Staats- und Gelehrte Zeitung Des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 117, Hamburg, 23. Julii 1771.Mit allergnädigster Kayserlichen Freyheit. Staats- und
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Gelehrte Zei- [Abbildung] tung Des Hamburgischen unpartheyischen CORRESPONDENTEN. Anno 1771. (Am Dienstage, den 23 Julii.) Num. 117. [Beginn Spaltensatz]
Aus dem Archipelago, vom 25 Junii. Die Griechische Nation hat folgende merkwürdige Wünsche der Griechen an das christliche Europa. Die glücklichen Zeiten des alten Griechenlandes machen Wenn es aber wahr ist, daß Clima und Generation Sollte sich vielleicht wol jemand wundern, daß bey Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen Freyheit. Staats- und
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Gelehrte Zei- [Abbildung] tung Des Hamburgiſchen unpartheyiſchen CORRESPONDENTEN. Anno 1771. (Am Dienſtage, den 23 Julii.) Num. 117. [Beginn Spaltensatz]
Aus dem Archipelago, vom 25 Junii. Die Griechiſche Nation hat folgende merkwuͤrdige Wuͤnſche der Griechen an das chriſtliche Europa. Die gluͤcklichen Zeiten des alten Griechenlandes machen Wenn es aber wahr iſt, daß Clima und Generation Sollte ſich vielleicht wol jemand wundern, daß bey <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <titlePage type="main"> <imprimatur> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen Freyheit.</hi> </hi> </imprimatur><lb/> <docTitle> <titlePart type="main"> <hi rendition="#b">Staats- und<figure/>Gelehrte<lb/> <hi rendition="#in">Z</hi>ei- <figure/>tung</hi><lb/> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Des Hamburgiſchen unpartheyiſchen</hi> </hi><lb/> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i"><hi rendition="#in">C</hi>ORRESPONDENTEN.</hi> </hi> </hi> </titlePart> </docTitle><lb/> <docDate><hi rendition="#aq">Anno 1771.</hi><space dim="horizontal"/> (Am Dienſtage, den 23 Julii.)</docDate> <space dim="horizontal"/> <docTitle> <titlePart type="sub"> <hi rendition="#aq">Num. 117.</hi> </titlePart> </docTitle> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </titlePage><lb/> </front> <body> <cb type="start"/> <div type="jPoliticalNews"> <div type="jArticle"> <dateline> <hi rendition="#c #fr">Aus dem Archipelago, vom 25 Junii.</hi> </dateline><lb/> <p>Die Griechiſche Nation hat folgende merkwuͤrdige<lb/> Schrift aufſetzen laſſen, in welcher ſie dem chriſtlichen<lb/> Europa ihre Geſinnungen und Wuͤnſche bey den gegen-<lb/> waͤrtigen Zeiten, wo ſo ſtark vom Frieden geſprochen<lb/> wird, bekannt zu machen ſuchet. (Wir wollen ſelbige,<lb/> aus dem Italieniſchen uͤberſetzt, unſern Leſern nach und<lb/> nach mittheilen.) </p> </div><lb/> <div xml:id="ar002" type="jArticle"> <head> <hi rendition="#c #fr">Wuͤnſche der Griechen an das chriſtliche Europa.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">D</hi>ie gluͤcklichen Zeiten des alten Griechenlandes machen<lb/> in der Weltgeſchichte eine ſo beruͤhmte Epoche aus,<lb/> daß es nicht noͤthig iſt, hier zu wiederholen, wie dieſe<lb/> Laͤnder, welche jetzt durch das Betragen unſerer Tyran-<lb/> nen ein Schauplatz ſo vielen Elendes ſind, ehedem, da<lb/> unſere Vorfahren noch ihr freyes Vaterland regierten,<lb/> eines ſolchen Ruhms und eines ſo großen Gluͤcks genoſ-<lb/> ſen, als durch eine weiſe Geſetzgebung, durch eine ordent-<lb/> liche Verwaltung der Gerechtigkeit, durch die Erfahrung<lb/> im Kriegsweſen, durch die Kenntniß der ſchoͤnſten und<lb/> nuͤtzlichſten Wiſſenſchaften und Kuͤnſte, und vorzuͤglich<lb/> durch eine allgemeine Ausuͤbung aller Arten von oͤffent-<lb/> lichen und Privat-Tugenden, uͤber ein Volk zu kommen<lb/> pflegen. Eben ſo unnoͤthig wuͤrde es ſeyn, wenn wir<lb/> dasjenige, was dem ganzen Europa bekannt iſt, beſchrei-<lb/> ben wollten, in was fuͤr elenden Umſtaͤnden ſich naͤmlich<lb/> alle Griechiſche Chriſten befinden, ſeitdem ſie durch die<lb/> Schwaͤche der Fuͤrſten von Conſtantinopel unter das<lb/> Tuͤrkiſche Joch gerathen, und als niedrige Werkzeuge<lb/> ihrer Herren, ohne Geſetz, das ſie beſchuͤtzen koͤnnte,<lb/> in der Sclaverey ſeufzen, welche, von den Grundſaͤtzen<lb/> der Muhamedaniſchen Religion, die entweder bekehret,<lb/> oder zerſtoͤhret, eingenommen, ſie ſaͤmmtlich ſchon wuͤr-<lb/> den ausgerottet haben, wenn es ihnen ihr Intereſſe<lb/> eher, als jetzt, gerathen haͤtte.</p><lb/> <p>Wenn es aber wahr iſt, daß Clima und Generation<lb/> die natuͤrliche Beſchaffenheit der Menſchen beſtimmen,<lb/> welche Geſetze und gute Erziehung zum Guten unterrich-<lb/> ten und anreizen, ſo ſind die jetzigen Griechen von Natur<lb/><cb/> von denen nicht unterſchieden, welche ohnedem wegen<lb/> ihrer Tapferkeit ſo bekannt waren. 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Er<lb/> wundere ſich vielmehr daruͤber, wie es moͤglich ſey, daß<lb/> ſich noch ſo viele Griechen, bey einer ſo ungluͤcklichen<lb/> Situation, auf den Europaͤiſchen Univerſitaͤten finden,<lb/> um den Studien obzuliegen. Er erinnere ſich, daß alle<lb/> Kuͤnſte und das Commercium, wovon die Tuͤrken ſelbſt<lb/> ſubſiſtiren, in ihren Haͤnden ſind. Und wenn es jeman-<lb/> den befremdet, daß bey einem Volke, welches nun ſchon<lb/> ſeit drey Jahrhunderten in die Sclaverey gebracht, ver-<lb/> ſchiedene Menſchen ſind, welche von den Laſtern der<lb/> Knechte angeſteckt worden, den bitten wir, zu bedenken,<lb/> daß bey Leuten, welche in aͤhnlichen Umſtaͤnden leben,<lb/> alle hervorſtechende Tugend ein Verbrechen ſey; daß,<lb/> wenn Aufrichtigkeit und Muth durch eine ſchlechte Ein-<lb/> richtung der Regierung, die Menſchen ungluͤcklich machen,<lb/> die Enthaltung von allem Betruge, einen ſolchen He-<lb/> roiſmus erfordere, welchen man ſchwerlich von allen<lb/> hoffen kann; daß endlich eben dieſelbe Faͤhigkeit, welche<lb/> ſolche Laſter erfordern, nur einen Geſetzgeber erwarte,<lb/> der ſie alsdenn, wenn alle Buͤrger in der Ausuͤbung der<lb/><cb/> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[1]/0001]
Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen Freyheit.
Staats- und
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Gelehrte
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Des Hamburgiſchen unpartheyiſchen
CORRESPONDENTEN.
Anno 1771. (Am Dienſtage, den 23 Julii.) Num. 117.
Aus dem Archipelago, vom 25 Junii.
Die Griechiſche Nation hat folgende merkwuͤrdige
Schrift aufſetzen laſſen, in welcher ſie dem chriſtlichen
Europa ihre Geſinnungen und Wuͤnſche bey den gegen-
waͤrtigen Zeiten, wo ſo ſtark vom Frieden geſprochen
wird, bekannt zu machen ſuchet. (Wir wollen ſelbige,
aus dem Italieniſchen uͤberſetzt, unſern Leſern nach und
nach mittheilen.)
Wuͤnſche der Griechen an das chriſtliche Europa.
Die gluͤcklichen Zeiten des alten Griechenlandes machen
in der Weltgeſchichte eine ſo beruͤhmte Epoche aus,
daß es nicht noͤthig iſt, hier zu wiederholen, wie dieſe
Laͤnder, welche jetzt durch das Betragen unſerer Tyran-
nen ein Schauplatz ſo vielen Elendes ſind, ehedem, da
unſere Vorfahren noch ihr freyes Vaterland regierten,
eines ſolchen Ruhms und eines ſo großen Gluͤcks genoſ-
ſen, als durch eine weiſe Geſetzgebung, durch eine ordent-
liche Verwaltung der Gerechtigkeit, durch die Erfahrung
im Kriegsweſen, durch die Kenntniß der ſchoͤnſten und
nuͤtzlichſten Wiſſenſchaften und Kuͤnſte, und vorzuͤglich
durch eine allgemeine Ausuͤbung aller Arten von oͤffent-
lichen und Privat-Tugenden, uͤber ein Volk zu kommen
pflegen. Eben ſo unnoͤthig wuͤrde es ſeyn, wenn wir
dasjenige, was dem ganzen Europa bekannt iſt, beſchrei-
ben wollten, in was fuͤr elenden Umſtaͤnden ſich naͤmlich
alle Griechiſche Chriſten befinden, ſeitdem ſie durch die
Schwaͤche der Fuͤrſten von Conſtantinopel unter das
Tuͤrkiſche Joch gerathen, und als niedrige Werkzeuge
ihrer Herren, ohne Geſetz, das ſie beſchuͤtzen koͤnnte,
in der Sclaverey ſeufzen, welche, von den Grundſaͤtzen
der Muhamedaniſchen Religion, die entweder bekehret,
oder zerſtoͤhret, eingenommen, ſie ſaͤmmtlich ſchon wuͤr-
den ausgerottet haben, wenn es ihnen ihr Intereſſe
eher, als jetzt, gerathen haͤtte.
Wenn es aber wahr iſt, daß Clima und Generation
die natuͤrliche Beſchaffenheit der Menſchen beſtimmen,
welche Geſetze und gute Erziehung zum Guten unterrich-
ten und anreizen, ſo ſind die jetzigen Griechen von Natur
von denen nicht unterſchieden, welche ohnedem wegen
ihrer Tapferkeit ſo bekannt waren. Das Clima iſt noch
eben ſo, wie in den vergangenen Zeiten, beſchaffen, und
eben der Grundſatz einer gottesdienſtlichen Verfolgung,
welcher die Tuͤrken von allen andern Voͤlkern trennet,
hat beſonders dazu beygetragen, daß die alte Generation
bey den Griechen noch rein geblieben iſt. Es iſt alſo
kein Wunder, daß ſie ſich auch in einem Zeitraum von
318 ſclaviſchen Jahren noch nicht an dem Joche gewoͤh-
nen koͤnnen, und daß ſie in dem Ablauf einer ſo langen
Zeit niemals einige Gelegenheit unverſucht gelaſſen, wo
ſie nur hoffen konnten, nach Zerbrechung ihrer Feſſeln
entweder als ein freyes Volk, oder wenigſtens unter der
gemaͤßigten Regierung eines chriſtlichen Fuͤrſten ruhig
zu leben.
Sollte ſich vielleicht wol jemand wundern, daß bey
den Griechen, unter einer Barbariſchen Regierung, wo
Kenntniſſe entweder unnuͤtz, oder gefaͤhrlich ſind, Kuͤnſte
und Wiſſenſchaften nicht ſonderlich im Flor ſtehen? Er
wundere ſich vielmehr daruͤber, wie es moͤglich ſey, daß
ſich noch ſo viele Griechen, bey einer ſo ungluͤcklichen
Situation, auf den Europaͤiſchen Univerſitaͤten finden,
um den Studien obzuliegen. Er erinnere ſich, daß alle
Kuͤnſte und das Commercium, wovon die Tuͤrken ſelbſt
ſubſiſtiren, in ihren Haͤnden ſind. Und wenn es jeman-
den befremdet, daß bey einem Volke, welches nun ſchon
ſeit drey Jahrhunderten in die Sclaverey gebracht, ver-
ſchiedene Menſchen ſind, welche von den Laſtern der
Knechte angeſteckt worden, den bitten wir, zu bedenken,
daß bey Leuten, welche in aͤhnlichen Umſtaͤnden leben,
alle hervorſtechende Tugend ein Verbrechen ſey; daß,
wenn Aufrichtigkeit und Muth durch eine ſchlechte Ein-
richtung der Regierung, die Menſchen ungluͤcklich machen,
die Enthaltung von allem Betruge, einen ſolchen He-
roiſmus erfordere, welchen man ſchwerlich von allen
hoffen kann; daß endlich eben dieſelbe Faͤhigkeit, welche
ſolche Laſter erfordern, nur einen Geſetzgeber erwarte,
der ſie alsdenn, wenn alle Buͤrger in der Ausuͤbung der
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(2014-07-07T12:30:46Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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