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Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 122, Hamburg, 1. August 1789.

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[Spaltenumbruch] setzen, daß derjenige, welcher künftig die öffentliche
Ruhe unter irgend einem Vorwand stöhren würde, der
Justiz übergehen, und bloß von selbiger bestraft werden
folle. Der König solle gebeten werden, seine Sanction
zu diesem Statute zu geben. Die Berathschlagung
über diese Angelegenheit ward den Büreaux überlassen,
um die Meynungen darüber zu hören.

Die Sitzung vom 21sten ward in der heiligen Lud-
wigskirche gehalten, weil der Versammlungssaal aus-
gebessert werden mußte. Jn dieser Sitzung compli-
mentirte eine Deputation vom Münzhofe die Ver-
sammlung. Der obengedachte Vorschlag des Herrn
Lally Tolendal ward wieder vorgenommen, aber wieder
zu den Büreaux geschickt. Die vorgefallenen traurigen
Auftritte, wovon ich bald reden werde, zeigen indessen,
wie nöthig es sey, über diesen Vorschlag eine schleu-
nige Resolution zu nehmen. Endlich ward in dieser
Sitzung ein von der Stadt Lyon gemachtes Arrete
vorgelesen, welches von folgendem wesentlichen Jnhalt
ist: "Die Stadt Lyon, bestürzt über die Verwei-
sung des Herrn Necker und die Entlassung des Herrn
von Montmorin, aber zugleich überzeugt, daß sich
Se. Majestät zu solchen beunruhigenden Handlungen
bloß deshalb entschlossen, weil man Höchstdieselben auf
eine unwürdige Art hintergangen hat, hält alle dieje-
nigen Menschen, die entartet genug gewesen, Se. Ma-
jestät zu solchen unterdrückenden, Dero bekannten Ge-
sinnungen entgegen laufenden Handlungen zu rathen,
alle Generale der Armee, Officiere und Soldaten,
welche vergessen, daß sie Bürger sind, und niederträch-
tig und strafbar genug seyn würden, dem Despotismus
ihre Hülfe zu leisten, für infam und für Verräther
des Vaterlandes. Sie erklärt, daß nach dem Jnhalte
des Arrete der Nationalversammlung vom 13ten, die
Minister und die bürgerlichen und militairischen Agen-
ten der Gewalt für alle Unternehmungen stehen sollen,
welche gegen die Rechte der Nation sind. Sollte die
Nationalversammlung gegen alle Erwartung mit Ge-
walt getrennt oder zerstreut werden, so erklärt sie, daß
von dem Tage an, da man von dieser Zerstreuung
Nachricht erhalten wird, die Einnahme aller Abgaben
aufhören solle und daß sie alle Glieder der National-
Versammlung unter ihren Schutz nehme, etc."

Am 22sten war keine Sitzung, aber die Berathschla-
gungen der Ausschüsse und Büreaux hatten Statt.

