Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827.XIV. Das Meer erglänzte weit hinaus, Im letzten Abendscheine; Wir saßen am einsamen Fischerhaus, Wir saßen stumm und alleine. Der Nebel stieg, das Wasser schwoll, Die Möve flog hin und wieder; Aus deinen Augen, liebevoll, Fielen die Thränen nieder. Ich sah sie fallen auf deine Hand, Und bin auf's Knie gesunken; Ich hab' von deiner weißen Hand Die Thränen fortgetrunken. Seit jener Stunde verzehrt sich mein Leib, Die Seele stirbt vor Sehnen; -- Mich hat das unglückseel'ge Weib Vergiftet mit ihren Thränen. 13
XIV. Das Meer erglänzte weit hinaus, Im letzten Abendſcheine; Wir ſaßen am einſamen Fiſcherhaus, Wir ſaßen ſtumm und alleine. Der Nebel ſtieg, das Waſſer ſchwoll, Die Möve flog hin und wieder; Aus deinen Augen, liebevoll, Fielen die Thränen nieder. Ich ſah ſie fallen auf deine Hand, Und bin auf's Knie geſunken; Ich hab' von deiner weißen Hand Die Thränen fortgetrunken. Seit jener Stunde verzehrt ſich mein Leib, Die Seele ſtirbt vor Sehnen; — Mich hat das unglückſeel'ge Weib Vergiftet mit ihren Thränen. 13
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XIV.
Das Meer erglänzte weit hinaus,
Im letzten Abendſcheine;
Wir ſaßen am einſamen Fiſcherhaus,
Wir ſaßen ſtumm und alleine.
Der Nebel ſtieg, das Waſſer ſchwoll,
Die Möve flog hin und wieder;
Aus deinen Augen, liebevoll,
Fielen die Thränen nieder.
Ich ſah ſie fallen auf deine Hand,
Und bin auf's Knie geſunken;
Ich hab' von deiner weißen Hand
Die Thränen fortgetrunken.
Seit jener Stunde verzehrt ſich mein Leib,
Die Seele ſtirbt vor Sehnen; —
Mich hat das unglückſeel'ge Weib
Vergiftet mit ihren Thränen.
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Zitationshilfe: | Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_lieder_1827/201>, abgerufen am 22.02.2025. |