Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.Zweites Buch. §. 159. Juristische Idee der Kriegscontrebande. 159. Wenn es nun darauf ankommt einen allgemein giltigen Aus der vorausgeschickten geschichtlichen Skizze, aus den Ge- gehalten. In dem System der bewaffneten Neutralität von 1782. und 1800. ist keine Bestätigung dieser Ansicht zu finden. Es ist darin das Princip der Kriegscontrebande nicht negirt, sondern nur gegen willkührliche Ausdehnung gekämpft und eine Verständigung dieserhalb gefordert und vor- bereitet worden. 1 Ueber Versuche dieser Art vgl. man Jouffroy dr. mar. p. 102 ff., wo er die Ansichten früherer Publicisten einer Critik unterwirft. 2 So wird noch in dem Alliancevertrage Englands und Schwedens von
1661. Art. 12. von der Contrebande als von einem Verbrechen gesprochen, welches eine Strafe verdiene qualis summis criminibus debetur! Zweites Buch. §. 159. Juriſtiſche Idee der Kriegscontrebande. 159. Wenn es nun darauf ankommt einen allgemein giltigen Aus der vorausgeſchickten geſchichtlichen Skizze, aus den Ge- gehalten. In dem Syſtem der bewaffneten Neutralität von 1782. und 1800. iſt keine Beſtätigung dieſer Anſicht zu finden. Es iſt darin das Princip der Kriegscontrebande nicht negirt, ſondern nur gegen willkührliche Ausdehnung gekämpft und eine Verſtändigung dieſerhalb gefordert und vor- bereitet worden. 1 Ueber Verſuche dieſer Art vgl. man Jouffroy dr. mar. p. 102 ff., wo er die Anſichten früherer Publiciſten einer Critik unterwirft. 2 So wird noch in dem Alliancevertrage Englands und Schwedens von
1661. Art. 12. von der Contrebande als von einem Verbrechen geſprochen, welches eine Strafe verdiene qualis summis criminibus debetur! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0290" n="266"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweites Buch</hi>. §. 159.</fw><lb/> <div n="3"> <head>Juriſtiſche Idee der Kriegscontrebande.</head><lb/> <p>159. Wenn es nun darauf ankommt einen allgemein giltigen<lb/> Begriff der Kriegscontrebande wenigſtens für die europäiſchen und<lb/> damit in Verbindung ſtehenden europäiſirten Nationen feſtzuſtellen,<lb/> ſo kann dieſes nicht <hi rendition="#aq">a priori</hi> durch bloße Räſonnements aus der<lb/> Natur der Sache geſchehen, <note place="foot" n="1">Ueber Verſuche dieſer Art vgl. man Jouffroy <hi rendition="#aq">dr. mar. p.</hi> 102 ff., wo er<lb/> die Anſichten früherer Publiciſten einer Critik unterwirft.</note> die eben erſt gefunden werden ſoll,<lb/> ſondern lediglich auf hiſtoriſchem Wege. Es handelt ſich um ein<lb/> poſitives beſtimmtes Geſetz, woran unabhängige Mächte und de-<lb/> ren Unterthanen in Beziehung auf einen ihnen fremden Kriegsſtand<lb/> und in Anſehung einer ihnen ſonſt zuſtehenden Befugniß, nämlich<lb/> eines beliebigen Verkehrs und Handels mit jeder Nation, die ihn<lb/> ſelbſt nicht zurückweiſet, gebunden ſein ſollen. Ein ſolches Geſetz<lb/> kann nur das Product des Willens der Betheiligten ſein.</p><lb/> <p>Aus der vorausgeſchickten geſchichtlichen Skizze, aus den Ge-<lb/> ſetzen der einzelnen Völker und der Staatenpraxis tritt nun auf<lb/> das Beſtimmteſte die Idee entgegen: daß die Zufuhr von Kriegs-<lb/> contrebande an einen Kriegführenden eine <hi rendition="#g">ſtrafbare</hi> Handlung<lb/> hinſichtlich des Anderen ſei <note place="foot" n="2">So wird noch in dem Alliancevertrage Englands und Schwedens von<lb/> 1661. Art. 12. von der Contrebande als von einem Verbrechen geſprochen,<lb/> welches eine Strafe verdiene <hi rendition="#aq">qualis summis criminibus debetur!