Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.Zweites Buch. §. 132. verhältniß die etwanige Ausgleichung überläßt. Eine be-stimmte Grenze des Nehmens kann freilich nicht vorgeschrie- ben werden; es giebt im Kriege keine Dikäodosie; etwani- ges Uebermaaß kann nur durch Retaliation oder bei geän- dertem Kriegsglück durch nachtheiligere Bedingungen des Friedens compensirt werden. III. Sachen feindlicher Unterthanen, die sich beim Ausbruch des Krieges im eigenen Gebiet des andern kriegführenden Thei- les befanden und dessen Schutz bisher genossen, müssen ih- ren Eigenthümern auch ferner verbleiben, und dürfen ohne Verletzung von Treue und Glauben nicht weggenommen, son- dern höchstens einer Beschlagnahme unterworfen werden, wenn aus ihrer freien Verabfolgung der feindlichen Staats- gewalt ein Vortheil in Betreff der Kriegführung erwachsen könnte, so wie im Fall der Noth einer Benutzung zum ei- genen Vortheil. Weniger Rücksicht ist man solchen Privat- sachen schuldig, welche erst während des Krieges dem anderen Theile in die Hände fallen. Letzterer kann damit eben so ver- fahren, wie wenn sie sich im occupirten feindlichen Lande befänden. IV. Reine Zerstörungen und Beschädigungen feindlichen Eigen- thums gehören an sich nicht zu den Befugnissen des Sie- gers, wenn sie nicht, wie schon früher bemerkt wurde, durch die Kriegsräson gerechtfertigt werden. (§. 124.) Selbst Re- pressalien sollten wohl unter gebildeten Völkern in einer sol- chen Weise nicht geübt werden. Wirkliche Staatenpraxis. 132. Muß man auch der neueren Kriegspraxis das Zeugniß Was zuförderst die Rechte und das Vermögen der besiegten Zweites Buch. §. 132. verhältniß die etwanige Ausgleichung überläßt. Eine be-ſtimmte Grenze des Nehmens kann freilich nicht vorgeſchrie- ben werden; es giebt im Kriege keine Dikäodoſie; etwani- ges Uebermaaß kann nur durch Retaliation oder bei geän- dertem Kriegsglück durch nachtheiligere Bedingungen des Friedens compenſirt werden. III. Sachen feindlicher Unterthanen, die ſich beim Ausbruch des Krieges im eigenen Gebiet des andern kriegführenden Thei- les befanden und deſſen Schutz bisher genoſſen, müſſen ih- ren Eigenthümern auch ferner verbleiben, und dürfen ohne Verletzung von Treue und Glauben nicht weggenommen, ſon- dern höchſtens einer Beſchlagnahme unterworfen werden, wenn aus ihrer freien Verabfolgung der feindlichen Staats- gewalt ein Vortheil in Betreff der Kriegführung erwachſen könnte, ſo wie im Fall der Noth einer Benutzung zum ei- genen Vortheil. Weniger Rückſicht iſt man ſolchen Privat- ſachen ſchuldig, welche erſt während des Krieges dem anderen Theile in die Hände fallen. Letzterer kann damit eben ſo ver- fahren, wie wenn ſie ſich im occupirten feindlichen Lande befänden. IV. Reine Zerſtörungen und Beſchädigungen feindlichen Eigen- thums gehören an ſich nicht zu den Befugniſſen des Sie- gers, wenn ſie nicht, wie ſchon früher bemerkt wurde, durch die Kriegsräſon gerechtfertigt werden. (§. 124.) Selbſt Re- preſſalien ſollten wohl unter gebildeten Völkern in einer ſol- chen Weiſe nicht geübt werden. Wirkliche Staatenpraxis. 132. Muß man auch der neueren Kriegspraxis das Zeugniß Was zuförderſt die Rechte und das Vermögen der beſiegten <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <list> <item><pb facs="#f0246" n="222"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweites Buch</hi>. §. 132.</fw><lb/> verhältniß die etwanige Ausgleichung überläßt. 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Zweites Buch. §. 132.
verhältniß die etwanige Ausgleichung überläßt. Eine be-
ſtimmte Grenze des Nehmens kann freilich nicht vorgeſchrie-
ben werden; es giebt im Kriege keine Dikäodoſie; etwani-
ges Uebermaaß kann nur durch Retaliation oder bei geän-
dertem Kriegsglück durch nachtheiligere Bedingungen des
Friedens compenſirt werden.
III. Sachen feindlicher Unterthanen, die ſich beim Ausbruch des
Krieges im eigenen Gebiet des andern kriegführenden Thei-
les befanden und deſſen Schutz bisher genoſſen, müſſen ih-
ren Eigenthümern auch ferner verbleiben, und dürfen ohne
Verletzung von Treue und Glauben nicht weggenommen, ſon-
dern höchſtens einer Beſchlagnahme unterworfen werden,
wenn aus ihrer freien Verabfolgung der feindlichen Staats-
gewalt ein Vortheil in Betreff der Kriegführung erwachſen
könnte, ſo wie im Fall der Noth einer Benutzung zum ei-
genen Vortheil. Weniger Rückſicht iſt man ſolchen Privat-
ſachen ſchuldig, welche erſt während des Krieges dem anderen
Theile in die Hände fallen. Letzterer kann damit eben ſo ver-
fahren, wie wenn ſie ſich im occupirten feindlichen Lande
befänden.
IV. Reine Zerſtörungen und Beſchädigungen feindlichen Eigen-
thums gehören an ſich nicht zu den Befugniſſen des Sie-
gers, wenn ſie nicht, wie ſchon früher bemerkt wurde, durch
die Kriegsräſon gerechtfertigt werden. (§. 124.) Selbſt Re-
preſſalien ſollten wohl unter gebildeten Völkern in einer ſol-
chen Weiſe nicht geübt werden.
Wirkliche Staatenpraxis.
132. Muß man auch der neueren Kriegspraxis das Zeugniß
ertheilen, daß ſie auf dem Wege ſei, die vorſtehenden Grundſätze
zur Richtſchnur ihres Verhaltens zu nehmen, ſo hat ſie ſich den-
noch bisher zur keiner vollkommenen Folgerichtigkeit erhoben und
noch manchen Reſt des älteren Kriegsgebrauches beibehalten, auch
in der Theorie, vorzüglich der rein hiſtoriſchen Schule, ſtets ei-
nige Unterſtützung gefunden.
Was zuförderſt die Rechte und das Vermögen der beſiegten
Staatsgewalt betrifft, ſo hat man in der Praxis des letzten Jahr-
hunderts noch immer ſehr häufig das Recht der bloßen Invaſion
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