Staats- und Gelehrte Zeitung Des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 115, Hamburg, 19. Julii 1771.Mit allergnädigster Kayserlichen Freyheit. Staats- und
[Abbildung]
Gelehrte Zei- [Abbildung] tung Des Hamburgischen unpartheyischen CORRESPONDENTEN. Anno 1771. (Am Freytage, den 19 Julii.) Num. 115. [Beginn Spaltensatz]
Rom, den 28 Junii. Der Cardinal Cavalchini will, als Decan des heiligen Der König von Portugall hat den Bischof von Pina- In eben diesem Consistorio hat der Pabst auch den Se. Heiligkeit sollen von den Conföderirten in Pohlen Mayland, den 29 Junii. Das Tribunal der heiligen Inquisition ist völlig auf- Beschluß der Nachrichten aus London, vom 9 Julii. Die Nachrichten von der großen Hungersnoth, welche "Als wir hier anlangten, fanden wir das Revier voller Gestern früh, um 8 Uhr, wurden 2 Missethäter zum Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen Freyheit. Staats- und
[Abbildung]
Gelehrte Zei- [Abbildung] tung Des Hamburgiſchen unpartheyiſchen CORRESPONDENTEN. Anno 1771. (Am Freytage, den 19 Julii.) Num. 115. [Beginn Spaltensatz]
Rom, den 28 Junii. Der Cardinal Cavalchini will, als Decan des heiligen Der Koͤnig von Portugall hat den Biſchof von Pina- In eben dieſem Conſiſtorio hat der Pabſt auch den Se. Heiligkeit ſollen von den Confoͤderirten in Pohlen Mayland, den 29 Junii. Das Tribunal der heiligen Inquiſition iſt voͤllig auf- Beſchluß der Nachrichten aus London, vom 9 Julii. Die Nachrichten von der großen Hungersnoth, welche “Als wir hier anlangten, fanden wir das Revier voller Geſtern fruͤh, um 8 Uhr, wurden 2 Miſſethaͤter zum <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <titlePage type="main"> <imprimatur> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen Freyheit.</hi> </hi> </imprimatur><lb/> <docTitle> <titlePart type="main"> <hi rendition="#b">Staats- und<figure/>Gelehrte<lb/> <hi rendition="#in">Z</hi>ei- <figure/>tung</hi><lb/> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">Des Hamburgiſchen unpartheyiſchen</hi> </hi><lb/> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#i"><hi rendition="#in">C</hi>ORRESPONDENTEN.</hi> </hi> </hi> </titlePart> </docTitle><lb/> <docDate><hi rendition="#aq">Anno 1771.</hi><space dim="horizontal"/> (Am Freytage, den 19 Julii.)</docDate> <space dim="horizontal"/> <docTitle> <titlePart type="sub"> <hi rendition="#aq">Num. 115.</hi> </titlePart> </docTitle> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </titlePage><lb/> </front> <body> <cb type="start"/> <div type="jPoliticalNews"> <div type="jArticle"> <dateline> <hi rendition="#c #fr">Rom, den 28 Junii.</hi> </dateline><lb/> <p>Der Cardinal Cavalchini will, als Decan des heiligen<lb/> Collegii, alle Cardinaͤle erſuchen, zu den Unkoſten der<lb/> Seligſprechung des verſtorbenen Cardinal Paolo Bu-<lb/> ralio, welcher der ganzen heiligen Geſellſchaft ſo viele<lb/> Ehre gemacht, das Ihrige mit beyzutragen.</p><lb/> <p>Der Koͤnig von Portugall hat den Biſchof von Pina-<lb/> ren, der im letzten Conſiſtorio praͤconiſirt worden, zum<lb/> Biſchof von Porto, an die Stelle des daſelbſt verſtor-<lb/> benen Biſchofs, ernannt.</p><lb/> <p>In eben dieſem Conſiſtorio hat der Pabſt auch den<lb/> Cardinaͤlen den Brief mitgetheilet, in welchem der Chal-<lb/> daͤiſche Patriarch Simon, welcher ſich mit 6 Biſchoͤfen<lb/> und 10000 ihm unterworfenen Familien, mit der Roͤ-<lb/> miſchen Kirche vereiniget, ſeinen Gehorſam erklaͤrt hat.</p><lb/> <p>Se. Heiligkeit ſollen von den Confoͤderirten in Pohlen<lb/> einen Brief erhalten haben, in welchem ſie melden, daß<lb/> ſie keinen neuen Nuntium annhemen wuͤrden. Es<lb/> ſolle aber auch der jetzige nicht eher nach Rom gehen,<lb/> bis ihnen wuͤrde bekannt gemacht werden, was fuͤr eine<lb/> Bedienung er wieder bekleiden ſolle.</p> </div><lb/> <div type="jArticle"> <dateline> <hi rendition="#c #fr">Mayland, den 29 Junii.</hi> </dateline><lb/> <p>Das Tribunal der heiligen Inquiſition iſt voͤllig auf-<lb/> gehoben; die Gefaͤngniſſe ſind niedergeriſſen, und die<lb/> Patente von den ſogenannten Kreuzgezeichneten zuruͤck-<lb/> gefordert worden.</p> </div><lb/> <div type="jArticle"> <head> <hi rendition="#c #fr">Beſchluß der Nachrichten aus London,</hi> </head><lb/> <dateline> <hi rendition="#c #fr">vom 9 Julii.</hi> </dateline><lb/> <p>Die Nachrichten von der großen Hungersnoth, welche<lb/> im vorigen Jahr in Bengalen gewuͤthet, ſind ſehr ge-<lb/> gruͤndet geweſen. Man lieſet von ſelbiger in einem<lb/> Schreiben aus Calcutta vom 30ſten Nov. 1770. Folgendes:</p><lb/> <p>“Als wir hier anlangten, fanden wir das Revier voller<lb/> todter menſchlicher Leichname. Sie ſchwammen auf dem<lb/> Waſſer wie Floͤße, und die Straßen der Stadt waren<lb/> ebenfalls mit Todten und Sterbenden angefuͤllet. Nie-<lb/> mand bemuͤhete ſich, ſie zu retten, oder ihnen einigen<lb/> Beyſtand zu leiſten. Die Menſchen, welche noch gehen,<lb/><cb/> und ſich Lebensmittel verſchaffen konnten, waren es<lb/> ſchon gewohnt, ihre elenden Mitbruͤder ohne Mitleiden<lb/> verſchmachten zu ſehen. Die Anzahl der Todten in Cal-<lb/> cutta allein erſtreckte ſich, ſo lange man eine Rechnung<lb/> daruͤber halten konnte, woͤchentlich aus 10 bis 11000;<lb/> nachgehends aber war die Zahl ſo groß, daß man ſie<lb/> nur alle Morgen zuſammenſammelte, und ſie in den<lb/> Fluß warf, ohne mehr eine Rechnung uͤber die Menge<lb/> halten zu koͤnnen. Ich bin ſelbſt durch die Straßen ge-<lb/> gangen, und habe 20 bis 30 Sterbende in ſelbiger ge-<lb/> funden. Ich habe Kinder an den leeren Bruͤſten ihrer<lb/> ſterbenden Muͤtter ſaugen, und Muͤtter auf den Straſ-<lb/> ſen gebaͤhren ſehen, die nachher mit der Frucht ihres<lb/> Leibes vor Hunger ſtarben. Die Hunde liefen mit Men-<lb/> ſchenknochen in den Oertern herum, und viele der<lb/> Sterbenden nagten an den ihnen zunaͤchſt liegenden tod-<lb/> ten Koͤrpern ihrer Mitbruͤder. Ueberhaupt iſt der dritte<lb/> Theil dieſes ſonſt ſo volkreichen Landes durch dieſe Noth<lb/> weggeraffet worden. Der Hunger hat zwar nunmehro<lb/> aufgehoͤret; allein, die Wirkungen deſſelben ſind noch<lb/> ſichtbar genug. Diejenigen, welche den Jammer uͤber-<lb/> lebet, koͤnnen ſich groͤßtentheils keine Verſorgung ſchaffen,<lb/> und ihre Anzahl iſt zu groß, als daß allen koͤnnte gehol-<lb/> fen werden. Der Geſtank ſo vieler Cadavern hat die<lb/> Luft angeſteckt, und Krankheiten auch ſelbſt unter den<lb/> Europaͤern verurſacht. Daruͤber aber beklagt man ſich<lb/> nicht; denn es ſind ihrer zu viele, welche auf Dienſte<lb/> warten, und froh ſind, daß Raum fuͤr ſie gemacht wird.”</p><lb/> <p>Geſtern fruͤh, um 8 Uhr, wurden 2 Miſſethaͤter zum<lb/> Galgen gefuͤhret, und an dem Orte, wo ſie ihr Verbre-<lb/> chen begangen, naͤmlich zu Bethnal Green, eine halbe<lb/> Stunde von London, da ſie den ungluͤcklichen Weber-<lb/> Geſellen Clarke ſteinigen helfen, gehenkt. Der eine<lb/> hieß Stroud, und war ein Gaͤrtner; der andere Camp-<lb/> bell, ein Seidenweber. Es war zwar beſtellt, daß ſich<lb/> eine große Menge der letztern verſammeln ſollte, um<lb/> dieſe Moͤrder aus den Haͤnden der Juſtiz zu reißen; allein,<lb/> die Sherifs hatten auch, ohne Soldaten zu gebrauchen,<lb/><cb/> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [[1]/0001]
Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen Freyheit.
Staats- und
[Abbildung]
Gelehrte
Zei-
[Abbildung]
tung
Des Hamburgiſchen unpartheyiſchen
CORRESPONDENTEN.
Anno 1771. (Am Freytage, den 19 Julii.) Num. 115.
Rom, den 28 Junii.
Der Cardinal Cavalchini will, als Decan des heiligen
Collegii, alle Cardinaͤle erſuchen, zu den Unkoſten der
Seligſprechung des verſtorbenen Cardinal Paolo Bu-
ralio, welcher der ganzen heiligen Geſellſchaft ſo viele
Ehre gemacht, das Ihrige mit beyzutragen.
Der Koͤnig von Portugall hat den Biſchof von Pina-
ren, der im letzten Conſiſtorio praͤconiſirt worden, zum
Biſchof von Porto, an die Stelle des daſelbſt verſtor-
benen Biſchofs, ernannt.
In eben dieſem Conſiſtorio hat der Pabſt auch den
Cardinaͤlen den Brief mitgetheilet, in welchem der Chal-
daͤiſche Patriarch Simon, welcher ſich mit 6 Biſchoͤfen
und 10000 ihm unterworfenen Familien, mit der Roͤ-
miſchen Kirche vereiniget, ſeinen Gehorſam erklaͤrt hat.
Se. Heiligkeit ſollen von den Confoͤderirten in Pohlen
einen Brief erhalten haben, in welchem ſie melden, daß
ſie keinen neuen Nuntium annhemen wuͤrden. Es
ſolle aber auch der jetzige nicht eher nach Rom gehen,
bis ihnen wuͤrde bekannt gemacht werden, was fuͤr eine
Bedienung er wieder bekleiden ſolle.
Mayland, den 29 Junii.
Das Tribunal der heiligen Inquiſition iſt voͤllig auf-
gehoben; die Gefaͤngniſſe ſind niedergeriſſen, und die
Patente von den ſogenannten Kreuzgezeichneten zuruͤck-
gefordert worden.
Beſchluß der Nachrichten aus London,
vom 9 Julii.
Die Nachrichten von der großen Hungersnoth, welche
im vorigen Jahr in Bengalen gewuͤthet, ſind ſehr ge-
gruͤndet geweſen. Man lieſet von ſelbiger in einem
Schreiben aus Calcutta vom 30ſten Nov. 1770. Folgendes:
“Als wir hier anlangten, fanden wir das Revier voller
todter menſchlicher Leichname. Sie ſchwammen auf dem
Waſſer wie Floͤße, und die Straßen der Stadt waren
ebenfalls mit Todten und Sterbenden angefuͤllet. Nie-
mand bemuͤhete ſich, ſie zu retten, oder ihnen einigen
Beyſtand zu leiſten. Die Menſchen, welche noch gehen,
und ſich Lebensmittel verſchaffen konnten, waren es
ſchon gewohnt, ihre elenden Mitbruͤder ohne Mitleiden
verſchmachten zu ſehen. Die Anzahl der Todten in Cal-
cutta allein erſtreckte ſich, ſo lange man eine Rechnung
daruͤber halten konnte, woͤchentlich aus 10 bis 11000;
nachgehends aber war die Zahl ſo groß, daß man ſie
nur alle Morgen zuſammenſammelte, und ſie in den
Fluß warf, ohne mehr eine Rechnung uͤber die Menge
halten zu koͤnnen. Ich bin ſelbſt durch die Straßen ge-
gangen, und habe 20 bis 30 Sterbende in ſelbiger ge-
funden. Ich habe Kinder an den leeren Bruͤſten ihrer
ſterbenden Muͤtter ſaugen, und Muͤtter auf den Straſ-
ſen gebaͤhren ſehen, die nachher mit der Frucht ihres
Leibes vor Hunger ſtarben. Die Hunde liefen mit Men-
ſchenknochen in den Oertern herum, und viele der
Sterbenden nagten an den ihnen zunaͤchſt liegenden tod-
ten Koͤrpern ihrer Mitbruͤder. Ueberhaupt iſt der dritte
Theil dieſes ſonſt ſo volkreichen Landes durch dieſe Noth
weggeraffet worden. Der Hunger hat zwar nunmehro
aufgehoͤret; allein, die Wirkungen deſſelben ſind noch
ſichtbar genug. Diejenigen, welche den Jammer uͤber-
lebet, koͤnnen ſich groͤßtentheils keine Verſorgung ſchaffen,
und ihre Anzahl iſt zu groß, als daß allen koͤnnte gehol-
fen werden. Der Geſtank ſo vieler Cadavern hat die
Luft angeſteckt, und Krankheiten auch ſelbſt unter den
Europaͤern verurſacht. Daruͤber aber beklagt man ſich
nicht; denn es ſind ihrer zu viele, welche auf Dienſte
warten, und froh ſind, daß Raum fuͤr ſie gemacht wird.”
Geſtern fruͤh, um 8 Uhr, wurden 2 Miſſethaͤter zum
Galgen gefuͤhret, und an dem Orte, wo ſie ihr Verbre-
chen begangen, naͤmlich zu Bethnal Green, eine halbe
Stunde von London, da ſie den ungluͤcklichen Weber-
Geſellen Clarke ſteinigen helfen, gehenkt. Der eine
hieß Stroud, und war ein Gaͤrtner; der andere Camp-
bell, ein Seidenweber. Es war zwar beſtellt, daß ſich
eine große Menge der letztern verſammeln ſollte, um
dieſe Moͤrder aus den Haͤnden der Juſtiz zu reißen; allein,
die Sherifs hatten auch, ohne Soldaten zu gebrauchen,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Britt-Marie Schuster, Manuel Wille, Arnika Lutz, Fabienne Wollny: Bereitstellung der Texttranskription.
(2014-07-07T12:30:46Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Weitere Informationen:Die Transkription erfolgte nach den unter http://www.deutschestextarchiv.de/doku/basisformat formulierten Richtlinien. Verfahren der Texterfassung: manuell (einfach erfasst). I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |