Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.§. 215. Die Formen des völkerrechtlichen Verkehres. Steht ein Gesandter auch noch in einem dauernden Unterthans- d. Befreiung von der bürgerlichen Gerichtsbarkeit. 215. Nachdem sich einmal die Fiction einer Exterritorialität s. bei v. Ompteda §. 253. und bei v. Kamptz §. 228. Der letzte Versuch einer Anklage eines fremden Gesandten wurde 1765 von dem Chevalier D'Eon wider den französischen Ambassadeur de Guerchy gemacht, indessen scheint die Sache keinen Fortgang gehabt zu haben. Moser Versuch 419. Ward gedenkt dieses Falles nicht in seiner sorgfältigen Auseinandersetzung der Frage. 1 In diesem Falle befand sich Wicquefort selbst im Jahre 1675, wie Byn- kershoeck Cap. 18. §. 6. darlegt. 2 Die Erörterung dieses Punctes nach seinen inneren und geschichtlichen Gründen siehe bei Bynkershoeck de jud. compet.; sonstige Schriften bei v. Ompteda §. 265. und v. Kamptz §. 236. 3 Den Nachweis liefert Merlin Sect. V, §. 4. Nr. 1--9. Ward Eu- quiry II, 497. 23
§. 215. Die Formen des voͤlkerrechtlichen Verkehres. Steht ein Geſandter auch noch in einem dauernden Unterthans- d. Befreiung von der bürgerlichen Gerichtsbarkeit. 215. Nachdem ſich einmal die Fiction einer Exterritorialität ſ. bei v. Ompteda §. 253. und bei v. Kamptz §. 228. Der letzte Verſuch einer Anklage eines fremden Geſandten wurde 1765 von dem Chevalier D’Eon wider den franzöſiſchen Ambassadeur de Guerchy gemacht, indeſſen ſcheint die Sache keinen Fortgang gehabt zu haben. Moſer Verſuch 419. Ward gedenkt dieſes Falles nicht in ſeiner ſorgfältigen Auseinanderſetzung der Frage. 1 In dieſem Falle befand ſich Wicquefort ſelbſt im Jahre 1675, wie Byn- kershoeck Cap. 18. §. 6. darlegt. 2 Die Erörterung dieſes Punctes nach ſeinen inneren und geſchichtlichen Gründen ſiehe bei Bynkershoeck de jud. compet.; ſonſtige Schriften bei v. Ompteda §. 265. und v. Kamptz §. 236. 3 Den Nachweis liefert Merlin Sect. V, §. 4. Nr. 1—9. Ward Eu- quiry II, 497. 23
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <div n="6"> <pb facs="#f0377" n="353"/> <fw place="top" type="header">§. 215. <hi rendition="#g">Die Formen des voͤlkerrechtlichen Verkehres</hi>.</fw><lb/> <p>Steht ein Geſandter auch noch in einem dauernden Unterthans-<lb/> oder Dienſtverhältniß zu dem Staate, bei welchem er als Geſand-<lb/> ter einer anderen Macht accreditirt iſt, ſo kann jenem das Recht<lb/> der Beſtrafung durch das geſandtſchaftliche Verhältniß ſchwerlich<lb/> entzogen ſein. <note place="foot" n="1">In dieſem Falle befand ſich Wicquefort ſelbſt im Jahre 1675, wie Byn-<lb/> kershoeck Cap. 18. §. 6. darlegt.</note> Gewiß aber wird zuvor das Intereſſe des aus-<lb/> wärtigen Staates durch genommene Rückſprache mit demſelben vor<lb/> weiterem gerichtlichen Einſchreiten ſicher zu ſtellen ſein.</p> </div><lb/> <div n="6"> <head><hi rendition="#aq">d.</hi><hi rendition="#g">Befreiung von der bürgerlichen Gerichtsbarkeit</hi>.</head><lb/> <p>215. Nachdem ſich einmal die Fiction einer Exterritorialität<lb/> der Geſandten aufgethan hatte, konnte nun ihre Exemtion von der<lb/> bürgerlichen Gerichtsbarkeit in dem bereits §. 42. No. <hi rendition="#aq">VII.</hi> dar-<lb/> gelegten Umfang nicht ausbleiben. Zwar ſind die Meinungen hier-<lb/> über ſtets getheilter geweſen, als in Betreff der Strafgerichtsbar-<lb/> keit; <note place="foot" n="2">Die Erörterung dieſes Punctes nach ſeinen inneren und geſchichtlichen<lb/> Gründen ſiehe bei <hi rendition="#aq">Bynkershoeck de jud. compet.;</hi> ſonſtige Schriften bei<lb/> v. Ompteda §. 265. und v. Kamptz §. 236.</note> es würde auch, wie wir noch an einer anderen Stelle (§.