Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653.

Bild:
<< vorherige Seite

Baum.
sen Baumen Schattenreich. Das Fruchtbeheng-
te Holtz behagt dem Gärtenmann. Die unge-
krümmten Sprossen sind drangs herfür geschos-
sen. Jhr tieffer Wurtzel Straus biß in den Ab-
grund reicht/ und einen Gipfel hat der sich den
Wolken gleicht. Flemming. Die ihr auf glatte
Rinden setzt/ pfropfet oder rimpft/ sagt wie aus
fremden Zweigen sich zahme Früchte Zeugen?
Deß alten Stämmers Wurtzelsafft giebt dem
jungen Reißlein Krafft etc. Der Baum ist Wur-
tzelreich/ mit grünem Haar bewachsen. Der
Schäfer Jahr- und Liebes-Bücher. Der Birken
zarte Rinden. Der Baum stammet/ astet/ zwei-
get/ sprosset/ blühet/ fruchtet. Deß Waltes grü-
ne Sutzen/ das frische Wald Gebälke/ in der Wäl-
der Reich berindet/ der Baumen grünes Haar
befalbt der herbe Herbst.

Jeder Baum hat seine sondere Deutung/ wel-
che alle hierherzusetzen zulang fallen möchte.

36. Baue/ Baukunst.

Einen Bau aufführen/ aufrichten/ erheben/
setzen/ vollführen Fach und Dach/ er sparte noch
Verstand/ noch Gelt an dem Palast/ er legt den
tieffen Grund/ setzt grosse Mauerstein/ erhebt das
gantze Werk/ wie ershat bedacht/ steigt mit dem
Maurgebänd' an das abhange Dach/ und rich-
tet seinen Först/ der steht der Wetter für es
mangelt keiner Zier/ Schlösser aufführen/ mit

Wolken

Baum.
ſen Baumen Schattenreich. Das Fꝛuchtbeheng-
te Holtz behagt dem Gaͤrtenmann. Die unge-
kruͤmmten Sproſſen ſind drangs herfuͤr geſchoſ-
ſen. Jhr tieffer Wurtzel Straus biß in den Ab-
grund reicht/ und einen Gipfel hat der ſich den
Wolken gleicht. Flemming. Die ihr auf glatte
Rinden ſetzt/ pfropfet oder rimpft/ ſagt wie aus
fremden Zweigen ſich zahme Fruͤchte Zeugen?
Deß alten Staͤmmers Wurtzelſafft giebt dem
jungen Reißlein Krafft ꝛc. Der Baum iſt Wur-
tzelreich/ mit gruͤnem Haar bewachſen. Der
Schaͤfer Jahr- und Liebes-Buͤcher. Der Birken
zarte Rinden. Der Baum ſtammet/ aſtet/ zwei-
get/ ſproſſet/ bluͤhet/ fruchtet. Deß Waltes gruͤ-
ne Sutzen/ das friſche Wald Gebaͤlke/ in der Waͤl-
der Reich berindet/ der Baumen gruͤnes Haar
befalbt der herbe Herbſt.

Jeder Baum hat ſeine ſondere Deutung/ wel-
che alle hierherzuſetzen zulang fallen moͤchte.

36. Baue/ Baukunſt.

Einen Bau auffuͤhren/ aufrichten/ erheben/
ſetzen/ vollfuͤhren Fach und Dach/ er ſparte noch
Verſtand/ noch Gelt an dem Palaſt/ er legt den
tieffen Grund/ ſetzt groſſe Mauerſtein/ erhebt das
gantze Werk/ wie ershat bedacht/ ſteigt mit dem
Maurgebaͤnd’ an das abhange Dach/ und rich-
tet ſeinen Foͤrſt/ der ſteht der Wetter fuͤr es
mangelt keiner Zier/ Schloͤſſer auffuͤhren/ mit

Wolken
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0172" n="140"/><fw place="top" type="header">Baum.</fw><lb/>
&#x017F;en Baumen Schattenreich. Das F&#xA75B;uchtbeheng-<lb/>
te Holtz behagt dem Ga&#x0364;rtenmann. Die unge-<lb/>
kru&#x0364;mmten Spro&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ind drangs herfu&#x0364;r ge&#x017F;cho&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en. Jhr tieffer Wurtzel Straus biß in den Ab-<lb/>
grund reicht/ und einen Gipfel hat der &#x017F;ich den<lb/>
Wolken gleicht. <hi rendition="#fr">Flemming.</hi> Die ihr auf glatte<lb/>
Rinden &#x017F;etzt/ pfropfet oder rimpft/ &#x017F;agt wie aus<lb/>
fremden Zweigen &#x017F;ich zahme Fru&#x0364;chte Zeugen?<lb/>
Deß alten Sta&#x0364;mmers Wurtzel&#x017F;afft giebt dem<lb/>
jungen Reißlein Krafft &#xA75B;c. Der Baum i&#x017F;t Wur-<lb/>
tzelreich/ mit gru&#x0364;nem Haar bewach&#x017F;en. Der<lb/>
Scha&#x0364;fer Jahr- und Liebes-Bu&#x0364;cher. Der Birken<lb/>
zarte Rinden. Der Baum &#x017F;tammet/ a&#x017F;tet/ zwei-<lb/>
get/ &#x017F;pro&#x017F;&#x017F;et/ blu&#x0364;het/ fruchtet. Deß Waltes gru&#x0364;-<lb/>
ne Sutzen/ das fri&#x017F;che Wald Geba&#x0364;lke/ in der Wa&#x0364;l-<lb/>
der Reich berindet/ der Baumen gru&#x0364;nes Haar<lb/>
befalbt der herbe Herb&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Jeder Baum hat &#x017F;eine &#x017F;ondere Deutung/ wel-<lb/>
che alle hierherzu&#x017F;etzen zulang fallen mo&#x0364;chte.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">36. Baue/ Baukun&#x017F;t.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p>Einen Bau auffu&#x0364;hren/ aufrichten/ erheben/<lb/>
&#x017F;etzen/ vollfu&#x0364;hren Fach und Dach/ er &#x017F;parte noch<lb/>
Ver&#x017F;tand/ noch Gelt an dem Pala&#x017F;t/ er legt den<lb/>
tieffen Grund/ &#x017F;etzt gro&#x017F;&#x017F;e Mauer&#x017F;tein/ erhebt das<lb/>
gantze Werk/ wie ershat bedacht/ &#x017F;teigt mit dem<lb/>
Maurgeba&#x0364;nd&#x2019; an das abhange Dach/ und rich-<lb/>
tet &#x017F;einen <hi rendition="#fr">Fo&#x0364;r&#x017F;t/</hi> der <hi rendition="#fr">&#x017F;teht</hi> der <hi rendition="#fr">Wetter fu&#x0364;r</hi> es<lb/>
mangelt keiner Zier/ Schlo&#x0364;&#x017F;&#x017F;er auffu&#x0364;hren/ mit<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wolken</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[140/0172] Baum. ſen Baumen Schattenreich. Das Fꝛuchtbeheng- te Holtz behagt dem Gaͤrtenmann. Die unge- kruͤmmten Sproſſen ſind drangs herfuͤr geſchoſ- ſen. Jhr tieffer Wurtzel Straus biß in den Ab- grund reicht/ und einen Gipfel hat der ſich den Wolken gleicht. Flemming. Die ihr auf glatte Rinden ſetzt/ pfropfet oder rimpft/ ſagt wie aus fremden Zweigen ſich zahme Fruͤchte Zeugen? Deß alten Staͤmmers Wurtzelſafft giebt dem jungen Reißlein Krafft ꝛc. Der Baum iſt Wur- tzelreich/ mit gruͤnem Haar bewachſen. Der Schaͤfer Jahr- und Liebes-Buͤcher. Der Birken zarte Rinden. Der Baum ſtammet/ aſtet/ zwei- get/ ſproſſet/ bluͤhet/ fruchtet. Deß Waltes gruͤ- ne Sutzen/ das friſche Wald Gebaͤlke/ in der Waͤl- der Reich berindet/ der Baumen gruͤnes Haar befalbt der herbe Herbſt. Jeder Baum hat ſeine ſondere Deutung/ wel- che alle hierherzuſetzen zulang fallen moͤchte. 36. Baue/ Baukunſt. Einen Bau auffuͤhren/ aufrichten/ erheben/ ſetzen/ vollfuͤhren Fach und Dach/ er ſparte noch Verſtand/ noch Gelt an dem Palaſt/ er legt den tieffen Grund/ ſetzt groſſe Mauerſtein/ erhebt das gantze Werk/ wie ershat bedacht/ ſteigt mit dem Maurgebaͤnd’ an das abhange Dach/ und rich- tet ſeinen Foͤrſt/ der ſteht der Wetter fuͤr es mangelt keiner Zier/ Schloͤſſer auffuͤhren/ mit Wolken

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/172
Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 3. Nürnberg, 1653, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter03_1653/172>, abgerufen am 30.12.2024.