Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827.An H. S. Wie ich dein Büchlein hastig aufgeschlagen, Da grüßen mir entgegen viel vertraute, Viel goldne Bilder, die ich weiland schaute Im Knabentraum und in den Kindertagen. Ich sehe wieder stolz gen Himmel ragen Den frommen Dom, den deutscher Glaube baute, Ich hör' der Glocken und der Orgel Laute, Dazwischen klingt's wie süße Liebesklagen. Wohl seh' ich auch wie sie den Dom umklettern, Die flinken Zwerglein, die sich dort erfrechen Das hübsche Blum- und Schnitzwerk abzubrechen. Doch mag man immerhin die Eich' entblättern. Und sie des grünen Schmuckes rings berauben, -- Kommt neuer Lenz, wird sie sich neu belauben. An H. S. Wie ich dein Büchlein haſtig aufgeſchlagen, Da grüßen mir entgegen viel vertraute, Viel goldne Bilder, die ich weiland ſchaute Im Knabentraum und in den Kindertagen. Ich ſehe wieder ſtolz gen Himmel ragen Den frommen Dom, den deutſcher Glaube baute, Ich hör' der Glocken und der Orgel Laute, Dazwiſchen klingt's wie ſüße Liebesklagen. Wohl ſeh' ich auch wie ſie den Dom umklettern, Die flinken Zwerglein, die ſich dort erfrechen Das hübſche Blum- und Schnitzwerk abzubrechen. Doch mag man immerhin die Eich' entblättern. Und ſie des grünen Schmuckes rings berauben, — Kommt neuer Lenz, wird ſie ſich neu belauben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0102" n="94"/> </div> </div> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">An H. S.</hi><lb/> </head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <lg type="poem"> <l>Wie ich dein Büchlein haſtig aufgeſchlagen,</l><lb/> <l>Da grüßen mir entgegen viel vertraute,</l><lb/> <l>Viel goldne Bilder, die ich weiland ſchaute</l><lb/> <l>Im Knabentraum und in den Kindertagen.</l><lb/> <l>Ich ſehe wieder ſtolz gen Himmel ragen</l><lb/> <l>Den frommen Dom, den deutſcher Glaube baute,</l><lb/> <l>Ich hör' der Glocken und der Orgel Laute,</l><lb/> <l>Dazwiſchen klingt's wie ſüße Liebesklagen.</l><lb/> <l>Wohl ſeh' ich auch wie ſie den Dom umklettern,</l><lb/> <l>Die flinken Zwerglein, die ſich dort erfrechen</l><lb/> <l>Das hübſche Blum- und Schnitzwerk abzubrechen.</l><lb/> <l>Doch mag man immerhin die Eich' entblättern.</l><lb/> <l>Und ſie des grünen Schmuckes rings berauben, —</l><lb/> <l>Kommt neuer Lenz, wird ſie ſich neu belauben.</l><lb/> </lg> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [94/0102]
An H. S.
Wie ich dein Büchlein haſtig aufgeſchlagen,
Da grüßen mir entgegen viel vertraute,
Viel goldne Bilder, die ich weiland ſchaute
Im Knabentraum und in den Kindertagen.
Ich ſehe wieder ſtolz gen Himmel ragen
Den frommen Dom, den deutſcher Glaube baute,
Ich hör' der Glocken und der Orgel Laute,
Dazwiſchen klingt's wie ſüße Liebesklagen.
Wohl ſeh' ich auch wie ſie den Dom umklettern,
Die flinken Zwerglein, die ſich dort erfrechen
Das hübſche Blum- und Schnitzwerk abzubrechen.
Doch mag man immerhin die Eich' entblättern.
Und ſie des grünen Schmuckes rings berauben, —
Kommt neuer Lenz, wird ſie ſich neu belauben.
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Zitationshilfe: | Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heine_lieder_1827/102>, abgerufen am 22.02.2025. |