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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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§. 196. Die Formen des völkerrechtlichen Verkehres.
eine conventionelle Aufhebung aller Förmlichkeit,
eine gegenseitige Abwechselung (Alternat),
der Gebrauch des Looses,
ein freiwilliges Nachgeben unter Vorbehalt oder gegen Revers,

oder endlich
eine gegenseitige Erklärung der Unverfänglichkeit.
Außerdem wird bei Besuchen das Gastrecht auf eine für den Gast
soviel als möglich zuvorkommende Weise ausgeübt; der Wirth giebt
dem Gast, selbst wenn er nur seines Gleichen ist, den Vorgang
und die main d'honneur.

Bei gemeinsamen Urkunden, wovon mehrere Ausfertigungen ge-
macht werden, setzt jeder Theil im Eingang und Context seine ei-
genen Titel und Bezeichnungen den fremden voran; in Betreff der
Unterschriften muß entweder einer der zuvor erwähnten Auswege
beliebt werden, oder jeder Theil unterschreibt nur das Exemplar des
anderen. 2

Courtoisie.

196. Alle Souveräne und demnächst auch die Mitglieder der
souveränen Familien haben ein Recht auf eine bestimmte Courtoi-
sie
, d. h. auf Ertheilung gewisser Titulaturen im gegenseitigen münd-
lichen oder schriftlichen Verkehr. Hierzu dienen die bereits §. 53.
IV. und §. 55. angezeigten Prädicate, welchen bei Anreden kein
anderes geringeres substituirt werden darf. Außerdem ist herge-
bracht, daß gekrönte Häupter sich unter einander den Bruder- und
Schwestertitel geben und ihn auch noch allen denen, welche Königli-
cher Ehren genießen, ertheilen. Dasselbe ist mit den Gemahlinnen
der Fall. 3 Nur zwischen dem Papst und den katholischen Fürsten
besteht ein anderer Styl; er empfängt von ihnen (auch wohl aus
Condescendenz von protestantischen Mächten) das Prädicat: Eure
Heiligkeit; und ertheilt den katholischen Fürsten das Prädicat: ge-
liebte Söhne. Ferner werden gekrönte Häupter, und nur sie,
durch Sire angeredet. 4 Alles Uebrige in der gegenseitigen Cour-
1

2 Moser Vers. VIII, 276. 277.
3 S. desselben Opusc. academ. p. 413.
4 Ueber den Gebrauch dieses Werkes vergl. Lünig, theatr. ceremoniale p.
20. 88.
1 Nur Ludwig XVIII. that es, dem Vernehmen nach, nicht, als er die al-
liirten Souveräne bei sich bewirthete.

§. 196. Die Formen des voͤlkerrechtlichen Verkehres.
eine conventionelle Aufhebung aller Förmlichkeit,
eine gegenſeitige Abwechſelung (Alternat),
der Gebrauch des Looſes,
ein freiwilliges Nachgeben unter Vorbehalt oder gegen Revers,

oder endlich
eine gegenſeitige Erklärung der Unverfänglichkeit.
Außerdem wird bei Beſuchen das Gaſtrecht auf eine für den Gaſt
ſoviel als möglich zuvorkommende Weiſe ausgeübt; der Wirth giebt
dem Gaſt, ſelbſt wenn er nur ſeines Gleichen iſt, den Vorgang
und die main d’honneur.

Bei gemeinſamen Urkunden, wovon mehrere Ausfertigungen ge-
macht werden, ſetzt jeder Theil im Eingang und Context ſeine ei-
genen Titel und Bezeichnungen den fremden voran; in Betreff der
Unterſchriften muß entweder einer der zuvor erwähnten Auswege
beliebt werden, oder jeder Theil unterſchreibt nur das Exemplar des
anderen. 2

Courtoiſie.

196. Alle Souveräne und demnächſt auch die Mitglieder der
ſouveränen Familien haben ein Recht auf eine beſtimmte Courtoi-
ſie
, d. h. auf Ertheilung gewiſſer Titulaturen im gegenſeitigen münd-
lichen oder ſchriftlichen Verkehr. Hierzu dienen die bereits §. 53.
IV. und §. 55. angezeigten Prädicate, welchen bei Anreden kein
anderes geringeres ſubſtituirt werden darf. Außerdem iſt herge-
bracht, daß gekrönte Häupter ſich unter einander den Bruder- und
Schweſtertitel geben und ihn auch noch allen denen, welche Königli-
cher Ehren genießen, ertheilen. Daſſelbe iſt mit den Gemahlinnen
der Fall. 3 Nur zwiſchen dem Papſt und den katholiſchen Fürſten
beſteht ein anderer Styl; er empfängt von ihnen (auch wohl aus
Condeſcendenz von proteſtantiſchen Mächten) das Prädicat: Eure
Heiligkeit; und ertheilt den katholiſchen Fürſten das Prädicat: ge-
liebte Söhne. Ferner werden gekrönte Häupter, und nur ſie,
durch Sire angeredet. 4 Alles Uebrige in der gegenſeitigen Cour-
1

2 Moſer Verſ. VIII, 276. 277.
3 S. deſſelben Opusc. academ. p. 413.
4 Ueber den Gebrauch dieſes Werkes vergl. Lünig, theatr. ceremoniale p.
20. 88.
1 Nur Ludwig XVIII. that es, dem Vernehmen nach, nicht, als er die al-
liirten Souveräne bei ſich bewirthete.
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[327/0351] §. 196. Die Formen des voͤlkerrechtlichen Verkehres. eine conventionelle Aufhebung aller Förmlichkeit, eine gegenſeitige Abwechſelung (Alternat), der Gebrauch des Looſes, ein freiwilliges Nachgeben unter Vorbehalt oder gegen Revers, oder endlich eine gegenſeitige Erklärung der Unverfänglichkeit. Außerdem wird bei Beſuchen das Gaſtrecht auf eine für den Gaſt ſoviel als möglich zuvorkommende Weiſe ausgeübt; der Wirth giebt dem Gaſt, ſelbſt wenn er nur ſeines Gleichen iſt, den Vorgang und die main d’honneur. Bei gemeinſamen Urkunden, wovon mehrere Ausfertigungen ge- macht werden, ſetzt jeder Theil im Eingang und Context ſeine ei- genen Titel und Bezeichnungen den fremden voran; in Betreff der Unterſchriften muß entweder einer der zuvor erwähnten Auswege beliebt werden, oder jeder Theil unterſchreibt nur das Exemplar des anderen. 2 Courtoiſie. 196. Alle Souveräne und demnächſt auch die Mitglieder der ſouveränen Familien haben ein Recht auf eine beſtimmte Courtoi- ſie, d. h. auf Ertheilung gewiſſer Titulaturen im gegenſeitigen münd- lichen oder ſchriftlichen Verkehr. Hierzu dienen die bereits §. 53. IV. und §. 55. angezeigten Prädicate, welchen bei Anreden kein anderes geringeres ſubſtituirt werden darf. Außerdem iſt herge- bracht, daß gekrönte Häupter ſich unter einander den Bruder- und Schweſtertitel geben und ihn auch noch allen denen, welche Königli- cher Ehren genießen, ertheilen. Daſſelbe iſt mit den Gemahlinnen der Fall. 3 Nur zwiſchen dem Papſt und den katholiſchen Fürſten beſteht ein anderer Styl; er empfängt von ihnen (auch wohl aus Condeſcendenz von proteſtantiſchen Mächten) das Prädicat: Eure Heiligkeit; und ertheilt den katholiſchen Fürſten das Prädicat: ge- liebte Söhne. Ferner werden gekrönte Häupter, und nur ſie, durch Sire angeredet. 4 Alles Uebrige in der gegenſeitigen Cour- 1 2 Moſer Verſ. VIII, 276. 277. 3 S. deſſelben Opusc. academ. p. 413. 4 Ueber den Gebrauch dieſes Werkes vergl. Lünig, theatr. ceremoniale p. 20. 88. 1 Nur Ludwig XVIII. that es, dem Vernehmen nach, nicht, als er die al- liirten Souveräne bei ſich bewirthete.

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/351>, abgerufen am 21.11.2024.