Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 1. Königsberg, 1824.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorstellung H gar nicht vorkommt; Falls daher H' nicht
von H bestimmt wird, so ist das Steigen dieser Vorstel-
lung von ihrer eignen Stärke völlig unabhängig.

In diesem Falle befindet sich die Vorstellung H,
wenn sie darum, und so weit sich zu erheben sucht,
weil und wie weit die andern, von denen sie gehemmt
war, niedersinken. Das Gesetz eines solchen Stei-
gens macht den Gegenstand unsrer nächsten Untersu-
chung aus.

§. 82.

Neben den Vorstellungen a und b können viele Vor-
stellungen, die ehemals mit ihnen im Conflict waren,
zur Schwelle gesunken seyn. Alle diese regen sich so-
gleich, wenn eine neu hinzukommende a und b sinken
macht. Aber wie sie sich regen, treten sie theils unter
einander, theils gegen die hinzukommende, in gegensei-
tige Hemmung; so dass diejenigen kaum merklich steigen
können, welche auf solche Weise bedeutenden Hinder-
nissen entgegengehn. -- Um das Einfachste, und zu-
gleich für die aufstrebende Vorstellung Vortheilhafteste
vorauszusetzen, wollen wir annehmen, es sey nur Eine,
und zwar der neu hinzukommenden völlig gleichartige,
neben a und b auf der statischen Schwelle; diese trete
nun, frey von den erwähnten Hindernissen, wieder ins Be-
wusstseyn. Also z. B. eine zuvor gesehene Farbe, ein
früher gehörter Ton, woran eben jetzt nicht gedacht
wurde, erscheint oder erklingt von neuem; die Frage ist,
wie die ältere Vorstellung nun der gleichartigen neuen
entgegenkommen werde?

Die ältere, sich erhebende Vorstellung heisse H. Sie
sucht nach dem, im vorigen §. angegebenen Gesetze den
Punct zu erreichen, bis zu welchem sie ungehindert stei-
gen kann. Aber dieser Punct ist veränderlich; denn er
hängt ab vom Sinken jener beyden, a und b. Die ver-
änderliche Entfernung dieses Punctes von der Schwelle,
oder das, derselben gleiche, Sinken der beyden, a und b
zusammengenommen, heisse x; die zugehörige Zeit sey t;

Vorstellung H gar nicht vorkommt; Falls daher H' nicht
von H bestimmt wird, so ist das Steigen dieser Vorstel-
lung von ihrer eignen Stärke völlig unabhängig.

In diesem Falle befindet sich die Vorstellung H,
wenn sie darum, und so weit sich zu erheben sucht,
weil und wie weit die andern, von denen sie gehemmt
war, niedersinken. Das Gesetz eines solchen Stei-
gens macht den Gegenstand unsrer nächsten Untersu-
chung aus.

§. 82.

Neben den Vorstellungen a und b können viele Vor-
stellungen, die ehemals mit ihnen im Conflict waren,
zur Schwelle gesunken seyn. Alle diese regen sich so-
gleich, wenn eine neu hinzukommende a und b sinken
macht. Aber wie sie sich regen, treten sie theils unter
einander, theils gegen die hinzukommende, in gegensei-
tige Hemmung; so daſs diejenigen kaum merklich steigen
können, welche auf solche Weise bedeutenden Hinder-
nissen entgegengehn. — Um das Einfachste, und zu-
gleich für die aufstrebende Vorstellung Vortheilhafteste
vorauszusetzen, wollen wir annehmen, es sey nur Eine,
und zwar der neu hinzukommenden völlig gleichartige,
neben a und b auf der statischen Schwelle; diese trete
nun, frey von den erwähnten Hindernissen, wieder ins Be-
wuſstseyn. Also z. B. eine zuvor gesehene Farbe, ein
früher gehörter Ton, woran eben jetzt nicht gedacht
wurde, erscheint oder erklingt von neuem; die Frage ist,
wie die ältere Vorstellung nun der gleichartigen neuen
entgegenkommen werde?

Die ältere, sich erhebende Vorstellung heiſse H. Sie
sucht nach dem, im vorigen §. angegebenen Gesetze den
Punct zu erreichen, bis zu welchem sie ungehindert stei-
gen kann. Aber dieser Punct ist veränderlich; denn er
hängt ab vom Sinken jener beyden, a und b. Die ver-
änderliche Entfernung dieses Punctes von der Schwelle,
oder das, derselben gleiche, Sinken der beyden, a und b
zusammengenommen, heiſse x; die zugehörige Zeit sey t;

