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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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Zweites Buch. §. 145.

Zweitens: wenn ein Staat allen kriegführenden Theilen die-
selben Vergünstigungen gewährt; oder zwar nur dem einen Theile,
jedoch vermöge früherer Verträge; oder mit ausdrücklicher Geneh-
migung des anderen Theiles; oder auch nur vorübergehend und
bona fide im Drange der Umstände.

Außer dieser qualitativen Verschiedenheit der Neutralität giebt
es auch eine quantitative, indem sie nämlich sowohl eine allge-
meine, dem Staat in seiner Gesamtheit zustehende oder nur eine
partielle, auf gewisse Theile oder Personen desselben beschränkte
sein kann. 1

Grund und Ende der Neutralität.

145. Das Recht der Neutralität versteht sich von vorn herein
bei jedem Theilnahmlosen ganz von selbst. Es kann aber auch ein
durch Verträge besonders garantirtes sein und dadurch seine eigen-
thümliche Grenzen erhalten, ja die Neutralität kann selbst eine noth-
wendige, durch Verträge auferlegte sein. Im letzteren Falle befin-
den sich z. B. nach den Verträgen von 1815 die Schweiz 2 und
die Stadt Cracau; 3 ferner nach neuerer Regulirung das König-
reich Belgien 4 gegen alle andere Staaten auf immerwährende
Zeiten. Wiederum giebt es Staaten, denen unter Umständen die
Annahme oder Beibehaltung der Neutralität unmöglich gemacht
ist, wie z. B. denjenigen die durch eine Familien-Alliance zu einer
vollständigen selbst offensiven Kriegshilfe zu Gunsten eines anderen
Staates verpflichtet sind, desgleichen denjenigen, welche zu einer
Staatenconföderation gehören, wenn diese einen Krieg unternimmt, 5
oder aber welche in dem Verhältniß einer Realunion zu einem an-

III. Du Mont. t. VI, P. II, p. 265; in dem dänischen schwedischen Kriege
v. 1658. 1659. hinsichtlich der Niederlande; im spanischen Successions-
kriege, hinsichtlich Dänemarks. Vgl. Nau's Völkerseerecht §. 233. 234.
1 Vgl. Moser, S. 154.
2 Declaration vom 20. März 1815. Acceptation der Schweizer Tagsatzung
vom 27. Mai d. J. Congreßacte Art. 84. 92. und Anerkennungsacte vom
20. Nvbr. 1815. de Martens Suppl. VI, 157. 173. 740.
3 Convention vom (21. April) 3. Mai 1815. Art. 6. und Congreßacte
Art. 118. de Martens l. c. p. 254. 429.
4 Separationsvertr. vom 15. Novbr. 1831. Art. 1. Nouv. recueil t. XI,
p.
394. und Vertrag v. 19. April 1839. Art. 7. Ebend. XVI, 777.
5 Vgl. für den deutschen Bund die Wiener Schlußacte Art. 41.
Zweites Buch. §. 145.

Zweitens: wenn ein Staat allen kriegführenden Theilen die-
ſelben Vergünſtigungen gewährt; oder zwar nur dem einen Theile,
jedoch vermöge früherer Verträge; oder mit ausdrücklicher Geneh-
migung des anderen Theiles; oder auch nur vorübergehend und
bona fide im Drange der Umſtände.

Außer dieſer qualitativen Verſchiedenheit der Neutralität giebt
es auch eine quantitative, indem ſie nämlich ſowohl eine allge-
meine, dem Staat in ſeiner Geſamtheit zuſtehende oder nur eine
partielle, auf gewiſſe Theile oder Perſonen deſſelben beſchränkte
ſein kann. 1

Grund und Ende der Neutralität.

145. Das Recht der Neutralität verſteht ſich von vorn herein
bei jedem Theilnahmloſen ganz von ſelbſt. Es kann aber auch ein
durch Verträge beſonders garantirtes ſein und dadurch ſeine eigen-
thümliche Grenzen erhalten, ja die Neutralität kann ſelbſt eine noth-
wendige, durch Verträge auferlegte ſein. Im letzteren Falle befin-
den ſich z. B. nach den Verträgen von 1815 die Schweiz 2 und
die Stadt Cracau; 3 ferner nach neuerer Regulirung das König-
reich Belgien 4 gegen alle andere Staaten auf immerwährende
Zeiten. Wiederum giebt es Staaten, denen unter Umſtänden die
Annahme oder Beibehaltung der Neutralität unmöglich gemacht
iſt, wie z. B. denjenigen die durch eine Familien-Alliance zu einer
vollſtändigen ſelbſt offenſiven Kriegshilfe zu Gunſten eines anderen
Staates verpflichtet ſind, desgleichen denjenigen, welche zu einer
Staatenconföderation gehören, wenn dieſe einen Krieg unternimmt, 5
oder aber welche in dem Verhältniß einer Realunion zu einem an-

