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Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830.

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schwinde die Gurgel abfiedeln; der andre war
ein langer, hagerer Greis, dessen morsche Gebeine
in einem abgelebt schwarzen Anzuge schlotterten,
und dessen schneeweiße Haare mit seinem Buffo¬
gesang und seinen närrischen Capriolen gar kläg¬
lich contrastirten. Ist es schon betrübend, wenn ein
alter Mann die Ehrfurcht, die man seinen Jahren
schuldig ist, aus Noth verkaufen, und sich zur
Possenreißerey hergeben muß; wie viel trübseliger
ist es noch, wenn er solches in Gegenwart oder
gar in Gesellschaft seines Kindes thut! und jenes
Mädchen war die Tochter des alten Buffo, und
sie akkompagnirte mit der Harfe die unwürdigsten
Späße des greisen Vaters, oder stellte auch die
Harfe bei Seite und sang mit ihm ein komisches
Duett, wo er einen verliebten alten Gecken, und sie
seine junge neckische Amante vorstellte. Oben¬
drein schien das Mädchen kaum aus den Kinder¬
jahren getreten zu seyn, ja es schien, als habe
man das Kind, ehe es noch zur Jungfräulichkeit

ſchwinde die Gurgel abfiedeln; der andre war
ein langer, hagerer Greis, deſſen morſche Gebeine
in einem abgelebt ſchwarzen Anzuge ſchlotterten,
und deſſen ſchneeweiße Haare mit ſeinem Buffo¬
geſang und ſeinen naͤrriſchen Capriolen gar klaͤg¬
lich contraſtirten. Iſt es ſchon betruͤbend, wenn ein
alter Mann die Ehrfurcht, die man ſeinen Jahren
ſchuldig iſt, aus Noth verkaufen, und ſich zur
Poſſenreißerey hergeben muß; wie viel truͤbſeliger
iſt es noch, wenn er ſolches in Gegenwart oder
gar in Geſellſchaft ſeines Kindes thut! und jenes
Maͤdchen war die Tochter des alten Buffo, und
ſie akkompagnirte mit der Harfe die unwuͤrdigſten
Spaͤße des greiſen Vaters, oder ſtellte auch die
Harfe bei Seite und ſang mit ihm ein komiſches
Duett, wo er einen verliebten alten Gecken, und ſie
ſeine junge neckiſche Amante vorſtellte. Oben¬
drein ſchien das Maͤdchen kaum aus den Kinder¬
jahren getreten zu ſeyn, ja es ſchien, als habe
man das Kind, ehe es noch zur Jungfraͤulichkeit

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[109/0117] ſchwinde die Gurgel abfiedeln; der andre war ein langer, hagerer Greis, deſſen morſche Gebeine in einem abgelebt ſchwarzen Anzuge ſchlotterten, und deſſen ſchneeweiße Haare mit ſeinem Buffo¬ geſang und ſeinen naͤrriſchen Capriolen gar klaͤg¬ lich contraſtirten. Iſt es ſchon betruͤbend, wenn ein alter Mann die Ehrfurcht, die man ſeinen Jahren ſchuldig iſt, aus Noth verkaufen, und ſich zur Poſſenreißerey hergeben muß; wie viel truͤbſeliger iſt es noch, wenn er ſolches in Gegenwart oder gar in Geſellſchaft ſeines Kindes thut! und jenes Maͤdchen war die Tochter des alten Buffo, und ſie akkompagnirte mit der Harfe die unwuͤrdigſten Spaͤße des greiſen Vaters, oder ſtellte auch die Harfe bei Seite und ſang mit ihm ein komiſches Duett, wo er einen verliebten alten Gecken, und ſie ſeine junge neckiſche Amante vorſtellte. Oben¬ drein ſchien das Maͤdchen kaum aus den Kinder¬ jahren getreten zu ſeyn, ja es ſchien, als habe man das Kind, ehe es noch zur Jungfraͤulichkeit

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Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Reisebilder. Bd. 3. Hamburg, 1830, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_reisebilder03_1830/117>, abgerufen am 21.11.2024.