Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

Bild:
<< vorherige Seite

Klagen.
wundter Hertzen triefft durch die trüben Augen/
zu Zeichen dieser Noht.

235. Kleid.

Das Kleid nennt sich von Leid/ weil Adam
nach dem Fall/ sich etwann zu verstecken mit Fei-
gen-Blätter decken/ gestifft das Sündenmahl.
Wie man das Federvolk von ihren Federn nen-
net; so wird ein Biedermann an seinem Kleid
erkennet. Das Kleid ist ein Antheil unsres leibli-
chen Wesens; weil es von unsrem Tufft durch-
geistert wird. Malvezzi in dem verfolgten Da-
vid.

Das Kleid ist ein äusserliches Anzeichen/ der
innerlichen Gemüts-Neigungen.

236. Kloster.

Das grosse Nonnen-Haus/ der Monichen
Aufenthalt/ der Gottesfurcht und Lehr/ Zucht/
Tugend/ Lieb und Ehr solt ihre Wohnung ha-
ben. Es ist die Einsamkeit der Laster nicht be-
freyt/ der Teuffel in der Wüsten befleckt mit bös-
sen Lüsten versuchend auch die Frommen/ die
sonst der Welt entnommen keusch/ heilig/ frey
und rein und sonder Wandel seyn/ daß sie vor
andern allen in der Versuchung fallen.

237. Klug. Klugheit.

Dieses Wort wird in guter und böser Mei-
nung gebraucht/ daher sagt der weise Mann:
Klugheit ist keine Weisheit/ wann man nemlich

GOTT
T 2

Klagen.
wundter Hertzen triefft durch die truͤben Augen/
zu Zeichen dieſer Noht.

235. Kleid.

Das Kleid nennt ſich von Leid/ weil Adam
nach dem Fall/ ſich etwann zu verſtecken mit Fei-
gen-Blaͤtter decken/ geſtifft das Suͤndenmahl.
Wie man das Federvolk von ihren Federn nen-
net; ſo wird ein Biedermann an ſeinem Kleid
erkennet. Das Kleid iſt ein Antheil unſres leibli-
chen Weſens; weil es von unſrem Tufft durch-
geiſtert wird. Malvezzi in dem verfolgten Da-
vid.

Das Kleid iſt ein aͤuſſerliches Anzeichen/ der
innerlichen Gemuͤts-Neigungen.

236. Kloſter.

Das groſſe Nonnen-Haus/ der Monichen
Aufenthalt/ der Gottesfurcht und Lehr/ Zucht/
Tugend/ Lieb und Ehr ſolt ihre Wohnung ha-
ben. Es iſt die Einſamkeit der Laſter nicht be-
freyt/ der Teuffel in der Wuͤſten befleckt mit boͤſ-
ſen Luͤſten verſuchend auch die Frommen/ die
ſonſt der Welt entnommen keuſch/ heilig/ frey
und rein und ſonder Wandel ſeyn/ daß ſie vor
andern allen in der Verſuchung fallen.

237. Klug. Klugheit.

Dieſes Wort wird in guter und boͤſer Mei-
nung gebraucht/ daher ſagt der weiſe Mann:
Klugheit iſt keine Weiſheit/ wann man nemlich

GOTT
T 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0323" n="293[291]"/><fw place="top" type="header">Klagen.</fw><lb/>
wundter Hertzen triefft durch die tru&#x0364;ben Augen/<lb/>
zu Zeichen die&#x017F;er Noht.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">235. Kleid.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>Das Kleid nennt &#x017F;ich von Leid/ weil Adam<lb/>
nach dem Fall/ &#x017F;ich etwann zu ver&#x017F;tecken mit Fei-<lb/>
gen-Bla&#x0364;tter decken/ ge&#x017F;tifft das Su&#x0364;ndenmahl.<lb/>
Wie man das Federvolk von ihren Federn nen-<lb/>
net; &#x017F;o wird ein Biedermann an &#x017F;einem Kleid<lb/>
erkennet. Das Kleid i&#x017F;t ein Antheil un&#x017F;res leibli-<lb/>
chen We&#x017F;ens; weil es von un&#x017F;rem Tufft durch-<lb/>
gei&#x017F;tert wird. <hi rendition="#aq">Malvezzi</hi> in dem verfolgten Da-<lb/>
vid.</p><lb/>
            <p>Das Kleid i&#x017F;t ein a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erliches Anzeichen/ der<lb/>
innerlichen Gemu&#x0364;ts-Neigungen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">236. Klo&#x017F;ter.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>Das gro&#x017F;&#x017F;e Nonnen-Haus/ der Monichen<lb/>
Aufenthalt/ der Gottesfurcht und Lehr/ Zucht/<lb/>
Tugend/ Lieb und Ehr &#x017F;olt ihre Wohnung ha-<lb/>
ben. Es i&#x017F;t die Ein&#x017F;amkeit der La&#x017F;ter nicht be-<lb/>
freyt/ der Teuffel in der Wu&#x0364;&#x017F;ten befleckt mit bo&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Lu&#x0364;&#x017F;ten ver&#x017F;uchend auch die Frommen/ die<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t der Welt entnommen keu&#x017F;ch/ heilig/ frey<lb/>
und rein und &#x017F;onder Wandel &#x017F;eyn/ daß &#x017F;ie vor<lb/>
andern allen in der Ver&#x017F;uchung fallen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">237. Klug. Klugheit.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>Die&#x017F;es Wort wird in guter und bo&#x0364;&#x017F;er Mei-<lb/>
nung gebraucht/ daher &#x017F;agt der wei&#x017F;e Mann:<lb/>
Klugheit i&#x017F;t keine Wei&#x017F;heit/ wann man nemlich<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">T 2</fw><fw place="bottom" type="catch">GOTT</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[293[291]/0323] Klagen. wundter Hertzen triefft durch die truͤben Augen/ zu Zeichen dieſer Noht. 235. Kleid. Das Kleid nennt ſich von Leid/ weil Adam nach dem Fall/ ſich etwann zu verſtecken mit Fei- gen-Blaͤtter decken/ geſtifft das Suͤndenmahl. Wie man das Federvolk von ihren Federn nen- net; ſo wird ein Biedermann an ſeinem Kleid erkennet. Das Kleid iſt ein Antheil unſres leibli- chen Weſens; weil es von unſrem Tufft durch- geiſtert wird. Malvezzi in dem verfolgten Da- vid. Das Kleid iſt ein aͤuſſerliches Anzeichen/ der innerlichen Gemuͤts-Neigungen. 236. Kloſter. Das groſſe Nonnen-Haus/ der Monichen Aufenthalt/ der Gottesfurcht und Lehr/ Zucht/ Tugend/ Lieb und Ehr ſolt ihre Wohnung ha- ben. Es iſt die Einſamkeit der Laſter nicht be- freyt/ der Teuffel in der Wuͤſten befleckt mit boͤſ- ſen Luͤſten verſuchend auch die Frommen/ die ſonſt der Welt entnommen keuſch/ heilig/ frey und rein und ſonder Wandel ſeyn/ daß ſie vor andern allen in der Verſuchung fallen. 237. Klug. Klugheit. Dieſes Wort wird in guter und boͤſer Mei- nung gebraucht/ daher ſagt der weiſe Mann: Klugheit iſt keine Weiſheit/ wann man nemlich GOTT T 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/323
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 293[291]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/323>, abgerufen am 21.12.2024.