Die Sitzung vom 23sten, als gestern, war lang
und interessant. Sie hatte vorzüglich zum Gegenstand,
künftig den Abscheulichkeiten Einhalt zu thun, die den
Tag vorher in dieser Hauptadt vorgiengen, und wovon
ich sogleich reden werde. Der Graf von Mirabeau
sagte, daß es zur Erhaltung der guten Ordnung und
zur Unterdrückung aller gewaltthätigen Handlungen
in der Hauptstadt nothwendig sey, sogleich eine vor-
läufige Organisation von Municipalität einzurichten,
daß bey dem etablirten immerwährenden Rath und
den damit correspondirenden 60 Districten keine Ord-
nung und Harmonie herrsche, daß man zur Beobach-
tung dieser Ordnung und Harmonie vorläufig ein Con-
seil von 120 Gliedern auf dem Hotel de Ville ernennen
möchte, von welchem 2 aus jedem District genommen
würden; -- daß 60 Deputirte erwählt werden möch-
ten, die sich sogleich nach Paris begeben müßten; daß
[Spaltenumbruch] ein Deputirter sich heute nach jedem der 60 Districte
begeben, deren Mitglieder versammeln, und ihnen die
Nothwendigkeit des zu ernennenden Conseils erklären,
auch sogleich 2 Glieder in jedem Districte ernennen
müßte, welche das Conseil auf dem Hotel de Ville
ausmachen sollten. Dieser Vorschlag des Grafen von
Mirabeau ward von vielen gebilligt, von andern ver-
worfen, noch von andern in Ueberlegung genommen,
und noch gestern Abend ist spät darüber debattirt wor-
den. -- Herr, von Lally Tolendal brachte seinen Vor-
schlag, den er in der 20sten und 21sten Sitzung gethan,
wieder aufs Tapet, und auch über diesen ward noch
gestern Abend debattirt. -- Man empfieng auch in
dieser Sitzung Dank-Addressen von den Städten Bor-
deaux, Riom, Havre de Grace, die alle ihr Bedauern
über die Verweisung des Herrn Neckers äußern. Die
Kaufleute der verschiedenen Provinzen haben eine ähn-
liche Addresse übersandt, die zu Beaucaire versammelt
gewesen, und welche von mehr als 6000 unterzeichnet
war. Noch ward ein Brief des Grafen von St. Priest
abgelesen, worinn er Nachricht gab, der König habe
in der Nachbarschaft von Troyes 3 Regimenter Halte
machen lassen, damit sie sich dahin begeben könnten,
wo die Unruhen ihre Gegenwart erfordern möchten. --
Jn dieser Sitzung empfieng die Nationalversammlung
abermals Deputationen vom Parlement, von der
Rechnungskammer, von der Cour des Aides, &c. welche
ihren Dank für die getroffenen Maaßregeln abstatteten.




Herr Lambert, Marechal de Camp, eines der Glieder
des Kriegs-Conseils, welches der König aufgehoben hat,
und welcher unter dem Marschall von Broglio zum
Generalquartiermeister bestimmt war, ward am vori-
gen Dienstag, da er aus Paris gieng, von den Pa-
trouillen arretirt, und nach dem Hotel de Ville gebracht.
Eine große Menge des Pöbels hatte sich auf dem Platze
von Greve versammelt, und verlangte, daß er sogleich,
als ein Feind des Vaterlandes, gehenkt werden möchte.
Der Marquis de la Fayette und der Herr Bailly hatten
große Mühe, das Volk zurück zu halten, und erst in
der Nacht konnte man den Herrn Lambert fortgehen
lassen.

Herr Foulon, Staatsrath, der den Tag darauf nach
dem Hotel de Ville gebracht ward, war nicht so glück-
lich. Aber ehe ich von seinen traurigen und schieck-
lichen Auftritten rede, muß ich diesen Mann bekannter
machen. Herr Foulon war zuerst ein bloser Commis
bey den Lebensmitteln, nachher ward er stuffenweise
Kriegs-Commissarius, Jntendant bey den Armeen, und
Staatsrath. Er ward besonders durch Mesdames, die
Tanten des Königs, protegirt, und trachtete schon seit
3 Jahren nach der Stelle eines General-Controlleurs.
Das Publicum hielt ihn für einen harten Mann, und
wünschte ihm also diese Stelle nicht. Er war fast ver-
gessen, als er nach der Entlassung des Herrn Necker,
unter dem Marschall von Broglio zum Kriegsminister
ernannt ward, welche Stelle er nicht annehmen wollte.
Er hatte große Reichthümer gesammelt, und mehr als
600000 Livres jährlicher Einkünfte. Man glaubte, er
sey auf eine unrechtmäßige Weise zu diesem Reichthum
gekommen, und er ward allgemein gehaßt, selbst von
seinen Unterthanen auf seinen Gütern, denen er neu-

[Spaltenumbruch] ſetzen, daß derjenige, welcher kuͤnftig die oͤffentliche
Ruhe unter irgend einem Vorwand ſtoͤhren wuͤrde, der
Juſtiz uͤbergehen, und bloß von ſelbiger beſtraft werden
folle. Der Koͤnig ſolle gebeten werden, ſeine Sanction
zu dieſem Statute zu geben. Die Berathſchlagung
uͤber dieſe Angelegenheit ward den Buͤreaux uͤberlaſſen,
um die Meynungen daruͤber zu hoͤren.

