Die an und für sich seyende Welt ist der bestimm- te Grund der erscheinenden Welt, und ist diß nur, inso- fern sie an ihr selbst das negative Moment und damit die Totalität der Inhaltsbestimmungen und ihrer Verände- rungen ist, welche der erscheinenden Welt entspricht, aber zugleich ihre durchaus entgegengesetzte Seite aus- macht. Beyde Welten verhalten sich also so zu einander, daß was in der erscheinenden Welt positiv, in der an und für sich seyenden Welt negativ, umgekehrt was in jener negativ, in dieser positiv ist. Der Nordpol in der erscheinenden Welt, ist an und für sich der Südpol, und umgekehrt; die positive Electricität ist an sich negative u. s. f. Was im erscheinenden Daseyn böse, Unglük u. s. f. ist, ist an und für sich gut und ein Glück *).
In der That ist gerade in diesem Gegensatz beyder Welten ihr Unterschied verschwunden, und was an und für sich seyende Welt seyn sollte, ist selbst erschei- nende Welt, und diese umgekehrt an ihr selbst wesentliche Welt. -- Die erscheinende Welt ist zunächst be- stimmt als die Reflexion in das Andersseyn, so daß ihre Bestimmungen und Existenzen in einem Andern ihren Grund und Bestehen haben; aber indem diß Andre gleich- falls ein solches in ein anderes reflectirtes ist, so beziehen sie sich darin nur auf ein sich aufhebendes An- deres, somit auf sich selbst; die erscheinende Welt ist hiemit an ihr selbst sich selbst gleiches Gesetz. --
Umge-
*) Vergl. Phänomenologie des Geistes. S. 88. ff.
Die Erſcheinung.
C. Aufloͤſung der Erſcheinung.
Die an und fuͤr ſich ſeyende Welt iſt der beſtimm- te Grund der erſcheinenden Welt, und iſt diß nur, inſo- fern ſie an ihr ſelbſt das negative Moment und damit die Totalitaͤt der Inhaltsbeſtimmungen und ihrer Veraͤnde- rungen iſt, welche der erſcheinenden Welt entſpricht, aber zugleich ihre durchaus entgegengeſetzte Seite aus- macht. Beyde Welten verhalten ſich alſo ſo zu einander, daß was in der erſcheinenden Welt poſitiv, in der an und fuͤr ſich ſeyenden Welt negativ, umgekehrt was in jener negativ, in dieſer poſitiv iſt. Der Nordpol in der erſcheinenden Welt, iſt an und fuͤr ſich der Suͤdpol, und umgekehrt; die poſitive Electricitaͤt iſt an ſich negative u. ſ. f. Was im erſcheinenden Daſeyn boͤſe, Ungluͤk u. ſ. f. iſt, iſt an und fuͤr ſich gut und ein Gluͤck *).
In der That iſt gerade in dieſem Gegenſatz beyder Welten ihr Unterſchied verſchwunden, und was an und fuͤr ſich ſeyende Welt ſeyn ſollte, iſt ſelbſt erſchei- nende Welt, und dieſe umgekehrt an ihr ſelbſt weſentliche Welt. — Die erſcheinende Welt iſt zunaͤchſt be- ſtimmt als die Reflexion in das Andersſeyn, ſo daß ihre Beſtimmungen und Exiſtenzen in einem Andern ihren Grund und Beſtehen haben; aber indem diß Andre gleich- falls ein ſolches in ein anderes reflectirtes iſt, ſo beziehen ſie ſich darin nur auf ein ſich aufhebendes An- deres, ſomit auf ſich ſelbſt; die erſcheinende Welt iſt hiemit an ihr ſelbſt ſich ſelbſt gleiches Geſetz. —
Umge-
*) Vergl. Phaͤnomenologie des Geiſtes. S. 88. ff.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><pbfacs="#f0195"n="183"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Die Erſcheinung</hi>.</fw><lb/><divn="5"><head><hirendition="#aq">C.</hi><lb/><hirendition="#g">Aufloͤſung der Erſcheinung</hi>.</head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Die an und fuͤr ſich ſeyende Welt iſt der <hirendition="#g">beſtimm-<lb/>
te</hi> Grund der erſcheinenden Welt, und iſt diß nur, inſo-<lb/>
fern ſie an ihr ſelbſt das negative Moment und damit die<lb/>
Totalitaͤt der Inhaltsbeſtimmungen und ihrer Veraͤnde-<lb/>
rungen iſt, welche der erſcheinenden Welt entſpricht,<lb/>
aber zugleich ihre durchaus entgegengeſetzte Seite aus-<lb/>
macht. Beyde Welten verhalten ſich alſo ſo zu einander,<lb/>
daß was in der erſcheinenden Welt poſitiv, in der an<lb/>
und fuͤr ſich ſeyenden Welt negativ, umgekehrt was in<lb/>
jener negativ, in dieſer poſitiv iſt. Der Nordpol in der<lb/>
erſcheinenden Welt, iſt <hirendition="#g">an und fuͤr ſich</hi> der Suͤdpol,<lb/>
und umgekehrt; die poſitive Electricitaͤt iſt <hirendition="#g">an ſich</hi> negative<lb/>
u. ſ. f. Was im erſcheinenden Daſeyn boͤſe, Ungluͤk u.<lb/>ſ. f. iſt, iſt <hirendition="#g">an und fuͤr ſich</hi> gut und ein Gluͤck <noteplace="foot"n="*)">Vergl. Phaͤnomenologie des Geiſtes. S. 88. ff.</note>.</p><lb/><p>In der That iſt gerade in dieſem Gegenſatz beyder<lb/>
Welten <hirendition="#g">ihr Unterſchied verſchwunden</hi>, und was<lb/>
an und fuͤr ſich ſeyende Welt ſeyn ſollte, iſt ſelbſt erſchei-<lb/>
nende Welt, und dieſe umgekehrt an ihr ſelbſt weſentliche<lb/>
Welt. — Die <hirendition="#g">erſcheinende Welt</hi> iſt zunaͤchſt be-<lb/>ſtimmt als die Reflexion in das Andersſeyn, ſo daß ihre<lb/>
Beſtimmungen und Exiſtenzen in einem Andern ihren<lb/>
Grund und Beſtehen haben; aber indem diß Andre gleich-<lb/>
falls ein ſolches <hirendition="#g">in ein anderes reflectirtes</hi> iſt,<lb/>ſo beziehen ſie ſich darin nur auf ein ſich aufhebendes An-<lb/>
deres, ſomit <hirendition="#g">auf ſich ſelbſt</hi>; die erſcheinende Welt iſt<lb/>
hiemit <hirendition="#g">an ihr ſelbſt</hi>ſich ſelbſt gleiches Geſetz. —<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Umge-</fw><lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[183/0195]
Die Erſcheinung.
C.
Aufloͤſung der Erſcheinung.
Die an und fuͤr ſich ſeyende Welt iſt der beſtimm-
te Grund der erſcheinenden Welt, und iſt diß nur, inſo-
fern ſie an ihr ſelbſt das negative Moment und damit die
Totalitaͤt der Inhaltsbeſtimmungen und ihrer Veraͤnde-
rungen iſt, welche der erſcheinenden Welt entſpricht,
aber zugleich ihre durchaus entgegengeſetzte Seite aus-
macht. Beyde Welten verhalten ſich alſo ſo zu einander,
daß was in der erſcheinenden Welt poſitiv, in der an
und fuͤr ſich ſeyenden Welt negativ, umgekehrt was in
jener negativ, in dieſer poſitiv iſt. Der Nordpol in der
erſcheinenden Welt, iſt an und fuͤr ſich der Suͤdpol,
und umgekehrt; die poſitive Electricitaͤt iſt an ſich negative
u. ſ. f. Was im erſcheinenden Daſeyn boͤſe, Ungluͤk u.
ſ. f. iſt, iſt an und fuͤr ſich gut und ein Gluͤck *).
In der That iſt gerade in dieſem Gegenſatz beyder
Welten ihr Unterſchied verſchwunden, und was
an und fuͤr ſich ſeyende Welt ſeyn ſollte, iſt ſelbſt erſchei-
nende Welt, und dieſe umgekehrt an ihr ſelbſt weſentliche
Welt. — Die erſcheinende Welt iſt zunaͤchſt be-
ſtimmt als die Reflexion in das Andersſeyn, ſo daß ihre
Beſtimmungen und Exiſtenzen in einem Andern ihren
Grund und Beſtehen haben; aber indem diß Andre gleich-
falls ein ſolches in ein anderes reflectirtes iſt,
ſo beziehen ſie ſich darin nur auf ein ſich aufhebendes An-
deres, ſomit auf ſich ſelbſt; die erſcheinende Welt iſt
hiemit an ihr ſelbſt ſich ſelbſt gleiches Geſetz. —
Umge-
*) Vergl. Phaͤnomenologie des Geiſtes. S. 88. ff.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/195>, abgerufen am 23.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.