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Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690.

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Romans I. Buch.
Quatuor, oder 4 stimmiges/ u. s. f. wiewol das Stück von dem
Singkünftler sonderlich darzu gecomponiret seyn muß. Singet
er dann (zum Exempel/) Ut, so antwortet der Ruckschall Ut.
Jndessen singet er Sol, und durch solches Mittel höret man zu
einer Zeit die 2. unterschiedliche Stimmen/ als eine liebliche
Consonantz/ so von den Musicis eine Quint genennet wird. Wann
aber die Echo fortfähret/ das Sol nach zu schallen/ kan der Sin-
gende ein anders Sol, welches höher/ oder niedriger sey/ intoni-
ren/ um eine Octav zu machen/ als die vollkommenste Zusammen-
stimmung in der Music, u. s. f. mit Continuirung einer 2. stim-
migen Fugen/ gehet es gar leicht von statten.
Das XVIII. Capitul/

Das Syracusische Kunst-Ohr wird beschrieben/ wie auch noch
mehr andere künst- und natürliche Echo/ oder Widerhallen/ sonderlich
in Jtalien und Teutschland.

ES ist aber/ sprach Klingenfeld/ nicht allein dieses Simo-
netta
berühmt/ wegen seines Kunst-Echo, sondern die
Alten haben schon dergleichen schöne Erfindungen ge-
habt/ dessen stehet noch auf den heutigen Tag zum Zeug-
nüß der Echonisch-gebauete Kercker Dionysii zu Syracusa in
Sicilien/ darinn selbiger Tyrann seine Sclaven gehabt/ und mit-
telst deß Widerschalls alles erfahren/ was dieselbe mit einander
geredet. Dieses Gefängnüß soll/ wie von manchen/ doch irrsam-
lich/ darfür gehalten wird/ eine Erfindung deß Wunder-künst-
lichen Archimedis seyn/ welcher demselben die Form eines Ohrs
gegeben. Diese Echo wird in manchen Räyß-Büchern gerüh-
met/ sonderlich in der Räyß-Beschreibung della Valle, welcher
schreibet/ es sey dasselbe in Warheit ein so schönes und künstliches
Werck/ als jemahls in der gantzen Welt gesehen/ oder erfunden
worden; Jndem die Echo es der Natur allerdings nachthut/
und nicht allein die Wörter/ sondern auch gantze Reden nach-
spricht/ den Thon und Gesang vollkömmlich nachmacht/ gestalt-
sam in seiner Gegenwart/ mit unterschiedlichen Instrumenten/
die Probe gethan worden. Wann man auch mit einem kleinen
Stecken auf den außgebreiteten Teppich schläget/ gibt es einen
so starcken Laut von sich/ als hätte man ein grosses Geschütz loß
gebrennet/ und diß alles geschicht in einer nicht von der Natur/
sondern Menschlicher Kunst/ bereiteten Höhle/ daran der Er-
finder/ ob er gleich nicht Archimedes geheissen/ (dann dieser hat
zur Zeit Dionysii nicht gelebet/) dannoch einen so hohen und

tieff-
N 5
Romans I. Buch.
Quatuor, oder 4 ſtimmiges/ u. ſ. f. wiewol das Stuͤck von dem
Singkuͤnftler ſonderlich darzu gecomponiret ſeyn muß. Singet
er dann (zum Exempel/) Ut, ſo antwortet der Ruckſchall Ut.
Jndeſſen ſinget er Sol, und durch ſolches Mittel hoͤret man zu
einer Zeit die 2. unterſchiedliche Stimmen/ als eine liebliche
Conſonantz/ ſo von den Muſicis eine Quint genennet wird. Wañ
aber die Echo fortfaͤhret/ das Sol nach zu ſchallen/ kan der Sin-
gende ein anders Sol, welches hoͤher/ oder niedriger ſey/ intoni-
ren/ um eine Octav zu machen/ als die vollkommenſte Zuſam̃en-
ſtimmung in der Muſic, u. ſ. f. mit Continuirung einer 2. ſtim-
migen Fugen/ gehet es gar leicht von ſtatten.
Das XVIII. Capitul/

Das Syracuſiſche Kunſt-Ohr wird beſchrieben/ wie auch noch
mehr andere kuͤnſt- und natuͤrliche Echo/ oder Widerhallen/ ſonderlich
in Jtalien und Teutſchland.

