Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811.24 kr., und gerade so viel mußte er noch haben, um dem listigen Feind zum leztenmal Wort zu halten. Das war leicht zu errathen; aber folgende Aufgabe wird etwas mehr Nachdenken erfordern. Um die Osterzeit, wo jede Mutter ihren Kindern gerne mit ein paar gefärbten Eyern eine Freude macht, verkauft eine Händlerin an ihre Nachbarsfrau die Hälfte von allen Eyern, die sie hatte, und noch ein halbes Ey dazu. Aber wohlverstanden! es darf keins zerbrochen oder getheilt werden. Es kommt die zweyte, diese kauft vom Rest wieder die Hälfte, und ein halbes dazu. So die dritte und die vierte, jedesmal vom Rest die Hälfte, und ein halbes mehr. Am Ende hatte die Händlerin noch ein einziges Ey übrig. Jezt ist die Frage: wie groß war ihr Vorrath vom Anfang? - Mancherley Regen. Der beste Regen, meint der Adjunkt, sey doch immer der, mit welchem der Himmel unsere Felder und Weinberge tränkt, und den Segen fruchtbarer Zeiten sendet. Aber was sagen wir dazu, fragt der Adjunkt, wenn Schwefel oder Blut regnet, wenn Frösche, Steine oder gar Soldaten-Hüte regnen? 1. Schwefelregen. Nach den Gewittern im Frühjahr, wenn sie mit starken Regengüssen verbunden waren, sieht man oft am Rande der Lachen, die vom stehenden Regen-Wasser entstanden sind, ein gelbes Pulver, das wie kleingeriebener Schwefel aussieht. Nun meinen ohnehin noch 24 kr., und gerade so viel mußte er noch haben, um dem listigen Feind zum leztenmal Wort zu halten. Das war leicht zu errathen; aber folgende Aufgabe wird etwas mehr Nachdenken erfordern. Um die Osterzeit, wo jede Mutter ihren Kindern gerne mit ein paar gefärbten Eyern eine Freude macht, verkauft eine Händlerin an ihre Nachbarsfrau die Hälfte von allen Eyern, die sie hatte, und noch ein halbes Ey dazu. Aber wohlverstanden! es darf keins zerbrochen oder getheilt werden. Es kommt die zweyte, diese kauft vom Rest wieder die Hälfte, und ein halbes dazu. So die dritte und die vierte, jedesmal vom Rest die Hälfte, und ein halbes mehr. Am Ende hatte die Händlerin noch ein einziges Ey übrig. Jezt ist die Frage: wie groß war ihr Vorrath vom Anfang? – Mancherley Regen. Der beste Regen, meint der Adjunkt, sey doch immer der, mit welchem der Himmel unsere Felder und Weinberge tränkt, und den Segen fruchtbarer Zeiten sendet. Aber was sagen wir dazu, fragt der Adjunkt, wenn Schwefel oder Blut regnet, wenn Frösche, Steine oder gar Soldaten-Hüte regnen? 1. Schwefelregen. Nach den Gewittern im Frühjahr, wenn sie mit starken Regengüssen verbunden waren, sieht man oft am Rande der Lachen, die vom stehenden Regen-Wasser entstanden sind, ein gelbes Pulver, das wie kleingeriebener Schwefel aussieht. Nun meinen ohnehin noch <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0050" n="42"/> 24 kr., und gerade so viel mußte er noch haben, um dem listigen Feind zum leztenmal Wort zu halten. Das war leicht zu errathen; aber folgende Aufgabe wird etwas mehr Nachdenken erfordern.</p> <p>Um die Osterzeit, wo jede Mutter ihren Kindern gerne mit ein paar gefärbten Eyern eine Freude macht, verkauft eine Händlerin an ihre Nachbarsfrau die Hälfte von allen Eyern, die sie hatte, und noch ein halbes Ey dazu. Aber wohlverstanden! es darf keins zerbrochen oder getheilt werden. Es kommt die zweyte, diese kauft vom Rest wieder die Hälfte, und ein halbes dazu. So die dritte und die vierte, jedesmal vom Rest die Hälfte, und ein halbes mehr. Am Ende hatte die Händlerin noch ein einziges Ey übrig. Jezt ist die Frage: wie groß war ihr Vorrath vom Anfang? –</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> <div n="1"> <head>Mancherley Regen.</head><lb/> <p>Der beste Regen, meint der Adjunkt, sey doch immer der, mit welchem der Himmel unsere Felder und Weinberge tränkt, und den Segen fruchtbarer Zeiten sendet. Aber was sagen wir dazu, fragt der Adjunkt, wenn Schwefel oder Blut regnet, wenn Frösche, Steine oder gar Soldaten-Hüte regnen?</p> <div n="2"> <head>1.<lb/><hi rendition="#g">Schwefelregen.</hi></head><lb/> <p>Nach den Gewittern im Frühjahr, wenn sie mit starken Regengüssen verbunden waren, sieht man oft am Rande der Lachen, die vom stehenden Regen-Wasser entstanden sind, ein gelbes Pulver, das wie kleingeriebener Schwefel aussieht. Nun meinen ohnehin noch </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [42/0050]
24 kr., und gerade so viel mußte er noch haben, um dem listigen Feind zum leztenmal Wort zu halten. Das war leicht zu errathen; aber folgende Aufgabe wird etwas mehr Nachdenken erfordern.
Um die Osterzeit, wo jede Mutter ihren Kindern gerne mit ein paar gefärbten Eyern eine Freude macht, verkauft eine Händlerin an ihre Nachbarsfrau die Hälfte von allen Eyern, die sie hatte, und noch ein halbes Ey dazu. Aber wohlverstanden! es darf keins zerbrochen oder getheilt werden. Es kommt die zweyte, diese kauft vom Rest wieder die Hälfte, und ein halbes dazu. So die dritte und die vierte, jedesmal vom Rest die Hälfte, und ein halbes mehr. Am Ende hatte die Händlerin noch ein einziges Ey übrig. Jezt ist die Frage: wie groß war ihr Vorrath vom Anfang? –
Mancherley Regen.
Der beste Regen, meint der Adjunkt, sey doch immer der, mit welchem der Himmel unsere Felder und Weinberge tränkt, und den Segen fruchtbarer Zeiten sendet. Aber was sagen wir dazu, fragt der Adjunkt, wenn Schwefel oder Blut regnet, wenn Frösche, Steine oder gar Soldaten-Hüte regnen?
1.
Schwefelregen.
Nach den Gewittern im Frühjahr, wenn sie mit starken Regengüssen verbunden waren, sieht man oft am Rande der Lachen, die vom stehenden Regen-Wasser entstanden sind, ein gelbes Pulver, das wie kleingeriebener Schwefel aussieht. Nun meinen ohnehin noch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811/50 |
Zitationshilfe: | Hebel, Johann Peter: Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes. Tübingen, 1811, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hebel_schatzkaestlein_1811/50>, abgerufen am 22.02.2025. |