Die Sitzung vom 21ſten ward in der heiligen Lud-
wigskirche gehalten, weil der Verſammlungsſaal aus-
gebeſſert werden mußte. Jn dieſer Sitzung compli-
mentirte eine Deputation vom Muͤnzhofe die Ver-
ſammlung. Der obengedachte Vorſchlag des Herrn
Lally Tolendal ward wieder vorgenommen, aber wieder
zu den Buͤreaux geſchickt. Die vorgefallenen traurigen
Auftritte, wovon ich bald reden werde, zeigen indeſſen,
wie noͤthig es ſey, uͤber dieſen Vorſchlag eine ſchleu-
nige Reſolution zu nehmen. Endlich ward in dieſer
Sitzung ein von der Stadt Lyon gemachtes Arreté
vorgeleſen, welches von folgendem weſentlichen Jnhalt
iſt: “Die Stadt Lyon, beſtuͤrzt uͤber die Verwei-
ſung des Herrn Necker und die Entlaſſung des Herrn
von Montmorin, aber zugleich uͤberzeugt, daß ſich
Se. Majeſtaͤt zu ſolchen beunruhigenden Handlungen
bloß deshalb entſchloſſen, weil man Hoͤchſtdieſelben auf
eine unwuͤrdige Art hintergangen hat, haͤlt alle dieje-
nigen Menſchen, die entartet genug geweſen, Se. Ma-
jeſtaͤt zu ſolchen unterdruͤckenden, Dero bekannten Ge-
ſinnungen entgegen laufenden Handlungen zu rathen,
alle Generale der Armee, Officiere und Soldaten,
welche vergeſſen, daß ſie Buͤrger ſind, und niedertraͤch-
tig und ſtrafbar genug ſeyn wuͤrden, dem Deſpotismus
ihre Huͤlfe zu leiſten, fuͤr infam und fuͤr Verraͤther
des Vaterlandes. Sie erklaͤrt, daß nach dem Jnhalte
des Arrete der Nationalverſammlung vom 13ten, die
Miniſter und die buͤrgerlichen und militairiſchen Agen-
ten der Gewalt fuͤr alle Unternehmungen ſtehen ſollen,
welche gegen die Rechte der Nation ſind. Sollte die
Nationalverſammlung gegen alle Erwartung mit Ge-
walt getrennt oder zerſtreut werden, ſo erklaͤrt ſie, daß
von dem Tage an, da man von dieſer Zerſtreuung
Nachricht erhalten wird, die Einnahme aller Abgaben
aufhoͤren ſolle und daß ſie alle Glieder der National-
Verſammlung unter ihren Schutz nehme, ꝛc.”

Am 22ſten war keine Sitzung, aber die Berathſchla-
gungen der Ausſchuͤſſe und Buͤreaux hatten Statt.

Die Sitzung vom 23ſten, als geſtern, war lang
und intereſſant. Sie hatte vorzuͤglich zum Gegenſtand,
kuͤnftig den Abſcheulichkeiten Einhalt zu thun, die den
Tag vorher in dieſer Hauptadt vorgiengen, und wovon
ich ſogleich reden werde. Der Graf von Mirabeau
ſagte, daß es zur Erhaltung der guten Ordnung und
zur Unterdruͤckung aller gewaltthaͤtigen Handlungen
in der Hauptſtadt nothwendig ſey, ſogleich eine vor-
laͤufige Organiſation von Municipalitaͤt einzurichten,
daß bey dem etablirten immerwaͤhrenden Rath und
den damit correſpondirenden 60 Diſtricten keine Ord-
nung und Harmonie herrſche, daß man zur Beobach-
tung dieſer Ordnung und Harmonie vorlaͤufig ein Con-
ſeil von 120 Gliedern auf dem Hotel de Ville ernennen
moͤchte, von welchem 2 aus jedem Diſtrict genommen
wuͤrden; — daß 60 Deputirte erwaͤhlt werden moͤch-
ten, die ſich ſogleich nach Paris begeben muͤßten; daß
[Spaltenumbruch] ein Deputirter ſich heute nach jedem der 60 Diſtricte
begeben, deren Mitglieder verſammeln, und ihnen die
Nothwendigkeit des zu ernennenden Conſeils erklaͤren,
auch ſogleich 2 Glieder in jedem Diſtricte ernennen
muͤßte, welche das Conſeil auf dem Hotel de Ville
ausmachen ſollten. Dieſer Vorſchlag des Grafen von
Mirabeau ward von vielen gebilligt, von andern ver-
worfen, noch von andern in Ueberlegung genommen,
und noch geſtern Abend iſt ſpaͤt daruͤber debattirt wor-
den. — Herr, von Lally Tolendal brachte ſeinen Vor-
ſchlag, den er in der 20ſten und 21ſten Sitzung gethan,
wieder aufs Tapet, und auch uͤber dieſen ward noch
geſtern Abend debattirt. — Man empfieng auch in
dieſer Sitzung Dank-Addreſſen von den Staͤdten Bor-
deaux, Riom, Havre de Grace, die alle ihr Bedauern
uͤber die Verweiſung des Herrn Neckers aͤußern. Die
Kaufleute der verſchiedenen Provinzen haben eine aͤhn-
liche Addreſſe uͤberſandt, die zu Beaucaire verſammelt
geweſen, und welche von mehr als 6000 unterzeichnet
war. Noch ward ein Brief des Grafen von St. Prieſt
abgeleſen, worinn er Nachricht gab, der Koͤnig habe
in der Nachbarſchaft von Troyes 3 Regimenter Halte
machen laſſen, damit ſie ſich dahin begeben koͤnnten,
wo die Unruhen ihre Gegenwart erfordern moͤchten. —
Jn dieſer Sitzung empfieng die Nationalverſammlung
abermals Deputationen vom Parlement, von der
Rechnungskammer, von der Cour des Aides, &c. welche
ihren Dank fuͤr die getroffenen Maaßregeln abſtatteten.




Herr Lambert, Marechal de Camp, eines der Glieder
des Kriegs-Conſeils, welches der Koͤnig aufgehoben hat,
und welcher unter dem Marſchall von Broglio zum
Generalquartiermeiſter beſtimmt war, ward am vori-
gen Dienſtag, da er aus Paris gieng, von den Pa-
trouillen arretirt, und nach dem Hotel de Ville gebracht.
Eine große Menge des Poͤbels hatte ſich auf dem Platze
von Greve verſammelt, und verlangte, daß er ſogleich,
als ein Feind des Vaterlandes, gehenkt werden moͤchte.
Der Marquis de la Fayette und der Herr Bailly hatten
große Muͤhe, das Volk zuruͤck zu halten, und erſt in
der Nacht konnte man den Herrn Lambert fortgehen
laſſen.

Herr Foulon, Staatsrath, der den Tag darauf nach
dem Hotel de Ville gebracht ward, war nicht ſo gluͤck-
lich. Aber ehe ich von ſeinen traurigen und ſchieck-
lichen Auftritten rede, muß ich dieſen Mann bekannter
machen. Herr Foulon war zuerſt ein bloſer Commis
bey den Lebensmitteln, nachher ward er ſtuffenweiſe
Kriegs-Commiſſarius, Jntendant bey den Armeen, und
Staatsrath. Er ward beſonders durch Mesdames, die
Tanten des Koͤnigs, protegirt, und trachtete ſchon ſeit
3 Jahren nach der Stelle eines General-Controlleurs.
Das Publicum hielt ihn fuͤr einen harten Mann, und
wuͤnſchte ihm alſo dieſe Stelle nicht. Er war faſt ver-
geſſen, als er nach der Entlaſſung des Herrn Necker,
unter dem Marſchall von Broglio zum Kriegsminiſter
ernannt ward, welche Stelle er nicht annehmen wollte.
Er hatte große Reichthuͤmer geſammelt, und mehr als
600000 Livres jährlicher Einkuͤnfte. Man glaubte, er
ſey auf eine unrechtmaͤßige Weiſe zu dieſem Reichthum
gekommen, und er ward allgemein gehaßt, ſelbſt von
ſeinen Unterthanen auf ſeinen Guͤtern, denen er neu-

