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Staats- und Gelehrte Zeitung Des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 108, Hamburg, 6. Julii 1771.

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Mit allergnädigster Kayserlichen Freyheit.
Staats- und [Abbildung] Gelehrte
Zei- [Abbildung] tung

Des Hamburgischen unpartheyischen
CORRESPONDENTEN.

Anno 1771.     (Am Sonnabend, den 6 Julii.)    
Num. 108.



[Beginn Spaltensatz]

Den 1sten dieses, früh um 7 Uhr, ist bey der
Smeinogorskischen Grube ein ziemlich starkes Erd-
beben verspüret worden. Die Richtung desselben
gieng von Mittag nach Norden, und die Erschütte-
rung war wellenförmig. Den Abend zuvor fiel das
Barometer um einen halben Zoll. Nachts wehete
ein heftiger Südwind, und um 3 Uhr, früh, fiel, nach-
dem sich der Wind gelegt hatte, auf ein Viertel Arschin
hoch Schnee. Noch den folgenden Morgen schneyete
es bey gelindem Wetter, und da der Himmel sich zu
Mittage wieder aufgekläret hatte, stieg das Barome-
ter um einen halben Zoll. Bis zum 5ten hatte man
gewöhnliche Winterkälte, und der Himmel blieb trübe
bey Nordwinden, auf die zuweilen Südwinde folgten.
An selbigem Tage nahm die Kälte zu, und war auf
dem Delilischen Thermometer 196 Grad; bis zum
14ten fiel das Quecksilber im Wetterglase niemals un-
ter 182 Grad. Hierauf stellte sich bey einem Süd-
winde gelindere Witterung ein. Bey der Semeno-
wischen Grube war diese Erschütterung, nach Erzäh-
lung von Augenzeugen, weit merklicher, indem nicht
nur Leute auf ihren Sitzen wankten, sondern auch
die Arbeiter in der Grube selbst die Heftigkeit dersel-
ben empfanden, welches dagegen bey Smeinogorsk
nicht bemerkt worden. Dem ungeachtet ist weder
in den Schachten, noch an den Gebäuden auf der
Erde, der geringste Schaden geschehen.


In unserer Stadt ist es jetzt etwas unruhig. Die
[Spaltenumbruch] Sheriffs-Wahl, wobey sich 5 Candidaten um die Er-
haltung des Amts streiten, ist Ursache davon. Herr
Wilkes hat bisher noch immer die meisten Stimmen.
Man muß aber das Ende abwarten. Die Wahl
kann noch wol bis kommenden Montag dauern. Man
will Entdeckungen gemacht haben, daß sich das Mi-
nisterium viele Mühe gäbe, und kein Geld spare, die
Wahl des Herrn Wilkes zu verhindern. Vermuth-
lich aber werden nur deswegen solche Entdeckungen
vorgegeben, um desto mehrere zu dem Entschluß zu
bringen, ihm ihre Stimme zu geben. Zu St. Ja-
mes sind wegen dieser Wahl einige Rathsversamm-
lungen gehalten worden. London ist jetzt gänzlich
in Partheyen zertheilet. Das Ministerium hält es
mit der schwächern Parthey, und die schwächere Par-
they des Adels hält es mit der stärkern Parthey der
Bürgerschaft von London.

Der König ist noch nicht ersuchet worden, einen
Tag anzusetzen, an welchem er die neue Remonstranz
annehmen will. Es wird aber nächstens geschehen;
und dann dürfte leicht eine Zeit bestimmt werden,
die dem Rathe sehr ungelegen wäre, nämlich die Zeit
der Installation der Ritter zu Windsor. Dieser
Ort ist 20 Meilen von hier entfernt, und die ganze
Cavalcade würde mit der Remonstranz dahin ziehen
müssen. Einige haben auch daher schon gerathen,
man möchte die ganze Sache unterlassen, da man
überdies doch nichts ausrichten würde.

Nächsten Montag wird der neugebohrne Prinz zu
St. James getauft werden. Die Königinn hat
gestern ihren Kirchgang in ihrem Zimmer gehalten,

Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen Freyheit.
Staats- und [Abbildung] Gelehrte
Zei- [Abbildung] tung

Des Hamburgiſchen unpartheyiſchen
CORRESPONDENTEN.

Anno 1771.     (Am Sonnabend, den 6 Julii.)    
Num. 108.



[Beginn Spaltensatz]

Den 1ſten dieſes, fruͤh um 7 Uhr, iſt bey der
Smeinogorskiſchen Grube ein ziemlich ſtarkes Erd-
beben verſpuͤret worden. Die Richtung deſſelben
gieng von Mittag nach Norden, und die Erſchuͤtte-
rung war wellenfoͤrmig. Den Abend zuvor fiel das
Barometer um einen halben Zoll. Nachts wehete
ein heftiger Suͤdwind, und um 3 Uhr, fruͤh, fiel, nach-
dem ſich der Wind gelegt hatte, auf ein Viertel Arſchin
hoch Schnee. Noch den folgenden Morgen ſchneyete
es bey gelindem Wetter, und da der Himmel ſich zu
Mittage wieder aufgeklaͤret hatte, ſtieg das Barome-
ter um einen halben Zoll. Bis zum 5ten hatte man
gewoͤhnliche Winterkaͤlte, und der Himmel blieb truͤbe
bey Nordwinden, auf die zuweilen Suͤdwinde folgten.
An ſelbigem Tage nahm die Kaͤlte zu, und war auf
dem Deliliſchen Thermometer 196 Grad; bis zum
14ten fiel das Queckſilber im Wetterglaſe niemals un-
ter 182 Grad. Hierauf ſtellte ſich bey einem Suͤd-
winde gelindere Witterung ein. Bey der Semeno-
wiſchen Grube war dieſe Erſchuͤtterung, nach Erzaͤh-
lung von Augenzeugen, weit merklicher, indem nicht
nur Leute auf ihren Sitzen wankten, ſondern auch
die Arbeiter in der Grube ſelbſt die Heftigkeit derſel-
ben empfanden, welches dagegen bey Smeinogorsk
nicht bemerkt worden. Dem ungeachtet iſt weder
in den Schachten, noch an den Gebaͤuden auf der
Erde, der geringſte Schaden geſchehen.


In unſerer Stadt iſt es jetzt etwas unruhig. Die
[Spaltenumbruch] Sheriffs-Wahl, wobey ſich 5 Candidaten um die Er-
haltung des Amts ſtreiten, iſt Urſache davon. Herr
Wilkes hat bisher noch immer die meiſten Stimmen.
Man muß aber das Ende abwarten. Die Wahl
kann noch wol bis kommenden Montag dauern. Man
will Entdeckungen gemacht haben, daß ſich das Mi-
niſterium viele Muͤhe gaͤbe, und kein Geld ſpare, die
Wahl des Herrn Wilkes zu verhindern. Vermuth-
lich aber werden nur deswegen ſolche Entdeckungen
vorgegeben, um deſto mehrere zu dem Entſchluß zu
bringen, ihm ihre Stimme zu geben. Zu St. Ja-
mes ſind wegen dieſer Wahl einige Rathsverſamm-
lungen gehalten worden. London iſt jetzt gaͤnzlich
in Partheyen zertheilet. Das Miniſterium haͤlt es
mit der ſchwaͤchern Parthey, und die ſchwaͤchere Par-
they des Adels haͤlt es mit der ſtaͤrkern Parthey der
Buͤrgerſchaft von London.

Der Koͤnig iſt noch nicht erſuchet worden, einen
Tag anzuſetzen, an welchem er die neue Remonſtranz
annehmen will. Es wird aber naͤchſtens geſchehen;
und dann duͤrfte leicht eine Zeit beſtimmt werden,
die dem Rathe ſehr ungelegen waͤre, naͤmlich die Zeit
der Inſtallation der Ritter zu Windſor. Dieſer
Ort iſt 20 Meilen von hier entfernt, und die ganze
Cavalcade wuͤrde mit der Remonſtranz dahin ziehen
muͤſſen. Einige haben auch daher ſchon gerathen,
man moͤchte die ganze Sache unterlaſſen, da man
uͤberdies doch nichts ausrichten wuͤrde.

Naͤchſten Montag wird der neugebohrne Prinz zu
St. James getauft werden. Die Koͤniginn hat
geſtern ihren Kirchgang in ihrem Zimmer gehalten,

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[[1]/0001] Mit allergnaͤdigſter Kayſerlichen Freyheit. Staats- und [Abbildung] Gelehrte Zei- [Abbildung] tung Des Hamburgiſchen unpartheyiſchen CORRESPONDENTEN. Anno 1771. (Am Sonnabend, den 6 Julii.) Num. 108. Aus den Koliwano-Woskreſenskiſchen Bergwerken, vom 29 Maͤrz. Den 1ſten dieſes, fruͤh um 7 Uhr, iſt bey der Smeinogorskiſchen Grube ein ziemlich ſtarkes Erd- beben verſpuͤret worden. Die Richtung deſſelben gieng von Mittag nach Norden, und die Erſchuͤtte- rung war wellenfoͤrmig. Den Abend zuvor fiel das Barometer um einen halben Zoll. Nachts wehete ein heftiger Suͤdwind, und um 3 Uhr, fruͤh, fiel, nach- dem ſich der Wind gelegt hatte, auf ein Viertel Arſchin hoch Schnee. Noch den folgenden Morgen ſchneyete es bey gelindem Wetter, und da der Himmel ſich zu Mittage wieder aufgeklaͤret hatte, ſtieg das Barome- ter um einen halben Zoll. Bis zum 5ten hatte man gewoͤhnliche Winterkaͤlte, und der Himmel blieb truͤbe bey Nordwinden, auf die zuweilen Suͤdwinde folgten. An ſelbigem Tage nahm die Kaͤlte zu, und war auf dem Deliliſchen Thermometer 196 Grad; bis zum 14ten fiel das Queckſilber im Wetterglaſe niemals un- ter 182 Grad. Hierauf ſtellte ſich bey einem Suͤd- winde gelindere Witterung ein. Bey der Semeno- wiſchen Grube war dieſe Erſchuͤtterung, nach Erzaͤh- lung von Augenzeugen, weit merklicher, indem nicht nur Leute auf ihren Sitzen wankten, ſondern auch die Arbeiter in der Grube ſelbſt die Heftigkeit derſel- ben empfanden, welches dagegen bey Smeinogorsk nicht bemerkt worden. Dem ungeachtet iſt weder in den Schachten, noch an den Gebaͤuden auf der Erde, der geringſte Schaden geſchehen. London, den 28 Junii. In unſerer Stadt iſt es jetzt etwas unruhig. Die Sheriffs-Wahl, wobey ſich 5 Candidaten um die Er- haltung des Amts ſtreiten, iſt Urſache davon. Herr Wilkes hat bisher noch immer die meiſten Stimmen. Man muß aber das Ende abwarten. Die Wahl kann noch wol bis kommenden Montag dauern. Man will Entdeckungen gemacht haben, daß ſich das Mi- niſterium viele Muͤhe gaͤbe, und kein Geld ſpare, die Wahl des Herrn Wilkes zu verhindern. Vermuth- lich aber werden nur deswegen ſolche Entdeckungen vorgegeben, um deſto mehrere zu dem Entſchluß zu bringen, ihm ihre Stimme zu geben. Zu St. Ja- mes ſind wegen dieſer Wahl einige Rathsverſamm- lungen gehalten worden. London iſt jetzt gaͤnzlich in Partheyen zertheilet. Das Miniſterium haͤlt es mit der ſchwaͤchern Parthey, und die ſchwaͤchere Par- they des Adels haͤlt es mit der ſtaͤrkern Parthey der Buͤrgerſchaft von London. Der Koͤnig iſt noch nicht erſuchet worden, einen Tag anzuſetzen, an welchem er die neue Remonſtranz annehmen will. Es wird aber naͤchſtens geſchehen; und dann duͤrfte leicht eine Zeit beſtimmt werden, die dem Rathe ſehr ungelegen waͤre, naͤmlich die Zeit der Inſtallation der Ritter zu Windſor. Dieſer Ort iſt 20 Meilen von hier entfernt, und die ganze Cavalcade wuͤrde mit der Remonſtranz dahin ziehen muͤſſen. Einige haben auch daher ſchon gerathen, man moͤchte die ganze Sache unterlaſſen, da man uͤberdies doch nichts ausrichten wuͤrde. Naͤchſten Montag wird der neugebohrne Prinz zu St. James getauft werden. Die Koͤniginn hat geſtern ihren Kirchgang in ihrem Zimmer gehalten,

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Britt-Marie Schuster, Manuel Wille, Arnika Lutz, Fabienne Wollny: Bereitstellung der Texttranskription. (2014-07-07T12:30:46Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.

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Zitationshilfe: Staats- und Gelehrte Zeitung Des Hamburgischen unpartheyischen Correspondenten. Nr. 108, Hamburg, 6. Julii 1771, S. [1]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hc_1080607_1771/1>, abgerufen am 21.11.2024.