Die einfache gediegene Identität des Absoluten ist unbestimmt, oder in ihr hat sich vielmehr alle Bestimmt- heit des Wesens und der Existenz, oder des Seyns überhaupt sowohl als der Reflexion aufge- löst. Insofern fällt das Bestimmen dessen, was das Absolute sey, negativ aus, und das Absolute selbst erscheint nur als die Negation aller Prädicate und als das Leere. Aber indem es eben so sehr als die Po- sition aller Prädicate ausgesprochen werden muß, er- scheint es als der formellste Widerspruch. Insofern je- nes Negiren und dieses Setzen, der äussern Refle- xion angehört, so ist es eine formelle unsystematische Dialektik, die mit leichter Mühe die mancherley Bestim- mungen hieher und dorther aufgreift, und mit eben so leichter Mühe einerseits ihre Endlichkeit und blosse Rela- tivität aufzeigt, als andererseits, indem es ihr als die Totalität vorschwebt, auch das Innwohnen aller Bestim- mungen von ihm ausspricht, -- ohne diese Positionen und jene Negationen zu einer wahrhaften Einheit erhe- ben zu können. -- Es soll aber dargestellt werden, was das Absolute ist; aber diß Darstellen kann nicht ein Be- stimmen noch äussere Reflexion seyn, wodurch Bestim- mungen desselben würden, sondern es ist die Ausle- gung und zwar die eigene Auslegung des Absoluten, und nur ein Zeigen dessen was es ist.
A.Die
Die Wirklichkeit.
Erſtes Kapitel. Das Abſolute.
Die einfache gediegene Identitaͤt des Abſoluten iſt unbeſtimmt, oder in ihr hat ſich vielmehr alle Beſtimmt- heit des Weſens und der Exiſtenz, oder des Seyns uͤberhaupt ſowohl als der Reflexion aufge- loͤst. Inſofern faͤllt das Beſtimmen deſſen, was das Abſolute ſey, negativ aus, und das Abſolute ſelbſt erſcheint nur als die Negation aller Praͤdicate und als das Leere. Aber indem es eben ſo ſehr als die Po- ſition aller Praͤdicate ausgeſprochen werden muß, er- ſcheint es als der formellſte Widerſpruch. Inſofern je- nes Negiren und dieſes Setzen, der aͤuſſern Refle- xion angehoͤrt, ſo iſt es eine formelle unſyſtematiſche Dialektik, die mit leichter Muͤhe die mancherley Beſtim- mungen hieher und dorther aufgreift, und mit eben ſo leichter Muͤhe einerſeits ihre Endlichkeit und bloſſe Rela- tivitaͤt aufzeigt, als andererſeits, indem es ihr als die Totalitaͤt vorſchwebt, auch das Innwohnen aller Beſtim- mungen von ihm ausſpricht, — ohne dieſe Poſitionen und jene Negationen zu einer wahrhaften Einheit erhe- ben zu koͤnnen. — Es ſoll aber dargeſtellt werden, was das Abſolute iſt; aber diß Darſtellen kann nicht ein Be- ſtimmen noch aͤuſſere Reflexion ſeyn, wodurch Beſtim- mungen deſſelben wuͤrden, ſondern es iſt die Ausle- gung und zwar die eigene Auslegung des Abſoluten, und nur ein Zeigen deſſen was es iſt.
A.Die
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Die Wirklichkeit.
Erſtes Kapitel.
Das Abſolute.
Die einfache gediegene Identitaͤt des Abſoluten iſt
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heit des Weſens und der Exiſtenz, oder des
Seyns uͤberhaupt ſowohl als der Reflexion aufge-
loͤst. Inſofern faͤllt das Beſtimmen deſſen, was
das Abſolute ſey, negativ aus, und das Abſolute
ſelbſt erſcheint nur als die Negation aller Praͤdicate und
als das Leere. Aber indem es eben ſo ſehr als die Po-
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nes Negiren und dieſes Setzen, der aͤuſſern Refle-
xion angehoͤrt, ſo iſt es eine formelle unſyſtematiſche
Dialektik, die mit leichter Muͤhe die mancherley Beſtim-
mungen hieher und dorther aufgreift, und mit eben ſo
leichter Muͤhe einerſeits ihre Endlichkeit und bloſſe Rela-
tivitaͤt aufzeigt, als andererſeits, indem es ihr als die
Totalitaͤt vorſchwebt, auch das Innwohnen aller Beſtim-
mungen von ihm ausſpricht, — ohne dieſe Poſitionen
und jene Negationen zu einer wahrhaften Einheit erhe-
ben zu koͤnnen. — Es ſoll aber dargeſtellt werden, was
das Abſolute iſt; aber diß Darſtellen kann nicht ein Be-
ſtimmen noch aͤuſſere Reflexion ſeyn, wodurch Beſtim-
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/227>, abgerufen am 23.02.2025.
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