III. Du Mont. t. VI, P. II, p. 265; in dem däniſchen ſchwediſchen Kriege
v. 1658. 1659. hinſichtlich der Niederlande; im ſpaniſchen Succeſſions-
kriege, hinſichtlich Dänemarks. Vgl. Nau’s Völkerſeerecht §. 233. 234.
1 Vgl. Moſer, S. 154.
2 Declaration vom 20. März 1815. Acceptation der Schweizer Tagſatzung
vom 27. Mai d. J. Congreßacte Art. 84. 92. und Anerkennungsacte vom
20. Nvbr. 1815. de Martens Suppl. VI, 157. 173. 740.
3 Convention vom (21. April) 3. Mai 1815. Art. 6. und Congreßacte
Art. 118. de Martens l. c. p. 254. 429.
4 Separationsvertr. vom 15. Novbr. 1831. Art. 1. Nouv. recueil t. XI,
p.
394. und Vertrag v. 19. April 1839. Art. 7. Ebend. XVI, 777.
5 Vgl. für den deutſchen Bund die Wiener Schlußacte Art. 41.
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[244/0268] Zweites Buch. §. 145. Zweitens: wenn ein Staat allen kriegführenden Theilen die- ſelben Vergünſtigungen gewährt; oder zwar nur dem einen Theile, jedoch vermöge früherer Verträge; oder mit ausdrücklicher Geneh- migung des anderen Theiles; oder auch nur vorübergehend und bona fide im Drange der Umſtände. Außer dieſer qualitativen Verſchiedenheit der Neutralität giebt es auch eine quantitative, indem ſie nämlich ſowohl eine allge- meine, dem Staat in ſeiner Geſamtheit zuſtehende oder nur eine partielle, auf gewiſſe Theile oder Perſonen deſſelben beſchränkte ſein kann. 1 Grund und Ende der Neutralität. 145. Das Recht der Neutralität verſteht ſich von vorn herein bei jedem Theilnahmloſen ganz von ſelbſt. Es kann aber auch ein durch Verträge beſonders garantirtes ſein und dadurch ſeine eigen- thümliche Grenzen erhalten, ja die Neutralität kann ſelbſt eine noth- wendige, durch Verträge auferlegte ſein. Im letzteren Falle befin- den ſich z. B. nach den Verträgen von 1815 die Schweiz 2 und die Stadt Cracau; 3 ferner nach neuerer Regulirung das König- reich Belgien 4 gegen alle andere Staaten auf immerwährende Zeiten. Wiederum giebt es Staaten, denen unter Umſtänden die Annahme oder Beibehaltung der Neutralität unmöglich gemacht iſt, wie z. B. denjenigen die durch eine Familien-Alliance zu einer vollſtändigen ſelbſt offenſiven Kriegshilfe zu Gunſten eines anderen Staates verpflichtet ſind, desgleichen denjenigen, welche zu einer Staatenconföderation gehören, wenn dieſe einen Krieg unternimmt, 5 oder aber welche in dem Verhältniß einer Realunion zu einem an- 2 1 Vgl. Moſer, S. 154. 2 Declaration vom 20. März 1815. Acceptation der Schweizer Tagſatzung vom 27. Mai d. J. Congreßacte Art. 84. 92. und Anerkennungsacte vom 20. Nvbr. 1815. de Martens Suppl. VI, 157. 173. 740. 3 Convention vom (21. April) 3. Mai 1815. Art. 6. und Congreßacte Art. 118. de Martens l. c. p. 254. 429. 4 Separationsvertr. vom 15. Novbr. 1831. Art. 1. Nouv. recueil t. XI, p. 394. und Vertrag v. 19. April 1839. Art. 7. Ebend. XVI, 777. 5 Vgl. für den deutſchen Bund die Wiener Schlußacte Art. 41. 2 III. Du Mont. t. VI, P. II, p. 265; in dem däniſchen ſchwediſchen Kriege v. 1658. 1659. hinſichtlich der Niederlande; im ſpaniſchen Succeſſions- kriege, hinſichtlich Dänemarks. Vgl. Nau’s Völkerſeerecht §. 233. 234.

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/268>, abgerufen am 21.11.2024.