Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.Keuschheit. Jch kasteye meinen Leib. Jn der Hand kan sie haben ein Sieb voll Was- Der Kihn/ oder Späne von Kiferholtz: Kinn 231. Kind. Es hat sich kaum entrissen aus seiner Mut- Der treuen Mutter Sorgen geleiten früh und morgen
Keuſchheit. Jch kaſteye meinen Leib. Jn der Hand kan ſie haben ein Sieb voll Waſ- Der Kihn/ oder Spaͤne von Kiferholtz: Kinn 231. Kind. Es hat ſich kaum entriſſen aus ſeiner Mut- Der treuen Mutter Sorgen geleiten fruͤh und morgen
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Keuſchheit.
Jch kaſteye meinen Leib.
Jn der Hand kan ſie haben ein Sieb voll Waſ-
ſers/ welches eine Veſtalin zu Bezeugung ihrer
Keuſchheit ohne Verluſt einiges Tropfens ſol
getragen haben. Andre mahlẽ ſie mit einer Schlã-
gen (den boͤſen Begierden) unter den Fuͤſſen/ und
einem Stucke Zimmetrinden in der Hand/ wel-
che lieblichen Geruch zwiſchen den deinern giebet/
mit bedecktem Angeſicht/ zu einem Zeichen der
Schamhafftigkeit.
Der Kihn/ oder Spaͤne von Kiferholtz: Kinn
Mentum. Kuͤhn audax.
231. Kind.
Es hat ſich kaum entriſſen aus ſeiner Mut-
ter-Leib/ da liebt das fromme Weib die Urſach
ihrer Schmertzen/ der Theil von ihrem Hertzen
ruht nun in ihrer Hand. Das Kind weint ohn
Verſtand/ mit Wintlen feſt gebunden/ als er ſich
kaum gewunden aus finſtrer Grufft und Nacht/
nun an den Tag gebracht/ beginnet es das Leben/
kan nichts als Threnen geben/ deß Jammeꝛs erſte
Zeichen. Die weiſſe Mutterbruſt/ iſt dieſes Weiſ-
leins Luſt/ den duͤrren Durſt zu ſtillen/ den Hun-
ger zu erfuͤllen bethrenend ſeinen Willen/ den es
nur deuten kan. Die Mutter lacht es an; erwei-
ſet ſich vergnuͤget in dem es voꝛ ihr liget/ mit dem
Getrank geſpeiſt ꝛc.
Der treuen Mutter Sorgen geleiten fruͤh und
morgen
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