Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Was winselt und wedelt mein zott'ger Gesell?
Was glimmert schwarz Katers Auge so hell?
Was heulen die Weiber mit fliegendem Haar?
Was lullt mir Frau Amme mein Wiegenlied gar?
Frau Amme bleib heut mit dem Singsang zu Haus,
Das Eiapopeia ist lange schon aus;
Ich fey're gar heute mein Hochzeitfest, --
Da schau' mal, dort kommen schon zierliche Gäst'.
Da schau' mal! Ihr Herren, das nenn' ich galant!
Ihr tragt, statt der Hüte, die Köpf' in der Hand!
Ihr Zappelbein-Leutchen im Galgen-Ornat,
Der Wind ist still, was kommt Ihr so spat?
Da kommt auch alt Besenstielmütterchen schon,
Ach segne mich, Mütterchen, bin ja dein Sohn;
Da zittert der Mund im weißen Gesicht:
"In Ewigkeit Amen!" alt Mütterchen spricht.
Zwölf winddürre Musiker schlendern herein;
Blind Fidelweib holpert wohl hintendrein.
Da schleppt der Hanswurst, in buntscheckiger Jack',
Den Todtengräber huckepack.
Was winſelt und wedelt mein zott'ger Geſell?
Was glimmert ſchwarz Katers Auge ſo hell?
Was heulen die Weiber mit fliegendem Haar?
Was lullt mir Frau Amme mein Wiegenlied gar?
Frau Amme bleib heut mit dem Singſang zu Haus,
Das Eiapopeia iſt lange ſchon aus;
Ich fey're gar heute mein Hochzeitfeſt, —
Da ſchau' mal, dort kommen ſchon zierliche Gäſt'.
Da ſchau' mal! Ihr Herren, das nenn' ich galant!
Ihr tragt, ſtatt der Hüte, die Köpf' in der Hand!
Ihr Zappelbein-Leutchen im Galgen-Ornat,
Der Wind iſt ſtill, was kommt Ihr ſo ſpat?
Da kommt auch alt Beſenſtielmütterchen ſchon,
Ach ſegne mich, Mütterchen, bin ja dein Sohn;
Da zittert der Mund im weißen Geſicht:
„In Ewigkeit Amen!“ alt Mütterchen ſpricht.
Zwölf winddürre Muſiker ſchlendern herein;
Blind Fidelweib holpert wohl hintendrein.
Da ſchleppt der Hanswurſt, in buntſcheckiger Jack',
Den Todtengräber huckepack.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <pb facs="#f0029" n="21"/>
              <lg n="5">
                <l>Was win&#x017F;elt und wedelt mein zott'ger Ge&#x017F;ell?</l><lb/>
                <l>Was glimmert &#x017F;chwarz Katers Auge &#x017F;o hell?</l><lb/>
                <l>Was heulen die Weiber mit fliegendem Haar?</l><lb/>
                <l>Was lullt mir Frau Amme mein Wiegenlied gar?</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="6">
                <l>Frau Amme bleib heut mit dem Sing&#x017F;ang zu Haus,</l><lb/>
                <l>Das Eiapopeia i&#x017F;t lange &#x017F;chon aus;</l><lb/>
                <l>Ich fey're gar heute mein Hochzeitfe&#x017F;t, &#x2014;</l><lb/>
                <l>Da &#x017F;chau' mal, dort kommen &#x017F;chon zierliche Gä&#x017F;t'.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="7">
                <l>Da &#x017F;chau' mal! Ihr Herren, das nenn' ich galant!</l><lb/>
                <l>Ihr tragt, &#x017F;tatt der Hüte, die Köpf' in der Hand!</l><lb/>
                <l>Ihr Zappelbein-Leutchen im Galgen-Ornat,</l><lb/>
                <l>Der Wind i&#x017F;t &#x017F;till, was kommt Ihr &#x017F;o &#x017F;pat?</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="8">
                <l>Da kommt auch alt Be&#x017F;en&#x017F;tielmütterchen &#x017F;chon,</l><lb/>
                <l>Ach &#x017F;egne mich, Mütterchen, bin ja dein Sohn;</l><lb/>
                <l>Da zittert der Mund im weißen Ge&#x017F;icht:</l><lb/>
                <l>&#x201E;In Ewigkeit Amen!&#x201C; alt Mütterchen &#x017F;pricht.</l><lb/>
              </lg>
              <lg n="9">
                <l>Zwölf winddürre Mu&#x017F;iker &#x017F;chlendern herein;</l><lb/>
                <l>Blind Fidelweib holpert wohl hintendrein.</l><lb/>
                <l>Da &#x017F;chleppt der Hanswur&#x017F;t, in bunt&#x017F;checkiger Jack',</l><lb/>
                <l>Den Todtengräber huckepack.</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0029] Was winſelt und wedelt mein zott'ger Geſell? Was glimmert ſchwarz Katers Auge ſo hell? Was heulen die Weiber mit fliegendem Haar? Was lullt mir Frau Amme mein Wiegenlied gar? Frau Amme bleib heut mit dem Singſang zu Haus, Das Eiapopeia iſt lange ſchon aus; Ich fey're gar heute mein Hochzeitfeſt, — Da ſchau' mal, dort kommen ſchon zierliche Gäſt'. Da ſchau' mal! Ihr Herren, das nenn' ich galant! Ihr tragt, ſtatt der Hüte, die Köpf' in der Hand! Ihr Zappelbein-Leutchen im Galgen-Ornat, Der Wind iſt ſtill, was kommt Ihr ſo ſpat? Da kommt auch alt Beſenſtielmütterchen ſchon, Ach ſegne mich, Mütterchen, bin ja dein Sohn; Da zittert der Mund im weißen Geſicht: „In Ewigkeit Amen!“ alt Mütterchen ſpricht. Zwölf winddürre Muſiker ſchlendern herein; Blind Fidelweib holpert wohl hintendrein. Da ſchleppt der Hanswurſt, in buntſcheckiger Jack', Den Todtengräber huckepack.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_lieder_1827
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/heine_lieder_1827/29
Zitationshilfe: Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_lieder_1827/29>, abgerufen am 26.12.2024.