<lb/> 202.) bemerkt haben, eine gaͤnzliche Exemtion in allen bürgerlichen<lb/> Streitſachen ohne Unterſchied aus der Natur der geſandtſchaftlichen<lb/> Miſſion nicht zu rechtfertigen ſein; indeſſen giebt es, ſo viel uns<lb/> bekannt, zur Zeit kein Land, in welchem noch andere Ausnahmen<lb/> von der Exemtion der Geſandten ſtatuirt würden, als die mit der<lb/> Exterritorialität an ſich verträglichen; <note place="foot" n="3">Den Nachweis liefert Merlin <hi rendition="#aq">Sect. V,</hi> §. 4. Nr. 1—9. <hi rendition="#aq">Ward Eu-<lb/> quiry II,</hi> 497.</note> ſo daß für jetzt jeder Streit<lb/> unerheblich oder niedergeſchlagen ſein dürfte. Aus dem theoretiſchen<lb/> Standpuncte laſſen ſich allerdings Bedenken erheben, ob dieſe all-<lb/> ſeitige Staatenpraxis nur auf einer precären Convenienz oder auf<lb/> einer Ueberzeugung von der inneren Nothwendigkeit des Principes<lb/> beruht; ob nicht alſo jeder Staat von der bisherigen Obſervanz<lb/><note xml:id="note-0377" prev="#note-0376" place="foot" n="2">ſ. bei v. Ompteda §. 253. und bei v. Kamptz §. 228. Der letzte Verſuch<lb/> einer Anklage eines fremden Geſandten wurde 1765 von dem Chevalier<lb/> D’Eon wider den franzöſiſchen <hi rendition="#aq">Ambassadeur de Guerchy</hi> gemacht, indeſſen<lb/> ſcheint die Sache keinen Fortgang gehabt zu haben. Moſer Verſuch 419.<lb/> Ward gedenkt dieſes Falles nicht in ſeiner ſorgfältigen Auseinanderſetzung<lb/> der Frage.</note><lb/> <fw place="bottom" type="sig">23</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [353/0377]
§. 215. Die Formen des voͤlkerrechtlichen Verkehres.
Steht ein Geſandter auch noch in einem dauernden Unterthans-
oder Dienſtverhältniß zu dem Staate, bei welchem er als Geſand-
ter einer anderen Macht accreditirt iſt, ſo kann jenem das Recht
der Beſtrafung durch das geſandtſchaftliche Verhältniß ſchwerlich
entzogen ſein. 1 Gewiß aber wird zuvor das Intereſſe des aus-
wärtigen Staates durch genommene Rückſprache mit demſelben vor
weiterem gerichtlichen Einſchreiten ſicher zu ſtellen ſein.
d. Befreiung von der bürgerlichen Gerichtsbarkeit.
215. Nachdem ſich einmal die Fiction einer Exterritorialität
der Geſandten aufgethan hatte, konnte nun ihre Exemtion von der
bürgerlichen Gerichtsbarkeit in dem bereits §. 42. No. VII. dar-
gelegten Umfang nicht ausbleiben. Zwar ſind die Meinungen hier-
über ſtets getheilter geweſen, als in Betreff der Strafgerichtsbar-
keit; 2 es würde auch, wie wir noch an einer anderen Stelle (§.
202.) bemerkt haben, eine gaͤnzliche Exemtion in allen bürgerlichen
Streitſachen ohne Unterſchied aus der Natur der geſandtſchaftlichen
Miſſion nicht zu rechtfertigen ſein; indeſſen giebt es, ſo viel uns
bekannt, zur Zeit kein Land, in welchem noch andere Ausnahmen
von der Exemtion der Geſandten ſtatuirt würden, als die mit der
Exterritorialität an ſich verträglichen; 3 ſo daß für jetzt jeder Streit
unerheblich oder niedergeſchlagen ſein dürfte. Aus dem theoretiſchen
Standpuncte laſſen ſich allerdings Bedenken erheben, ob dieſe all-
ſeitige Staatenpraxis nur auf einer precären Convenienz oder auf
einer Ueberzeugung von der inneren Nothwendigkeit des Principes
beruht; ob nicht alſo jeder Staat von der bisherigen Obſervanz
2
1 In dieſem Falle befand ſich Wicquefort ſelbſt im Jahre 1675, wie Byn-
kershoeck Cap. 18. §. 6. darlegt.
2 Die Erörterung dieſes Punctes nach ſeinen inneren und geſchichtlichen
Gründen ſiehe bei Bynkershoeck de jud. compet.; ſonſtige Schriften bei
v. Ompteda §. 265. und v. Kamptz §. 236.
3 Den Nachweis liefert Merlin Sect. V, §. 4. Nr. 1—9. Ward Eu-
quiry II, 497.
2 ſ. bei v. Ompteda §. 253. und bei v. Kamptz §. 228. Der letzte Verſuch
einer Anklage eines fremden Geſandten wurde 1765 von dem Chevalier
D’Eon wider den franzöſiſchen Ambassadeur de Guerchy gemacht, indeſſen
ſcheint die Sache keinen Fortgang gehabt zu haben. Moſer Verſuch 419.
Ward gedenkt dieſes Falles nicht in ſeiner ſorgfältigen Auseinanderſetzung
der Frage.
23
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |