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Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650.

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Die sechste Stund.
gieng ich nicht in die Flamm'. Ach tolles Sün-
denkind/
du stürtzst dich in die Höll/ als werst du Staren-
blind/
Schand über alle Schand? die Thiere müs-
sen lehren/
wie sich das Menschenvolck zum Höchsten
sol bekehren.

5. Ferners haben die poetischen lebendigen
und natürlichen Beschreibungen jhr gebührli-
ches Lob: Jch sage die poetische lebendige/ und
natürliche etc. Beschreibung/ in welcher nicht ei-
ne Syllben müssig/ und ohne Nachdruck ist/ wie
hernach sol gesagt werden. Wie aber in einem Ge-
mähl etliche Fehler nur von den Meistern der
Kunst erkennet werden/ also ist auch in dem Ge-
dicht ein Fehler grösser als der andere/ und sihet
man bald/ ob die Erfindung aus einem reinen
Hirn herfliesset/ oder aus andern zusammenge-
lumpet ist.

II.

6. Die gantze Rede sol verständlich-zier-
lich
und den Sachen gemäß seyn. Die Wort
klar und deutlich gesetzet werden/ welches ihren
vielen zu thun unmöglich fället/ und muß solches
nicht nach unsrem Sinn/ (dann ein jeder sich
selbsten am besten verstehet) sondern nach deß

vernünf-
G iij
Die ſechſte Stund.
gieng ich nicht in die Flamm’. Ach tolles Suͤn-
denkind/
du ſtuͤrtzſt dich in die Hoͤll/ als werſt du Staren-
blind/
Schand uͤber alle Schand? die Thiere muͤſ-
ſen lehren/
wie ſich das Menſchenvolck zum Hoͤchſten
ſol bekehren.

5. Ferners haben die poetiſchen lebendigen
und natuͤrlichen Beſchreibungen jhr gebuͤhrli-
ches Lob: Jch ſage die poetiſche lebendige/ und
natuͤrliche ꝛc. Beſchreibung/ in welcher nicht ei-
ne Syllben muͤſſig/ und ohne Nachdruck iſt/ wie
hernach ſol geſagt werdẽ. Wie aber in einem Ge-
maͤhl etliche Fehler nur von den Meiſtern der
Kunſt erkennet werden/ alſo iſt auch in dem Ge-
dicht ein Fehler groͤſſer als der andere/ und ſihet
man bald/ ob die Erfindung aus einem reinen
Hirn herflieſſet/ oder aus andern zuſammenge-
lumpet iſt.

II.

6. Die gantze Rede ſol verſtaͤndlich-zier-
lich
und den Sachen gemaͤß ſeyn. Die Wort
klar und deutlich geſetzet werden/ welches ihren
vielen zu thun unmoͤglich faͤllet/ und muß ſolches
nicht nach unſrem Sinn/ (dann ein jeder ſich
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[105[101]/0119] Die ſechſte Stund. gieng ich nicht in die Flamm’. Ach tolles Suͤn- denkind/ du ſtuͤrtzſt dich in die Hoͤll/ als werſt du Staren- blind/ Schand uͤber alle Schand? die Thiere muͤſ- ſen lehren/ wie ſich das Menſchenvolck zum Hoͤchſten ſol bekehren. 5. Ferners haben die poetiſchen lebendigen und natuͤrlichen Beſchreibungen jhr gebuͤhrli- ches Lob: Jch ſage die poetiſche lebendige/ und natuͤrliche ꝛc. Beſchreibung/ in welcher nicht ei- ne Syllben muͤſſig/ und ohne Nachdruck iſt/ wie hernach ſol geſagt werdẽ. Wie aber in einem Ge- maͤhl etliche Fehler nur von den Meiſtern der Kunſt erkennet werden/ alſo iſt auch in dem Ge- dicht ein Fehler groͤſſer als der andere/ und ſihet man bald/ ob die Erfindung aus einem reinen Hirn herflieſſet/ oder aus andern zuſammenge- lumpet iſt. II. 6. Die gantze Rede ſol verſtaͤndlich-zier- lich und den Sachen gemaͤß ſeyn. Die Wort klar und deutlich geſetzet werden/ welches ihren vielen zu thun unmoͤglich faͤllet/ und muß ſolches nicht nach unſrem Sinn/ (dann ein jeder ſich ſelbſten am beſten verſtehet) ſondern nach deß vernuͤnf- G iij

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Zitationshilfe: Harsdörffer, Georg Philipp: Poetischer Trichter. Bd. 1. 2. Aufl. Nürnberg, 1650, S. 105[101]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/harsdoerffer_trichter01_1650/119>, abgerufen am 20.11.2024.