Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827.IX. Mit Myrthen und Rosen, lieblich und hold, Mit duft'gen Zypressen und Flittergold, Möcht' ich zieren dieß Buch wie 'nen Todtenschrein, Und sargen meine Lieder hinein. O könnt' ich die Liebe sargen hinzu! Auf dem Grabe der Liebe wächst Blümlein der Ruh, Da blüht es hervor, da pflückt man es ab, -- Doch mir blüht's nur, wenn ich selber im Grab. Hier sind nun die Lieder, die einst so wild, Wie ein Lavastrom, der dem Aetna entquillt, Hervorgestürzt aus dem tiefsten Gemüth, Und rings viel blitzende Funken versprüh't! Nun liegen sie stumm und todtengleich,
Nun starren sie kalt und nebelbleich. Doch auf's neu' die alte Gluth sie belebt, Wenn der Liebe Geist einst über sie schwebt. IX. Mit Myrthen und Roſen, lieblich und hold, Mit duft'gen Zypreſſen und Flittergold, Möcht' ich zieren dieß Buch wie 'nen Todtenſchrein, Und ſargen meine Lieder hinein. O könnt' ich die Liebe ſargen hinzu! Auf dem Grabe der Liebe wächſt Blümlein der Ruh, Da blüht es hervor, da pflückt man es ab, — Doch mir blüht's nur, wenn ich ſelber im Grab. Hier ſind nun die Lieder, die einſt ſo wild, Wie ein Lavaſtrom, der dem Aetna entquillt, Hervorgeſtürzt aus dem tiefſten Gemüth, Und rings viel blitzende Funken verſprüh't! Nun liegen ſie ſtumm und todtengleich,
Nun ſtarren ſie kalt und nebelbleich. Doch auf's neu' die alte Gluth ſie belebt, Wenn der Liebe Geiſt einſt über ſie ſchwebt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0056" n="48"/> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#aq">IX.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Mit Myrthen und Roſen, lieblich und hold,</l><lb/> <l>Mit duft'gen Zypreſſen und Flittergold,</l><lb/> <l>Möcht' ich zieren dieß Buch wie 'nen Todtenſchrein,</l><lb/> <l>Und ſargen meine Lieder hinein.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>O könnt' ich die Liebe ſargen hinzu!</l><lb/> <l>Auf dem Grabe der Liebe wächſt Blümlein der Ruh,</l><lb/> <l>Da blüht es hervor, da pflückt man es ab, —</l><lb/> <l>Doch mir blüht's nur, wenn ich ſelber im Grab.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Hier ſind nun die Lieder, die einſt ſo wild,</l><lb/> <l>Wie ein Lavaſtrom, der dem Aetna entquillt,</l><lb/> <l>Hervorgeſtürzt aus dem tiefſten Gemüth,</l><lb/> <l>Und rings viel blitzende Funken verſprüh't!</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Nun liegen ſie ſtumm und todtengleich,</l><lb/> <l>Nun ſtarren ſie kalt und nebelbleich.</l><lb/> <l>Doch auf's neu' die alte Gluth ſie belebt,</l><lb/> <l>Wenn der Liebe Geiſt einſt über ſie ſchwebt.</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [48/0056]
IX.
Mit Myrthen und Roſen, lieblich und hold,
Mit duft'gen Zypreſſen und Flittergold,
Möcht' ich zieren dieß Buch wie 'nen Todtenſchrein,
Und ſargen meine Lieder hinein.
O könnt' ich die Liebe ſargen hinzu!
Auf dem Grabe der Liebe wächſt Blümlein der Ruh,
Da blüht es hervor, da pflückt man es ab, —
Doch mir blüht's nur, wenn ich ſelber im Grab.
Hier ſind nun die Lieder, die einſt ſo wild,
Wie ein Lavaſtrom, der dem Aetna entquillt,
Hervorgeſtürzt aus dem tiefſten Gemüth,
Und rings viel blitzende Funken verſprüh't!
Nun liegen ſie ſtumm und todtengleich,
Nun ſtarren ſie kalt und nebelbleich.
Doch auf's neu' die alte Gluth ſie belebt,
Wenn der Liebe Geiſt einſt über ſie ſchwebt.
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