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[[2]/0002] ſetzen, daß derjenige, welcher kuͤnftig die oͤffentliche Ruhe unter irgend einem Vorwand ſtoͤhren wuͤrde, der Juſtiz uͤbergehen, und bloß von ſelbiger beſtraft werden folle. Der Koͤnig ſolle gebeten werden, ſeine Sanction zu dieſem Statute zu geben. Die Berathſchlagung uͤber dieſe Angelegenheit ward den Buͤreaux uͤberlaſſen, um die Meynungen daruͤber zu hoͤren. Die Sitzung vom 21ſten ward in der heiligen Lud- wigskirche gehalten, weil der Verſammlungsſaal aus- gebeſſert werden mußte. Jn dieſer Sitzung compli- mentirte eine Deputation vom Muͤnzhofe die Ver- ſammlung. Der obengedachte Vorſchlag des Herrn Lally Tolendal ward wieder vorgenommen, aber wieder zu den Buͤreaux geſchickt. Die vorgefallenen traurigen Auftritte, wovon ich bald reden werde, zeigen indeſſen, wie noͤthig es ſey, uͤber dieſen Vorſchlag eine ſchleu- nige Reſolution zu nehmen. Endlich ward in dieſer Sitzung ein von der Stadt Lyon gemachtes Arreté vorgeleſen, welches von folgendem weſentlichen Jnhalt iſt: “Die Stadt Lyon, beſtuͤrzt uͤber die Verwei- ſung des Herrn Necker und die Entlaſſung des Herrn von Montmorin, aber zugleich uͤberzeugt, daß ſich Se. Majeſtaͤt zu ſolchen beunruhigenden Handlungen bloß deshalb entſchloſſen, weil man Hoͤchſtdieſelben auf eine unwuͤrdige Art hintergangen hat, haͤlt alle dieje- nigen Menſchen, die entartet genug geweſen, Se. Ma- jeſtaͤt zu ſolchen unterdruͤckenden, Dero bekannten Ge- ſinnungen entgegen laufenden Handlungen zu rathen, alle Generale der Armee, Officiere und Soldaten, welche vergeſſen, daß ſie Buͤrger ſind, und niedertraͤch- tig und ſtrafbar genug ſeyn wuͤrden, dem Deſpotismus ihre Huͤlfe zu leiſten, fuͤr infam und fuͤr Verraͤther des Vaterlandes. Sie erklaͤrt, daß nach dem Jnhalte des Arrete der Nationalverſammlung vom 13ten, die Miniſter und die buͤrgerlichen und militairiſchen Agen- ten der Gewalt fuͤr alle Unternehmungen ſtehen ſollen, welche gegen die Rechte der Nation ſind. Sollte die Nationalverſammlung gegen alle Erwartung mit Ge- walt getrennt oder zerſtreut werden, ſo erklaͤrt ſie, daß von dem Tage an, da man von dieſer Zerſtreuung Nachricht erhalten wird, die Einnahme aller Abgaben aufhoͤren ſolle und daß ſie alle Glieder der National- Verſammlung unter ihren Schutz nehme, ꝛc.” Am 22ſten war keine Sitzung, aber die Berathſchla- gungen der Ausſchuͤſſe und Buͤreaux hatten Statt. Die Sitzung vom 23ſten, als geſtern, war lang und intereſſant. Sie hatte vorzuͤglich zum Gegenſtand, kuͤnftig den Abſcheulichkeiten Einhalt zu thun, die den Tag vorher in dieſer Hauptadt vorgiengen, und wovon ich ſogleich reden werde. Der Graf von Mirabeau ſagte, daß es zur Erhaltung der guten Ordnung und zur Unterdruͤckung aller gewaltthaͤtigen Handlungen in der Hauptſtadt nothwendig ſey, ſogleich eine vor- laͤufige Organiſation von Municipalitaͤt einzurichten, daß bey dem etablirten immerwaͤhrenden Rath und den damit correſpondirenden 60 Diſtricten keine Ord- nung und Harmonie herrſche, daß man zur Beobach- tung dieſer Ordnung und Harmonie vorlaͤufig ein Con- ſeil von 120 Gliedern auf dem Hotel de Ville ernennen moͤchte, von welchem 2 aus jedem Diſtrict genommen wuͤrden; — daß 60 Deputirte erwaͤhlt werden moͤch- ten, die ſich ſogleich nach Paris begeben muͤßten; daß ein Deputirter ſich heute nach jedem der 60 Diſtricte begeben, deren Mitglieder verſammeln, und ihnen die Nothwendigkeit des zu ernennenden Conſeils erklaͤren, auch ſogleich 2 Glieder in jedem Diſtricte ernennen muͤßte, welche das Conſeil auf dem Hotel de Ville ausmachen ſollten. Dieſer Vorſchlag des Grafen von Mirabeau ward von vielen gebilligt, von andern ver- worfen, noch von andern in Ueberlegung genommen, und noch geſtern Abend iſt ſpaͤt daruͤber debattirt wor- den. — Herr, von Lally Tolendal brachte ſeinen Vor- ſchlag, den er in der 20ſten und 21ſten Sitzung gethan, wieder aufs Tapet, und auch uͤber dieſen ward noch geſtern Abend debattirt. — Man empfieng auch in dieſer Sitzung Dank-Addreſſen von den Staͤdten Bor- deaux, Riom, Havre de Grace, die alle ihr Bedauern uͤber die Verweiſung des Herrn Neckers aͤußern. Die Kaufleute der verſchiedenen Provinzen haben eine aͤhn- liche Addreſſe uͤberſandt, die zu Beaucaire verſammelt geweſen, und welche von mehr als 6000 unterzeichnet war. Noch ward ein Brief des Grafen von St. Prieſt abgeleſen, worinn er Nachricht gab, der Koͤnig habe in der Nachbarſchaft von Troyes 3 Regimenter Halte machen laſſen, damit ſie ſich dahin begeben koͤnnten, wo die Unruhen ihre Gegenwart erfordern moͤchten. — Jn dieſer Sitzung empfieng die Nationalverſammlung abermals Deputationen vom Parlement, von der Rechnungskammer, von der Cour des Aides, &c. welche ihren Dank fuͤr die getroffenen Maaßregeln abſtatteten. Herr Lambert, Marechal de Camp, eines der Glieder des Kriegs-Conſeils, welches der Koͤnig aufgehoben hat, und welcher unter dem Marſchall von Broglio zum Generalquartiermeiſter beſtimmt war, ward am vori- gen Dienſtag, da er aus Paris gieng, von den Pa- trouillen arretirt, und nach dem Hotel de Ville gebracht. Eine große Menge des Poͤbels hatte ſich auf dem Platze von Greve verſammelt, und verlangte, daß er ſogleich, als ein Feind des Vaterlandes, gehenkt werden moͤchte. Der Marquis de la Fayette und der Herr Bailly hatten große Muͤhe, das Volk zuruͤck zu halten, und erſt in der Nacht konnte man den Herrn Lambert fortgehen laſſen. Herr Foulon, Staatsrath, der den Tag darauf nach dem Hotel de Ville gebracht ward, war nicht ſo gluͤck- lich. Aber ehe ich von ſeinen traurigen und ſchieck- lichen Auftritten rede, muß ich dieſen Mann bekannter machen. Herr Foulon war zuerſt ein bloſer Commis bey den Lebensmitteln, nachher ward er ſtuffenweiſe Kriegs-Commiſſarius, Jntendant bey den Armeen, und Staatsrath. Er ward beſonders durch Mesdames, die Tanten des Koͤnigs, protegirt, und trachtete ſchon ſeit 3 Jahren nach der Stelle eines General-Controlleurs. Das Publicum hielt ihn fuͤr einen harten Mann, und wuͤnſchte ihm alſo dieſe Stelle nicht. Er war faſt ver- geſſen, als er nach der Entlaſſung des Herrn Necker, unter dem Marſchall von Broglio zum Kriegsminiſter ernannt ward, welche Stelle er nicht annehmen wollte. Er hatte große Reichthuͤmer geſammelt, und mehr als 600000 Livres jährlicher Einkuͤnfte. Man glaubte, er ſey auf eine unrechtmaͤßige Weiſe zu dieſem Reichthum gekommen, und er ward allgemein gehaßt, ſelbſt von ſeinen Unterthanen auf ſeinen Guͤtern, denen er neu-

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Zitationshilfe: Staats- und Gelehrte Zeitung des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 122, Hamburg, 1. August 1789, S. [2]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hc_1220108_1789/2>, abgerufen am 21.11.2024.