Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827.VIII. Der Phönix. Es kommt ein Vogel geflogen aus Westen, Er fliegt gen Osten, Nach der östlichen Gartenheimath, Wo Spezereien duften und wachsen, Und Palmen rauschen und Brunnen kühlen -- Und fliegend singt der Wundervogel: "Sie liebt ihn! sie liebt ihn! Sie trägt sein Bildniß im kleinen Herzen, Und trägt es süß und heimlich verborgen, Und weiß es selbst nicht! Aber im Traume steht er vor ihr, Sie bittet und weint und küßt seine Hände, Und ruft seinen Namen Und rufend erwacht sie und liegt erschrocken, Und reibt sich verwundert die schönen Augen -- Sie liebt ihn! Sie liebt ihn!" VIII. Der Phönix. Es kommt ein Vogel geflogen aus Weſten, Er fliegt gen Oſten, Nach der öſtlichen Gartenheimath, Wo Spezereien duften und wachſen, Und Palmen rauſchen und Brunnen kühlen — Und fliegend ſingt der Wundervogel: „Sie liebt ihn! ſie liebt ihn! Sie trägt ſein Bildniß im kleinen Herzen, Und trägt es ſüß und heimlich verborgen, Und weiß es ſelbſt nicht! Aber im Traume ſteht er vor ihr, Sie bittet und weint und küßt ſeine Hände, Und ruft ſeinen Namen Und rufend erwacht ſie und liegt erſchrocken, Und reibt ſich verwundert die ſchönen Augen — Sie liebt ihn! Sie liebt ihn!“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0373" n="365"/> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#aq">VIII.</hi><lb/> <hi rendition="#g">Der Phönix.</hi><lb/> </head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Es kommt ein Vogel geflogen aus Weſten,</l><lb/> <l>Er fliegt gen Oſten,</l><lb/> <l>Nach der öſtlichen Gartenheimath,</l><lb/> <l>Wo Spezereien duften und wachſen,</l><lb/> <l>Und Palmen rauſchen und Brunnen kühlen —</l><lb/> <l>Und fliegend ſingt der Wundervogel:</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>„Sie liebt ihn! ſie liebt ihn!</l><lb/> <l>Sie trägt ſein Bildniß im kleinen Herzen,</l><lb/> <l>Und trägt es ſüß und heimlich verborgen,</l><lb/> <l>Und weiß es ſelbſt nicht!</l><lb/> <l>Aber im Traume ſteht er vor ihr,</l><lb/> <l>Sie bittet und weint und küßt ſeine Hände,</l><lb/> <l>Und ruft ſeinen Namen</l><lb/> <l>Und rufend erwacht ſie und liegt erſchrocken,</l><lb/> <l>Und reibt ſich verwundert die ſchönen Augen —</l><lb/> <l>Sie liebt ihn! Sie liebt ihn!“</l><lb/> </lg> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [365/0373]
VIII.
Der Phönix.
Es kommt ein Vogel geflogen aus Weſten,
Er fliegt gen Oſten,
Nach der öſtlichen Gartenheimath,
Wo Spezereien duften und wachſen,
Und Palmen rauſchen und Brunnen kühlen —
Und fliegend ſingt der Wundervogel:
„Sie liebt ihn! ſie liebt ihn!
Sie trägt ſein Bildniß im kleinen Herzen,
Und trägt es ſüß und heimlich verborgen,
Und weiß es ſelbſt nicht!
Aber im Traume ſteht er vor ihr,
Sie bittet und weint und küßt ſeine Hände,
Und ruft ſeinen Namen
Und rufend erwacht ſie und liegt erſchrocken,
Und reibt ſich verwundert die ſchönen Augen —
Sie liebt ihn! Sie liebt ihn!“
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Zitationshilfe: | Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_lieder_1827/373>, abgerufen am 22.02.2025. |