</hi></note> und deshalb wenigſtens zur Confis-<lb/> cation der Waare, ja ſelbſt zu weiterer Strafe gegen den wiſſent-<lb/> lich Zuführenden, der in der That begriffen wird, berechtige. Stra-<lb/> fen kann aber ein Staat bloß diejenigen Fremden, die er innerhalb<lb/> der legitimen Grenzen ſeiner Botmäßigkeit erreichen kann, alſo ent-<lb/> weder in ſeinem eigenen Gebiete oder in dem einſtweilig occupirten<lb/> feindlichen Gebiete. Soll er noch anderwärts, namentlich auf völ-<lb/> kerrechtlich freiem Gebiete, wie z. B. auf der See, dazu befugt<lb/> ſein, ſo gehört dazu die Erlaubniß derjenigen Mächte, unter deren<lb/> Schutz und Botmäßigkeit die Betheiligten ſtehen. Ohne dieſe Er-<lb/> laubniß darf zwar ein kriegführender Staat gegen neutrale Staats-<lb/><note xml:id="note-0290" prev="#note-0289" place="foot" n="4">gehalten. In dem Syſtem der bewaffneten Neutralität von 1782. und<lb/> 1800. iſt keine Beſtätigung dieſer Anſicht zu finden. Es iſt darin das<lb/> Princip der Kriegscontrebande nicht negirt, ſondern nur gegen willkührliche<lb/> Ausdehnung gekämpft und eine Verſtändigung dieſerhalb gefordert und vor-<lb/> bereitet worden.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [266/0290]
Zweites Buch. §. 159.
Juriſtiſche Idee der Kriegscontrebande.
159. Wenn es nun darauf ankommt einen allgemein giltigen
Begriff der Kriegscontrebande wenigſtens für die europäiſchen und
damit in Verbindung ſtehenden europäiſirten Nationen feſtzuſtellen,
ſo kann dieſes nicht a priori durch bloße Räſonnements aus der
Natur der Sache geſchehen, 1 die eben erſt gefunden werden ſoll,
ſondern lediglich auf hiſtoriſchem Wege. Es handelt ſich um ein
poſitives beſtimmtes Geſetz, woran unabhängige Mächte und de-
ren Unterthanen in Beziehung auf einen ihnen fremden Kriegsſtand
und in Anſehung einer ihnen ſonſt zuſtehenden Befugniß, nämlich
eines beliebigen Verkehrs und Handels mit jeder Nation, die ihn
ſelbſt nicht zurückweiſet, gebunden ſein ſollen. Ein ſolches Geſetz
kann nur das Product des Willens der Betheiligten ſein.
Aus der vorausgeſchickten geſchichtlichen Skizze, aus den Ge-
ſetzen der einzelnen Völker und der Staatenpraxis tritt nun auf
das Beſtimmteſte die Idee entgegen: daß die Zufuhr von Kriegs-
contrebande an einen Kriegführenden eine ſtrafbare Handlung
hinſichtlich des Anderen ſei 2 und deshalb wenigſtens zur Confis-
cation der Waare, ja ſelbſt zu weiterer Strafe gegen den wiſſent-
lich Zuführenden, der in der That begriffen wird, berechtige. Stra-
fen kann aber ein Staat bloß diejenigen Fremden, die er innerhalb
der legitimen Grenzen ſeiner Botmäßigkeit erreichen kann, alſo ent-
weder in ſeinem eigenen Gebiete oder in dem einſtweilig occupirten
feindlichen Gebiete. Soll er noch anderwärts, namentlich auf völ-
kerrechtlich freiem Gebiete, wie z. B. auf der See, dazu befugt
ſein, ſo gehört dazu die Erlaubniß derjenigen Mächte, unter deren
Schutz und Botmäßigkeit die Betheiligten ſtehen. Ohne dieſe Er-
laubniß darf zwar ein kriegführender Staat gegen neutrale Staats-
4
1 Ueber Verſuche dieſer Art vgl. man Jouffroy dr. mar. p. 102 ff., wo er
die Anſichten früherer Publiciſten einer Critik unterwirft.
2 So wird noch in dem Alliancevertrage Englands und Schwedens von
1661. Art. 12. von der Contrebande als von einem Verbrechen geſprochen,
welches eine Strafe verdiene qualis summis criminibus debetur!
4 gehalten. In dem Syſtem der bewaffneten Neutralität von 1782. und
1800. iſt keine Beſtätigung dieſer Anſicht zu finden. Es iſt darin das
Princip der Kriegscontrebande nicht negirt, ſondern nur gegen willkührliche
Ausdehnung gekämpft und eine Verſtändigung dieſerhalb gefordert und vor-
bereitet worden.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |