ- lig aufgewogen durch die entgegenstehenden Kräfte, mit denen sie sich ins Gleichgewicht gesetzt hat. Welches Widerstreben aber die Hülfe zu überwinden habe, da- von bald ein Mehreres.
Setzen wir hingegen, die hervorgehobene Vorstellung werde zugleich mit der hebenden von aller Hemmung,
alsdann stehen r und t unter einander im umgekehrten Verhältniſs.
Beyspiel: Es habe, wie vorhin, die Vorstellung P eine Stärke =1; ein Theil von ihr,
[Formel 1]
sey ver- schmolzen mit
[Formel 2]
, einem Theile von Π=1; aber ein andrer Theil von P,
[Formel 3]
, sey verschmolzen mit
[Formel 4]
, einem Theile von einer andern Vorstellung Π'=1; man sucht ω für
[Formel 5]
und t=1, desgleichen ω' für
[Formel 6]
und t=2. Es findet sich ω=ω'=0,196… In dem Zeitpuncte aber, da ω' diesen Werth erlangt, oder für t=2, und
[Formel 7]
, ist ω=0,316…
Mit
[Formel 8]
sey überdies noch verschmolzen ρ″=3, ein Theil von Π″=4; so wird für t=1, ω″=0,1818… Aber für t=2 wird ω″=0,352… Vergleicht man ω mit ω″, so sieht man, daſs beyde Gröſsen in ihrem Laufe einander irgendwo durchkreuzen. Denn für t=1 ist ω>ω″, aber für t=2 findet sich ω<ω″.
Es kann also eine und die nämliche Vor- stellung durch zwey verschiedene Hülfen auf zwey andre Vorstellungen dergestalt wirken, daſs von diesen eine, schneller im Bewuſstseyn hervortretende, nach einiger Zeit zurückbleibt hinter der andern, die Anfangs langsamer her- vorgehoben wurde.
§. 87.
Die hervorgehobene Vorstellung wurde bisher als gänzlich passiv betrachtet. Diese Ansicht ist immer dann gültig, wann sich die erwähnte Vorstellung auf ihrem sta- tischen Puncte, also auch, wann sie sich auf der stati- schen Schwelle befindet. Denn die Kraft, womit sie von diesem Puncte sich selbst höher heben möchte, wird völ- lig aufgewogen durch die entgegenstehenden Kräfte, mit denen sie sich ins Gleichgewicht gesetzt hat. Welches Widerstreben aber die Hülfe zu überwinden habe, da- von bald ein Mehreres.
Setzen wir hingegen, die hervorgehobene Vorstellung werde zugleich mit der hebenden von aller Hemmung,
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alsdann stehen r und t unter einander im umgekehrten
Verhältniſs.
Beyspiel: Es habe, wie vorhin, die Vorstellung
P eine Stärke =1; ein Theil von ihr, [FORMEL] sey ver-
schmolzen mit [FORMEL], einem Theile von Π=1; aber ein
andrer Theil von P, [FORMEL], sey verschmolzen mit [FORMEL],
einem Theile von einer andern Vorstellung Π'=1; man
sucht ω für [FORMEL] und t=1, desgleichen ω' für [FORMEL]
und t=2. Es findet sich ω=ω'=0,196… In dem
Zeitpuncte aber, da ω' diesen Werth erlangt, oder für
t=2, und [FORMEL], ist ω=0,316…
Mit [FORMEL] sey überdies noch verschmolzen ρ″=3,
ein Theil von Π″=4; so wird für t=1, ω″=0,1818…
Aber für t=2 wird ω″=0,352… Vergleicht man ω
mit ω″, so sieht man, daſs beyde Gröſsen in ihrem Laufe
einander irgendwo durchkreuzen. Denn für t=1 ist
ω>ω″, aber für t=2 findet sich ω<ω″.
Es kann also eine und die nämliche Vor-
stellung durch zwey verschiedene Hülfen auf
zwey andre Vorstellungen dergestalt wirken,
daſs von diesen eine, schneller im Bewuſstseyn
hervortretende, nach einiger Zeit zurückbleibt
hinter der andern, die Anfangs langsamer her-
vorgehoben wurde.
§. 87.
Die hervorgehobene Vorstellung wurde bisher als
gänzlich passiv betrachtet. Diese Ansicht ist immer dann
gültig, wann sich die erwähnte Vorstellung auf ihrem sta-
tischen Puncte, also auch, wann sie sich auf der stati-
schen Schwelle befindet. Denn die Kraft, womit sie von
diesem Puncte sich selbst höher heben möchte, wird völ-
lig aufgewogen durch die entgegenstehenden Kräfte, mit
denen sie sich ins Gleichgewicht gesetzt hat. Welches
Widerstreben aber die Hülfe zu überwinden habe, da-
von bald ein Mehreres.
Setzen wir hingegen, die hervorgehobene Vorstellung
werde zugleich mit der hebenden von aller Hemmung,
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Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 1. Königsberg, 1824, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie01_1824/314>, abgerufen am 22.02.2025.
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