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0290" n="270"/>
Vorstellung <hi rendition="#i">H</hi> gar nicht vorkommt; Falls daher <hi rendition="#i">H'</hi> nicht<lb/>
von <hi rendition="#i">H</hi> bestimmt wird, so ist das Steigen dieser Vorstel-<lb/>
lung von ihrer eignen Stärke völlig unabhängig.</p><lb/>
              <p>In diesem Falle befindet sich die Vorstellung <hi rendition="#i">H</hi>,<lb/>
wenn sie <hi rendition="#g">darum</hi>, und <hi rendition="#g">so weit</hi> sich zu erheben sucht,<lb/>
weil und wie weit die andern, von denen sie gehemmt<lb/>
war, niedersinken. Das Gesetz eines solchen Stei-<lb/>
gens macht den Gegenstand unsrer nächsten Untersu-<lb/>
chung aus.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 82.</head><lb/>
              <p>Neben den Vorstellungen <hi rendition="#i">a</hi> und <hi rendition="#i">b</hi> können viele Vor-<lb/>
stellungen, die ehemals mit ihnen im Conflict waren,<lb/>
zur Schwelle gesunken seyn. Alle diese regen sich so-<lb/>
gleich, wenn eine neu hinzukommende <hi rendition="#i">a</hi> und <hi rendition="#i">b</hi> sinken<lb/>
macht. Aber wie sie sich regen, treten sie theils unter<lb/>
einander, theils gegen die hinzukommende, in gegensei-<lb/>
tige Hemmung; so da&#x017F;s diejenigen kaum merklich steigen<lb/>
können, welche auf solche Weise bedeutenden Hinder-<lb/>
nissen entgegengehn. &#x2014; Um das Einfachste, und zu-<lb/>
gleich für die aufstrebende Vorstellung Vortheilhafteste<lb/>
vorauszusetzen, wollen wir annehmen, es sey nur Eine,<lb/>
und zwar der neu hinzukommenden völlig gleichartige,<lb/>
neben <hi rendition="#i">a</hi> und <hi rendition="#i">b</hi> auf der statischen Schwelle; diese trete<lb/>
nun, frey von den erwähnten Hindernissen, wieder ins Be-<lb/>
wu&#x017F;stseyn. Also z. B. eine zuvor gesehene Farbe, ein<lb/>
früher gehörter Ton, woran eben jetzt nicht gedacht<lb/>
wurde, erscheint oder erklingt von neuem; die Frage ist,<lb/>
wie die ältere Vorstellung nun der gleichartigen neuen<lb/>
entgegenkommen werde?</p><lb/>
              <p>Die ältere, sich erhebende Vorstellung hei&#x017F;se <hi rendition="#i">H</hi>. Sie<lb/>
sucht nach dem, im vorigen §. angegebenen Gesetze den<lb/>
Punct zu erreichen, bis zu welchem sie ungehindert stei-<lb/>
gen kann. Aber dieser Punct ist veränderlich; denn er<lb/>
hängt ab vom Sinken jener beyden, <hi rendition="#i">a</hi> und <hi rendition="#i">b</hi>. Die ver-<lb/>
änderliche Entfernung dieses Punctes von der Schwelle,<lb/>
oder das, derselben gleiche, Sinken der beyden, <hi rendition="#i">a</hi> und <hi rendition="#i">b</hi><lb/>
zusammengenommen, hei&#x017F;se <hi rendition="#i">x</hi>; die zugehörige Zeit sey <hi rendition="#i">t</hi>;<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[270/0290] Vorstellung H gar nicht vorkommt; Falls daher H' nicht von H bestimmt wird, so ist das Steigen dieser Vorstel- lung von ihrer eignen Stärke völlig unabhängig. In diesem Falle befindet sich die Vorstellung H, wenn sie darum, und so weit sich zu erheben sucht, weil und wie weit die andern, von denen sie gehemmt war, niedersinken. Das Gesetz eines solchen Stei- gens macht den Gegenstand unsrer nächsten Untersu- chung aus. §. 82. Neben den Vorstellungen a und b können viele Vor- stellungen, die ehemals mit ihnen im Conflict waren, zur Schwelle gesunken seyn. Alle diese regen sich so- gleich, wenn eine neu hinzukommende a und b sinken macht. Aber wie sie sich regen, treten sie theils unter einander, theils gegen die hinzukommende, in gegensei- tige Hemmung; so daſs diejenigen kaum merklich steigen können, welche auf solche Weise bedeutenden Hinder- nissen entgegengehn. — Um das Einfachste, und zu- gleich für die aufstrebende Vorstellung Vortheilhafteste vorauszusetzen, wollen wir annehmen, es sey nur Eine, und zwar der neu hinzukommenden völlig gleichartige, neben a und b auf der statischen Schwelle; diese trete nun, frey von den erwähnten Hindernissen, wieder ins Be- wuſstseyn. Also z. B. eine zuvor gesehene Farbe, ein früher gehörter Ton, woran eben jetzt nicht gedacht wurde, erscheint oder erklingt von neuem; die Frage ist, wie die ältere Vorstellung nun der gleichartigen neuen entgegenkommen werde? Die ältere, sich erhebende Vorstellung heiſse H. Sie sucht nach dem, im vorigen §. angegebenen Gesetze den Punct zu erreichen, bis zu welchem sie ungehindert stei- gen kann. Aber dieser Punct ist veränderlich; denn er hängt ab vom Sinken jener beyden, a und b. Die ver- änderliche Entfernung dieses Punctes von der Schwelle, oder das, derselben gleiche, Sinken der beyden, a und b zusammengenommen, heiſse x; die zugehörige Zeit sey t;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie01_1824
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie01_1824/290
Zitationshilfe: Herbart, Johann Friedrich: Psychologie als Wissenschaft. Bd. 1. Königsberg, 1824, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/herbart_psychologie01_1824/290>, abgerufen am 21.11.2024.