ES iſt aber/ ſprach Klingenfeld/ nicht allein dieſes Simo-
netta
beruͤhmt/ wegen ſeines Kunſt-Echo, ſondern die
Alten haben ſchon dergleichen ſchoͤne Erfindungen ge-
habt/ deſſen ſtehet noch auf den heutigen Tag zum Zeug-
nuͤß der Echoniſch-gebauete Kercker Dionyſii zu Syracuſa in
Sicilien/ darinn ſelbiger Tyrann ſeine Sclaven gehabt/ und mit-
telſt deß Widerſchalls alles erfahren/ was dieſelbe mit einander
geredet. Dieſes Gefaͤngnuͤß ſoll/ wie von manchen/ doch irꝛſam-
lich/ darfuͤr gehalten wird/ eine Erfindung deß Wunder-kuͤnſt-
lichen Archimedis ſeyn/ welcher demſelben die Form eines Ohrs
gegeben. Dieſe Echo wird in manchen Raͤyß-Buͤchern geruͤh-
met/ ſonderlich in der Raͤyß-Beſchreibung della Valle, welcher
ſchreibet/ es ſey daſſelbe in Warheit ein ſo ſchoͤnes und kuͤnſtliches
Werck/ als jemahls in der gantzen Welt geſehen/ oder erfunden
worden; Jndem die Echo es der Natur allerdings nachthut/
und nicht allein die Woͤrter/ ſondern auch gantze Reden nach-
ſpricht/ den Thon und Geſang vollkoͤm̃lich nachmacht/ geſtalt-
ſam in ſeiner Gegenwart/ mit unterſchiedlichen Inſtrumenten/
die Probe gethan worden. Wann man auch mit einem kleinen
Stecken auf den außgebreiteten Teppich ſchlaͤget/ gibt es einen
ſo ſtarcken Laut von ſich/ als haͤtte man ein groſſes Geſchuͤtz loß
gebrennet/ und diß alles geſchicht in einer nicht von der Natur/
ſondern Menſchlicher Kunſt/ bereiteten Hoͤhle/ daran der Er-
finder/ ob er gleich nicht Archimedes geheiſſen/ (dann dieſer hat
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N 5
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[201/0213] Romans I. Buch. Quatuor, oder 4 ſtimmiges/ u. ſ. f. wiewol das Stuͤck von dem Singkuͤnftler ſonderlich darzu gecomponiret ſeyn muß. Singet er dann (zum Exempel/) Ut, ſo antwortet der Ruckſchall Ut. Jndeſſen ſinget er Sol, und durch ſolches Mittel hoͤret man zu einer Zeit die 2. unterſchiedliche Stimmen/ als eine liebliche Conſonantz/ ſo von den Muſicis eine Quint genennet wird. Wañ aber die Echo fortfaͤhret/ das Sol nach zu ſchallen/ kan der Sin- gende ein anders Sol, welches hoͤher/ oder niedriger ſey/ intoni- ren/ um eine Octav zu machen/ als die vollkommenſte Zuſam̃en- ſtimmung in der Muſic, u. ſ. f. mit Continuirung einer 2. ſtim- migen Fugen/ gehet es gar leicht von ſtatten. Das XVIII. Capitul/ Das Syracuſiſche Kunſt-Ohr wird beſchrieben/ wie auch noch mehr andere kuͤnſt- und natuͤrliche Echo/ oder Widerhallen/ ſonderlich in Jtalien und Teutſchland. ES iſt aber/ ſprach Klingenfeld/ nicht allein dieſes Simo- netta beruͤhmt/ wegen ſeines Kunſt-Echo, ſondern die Alten haben ſchon dergleichen ſchoͤne Erfindungen ge- habt/ deſſen ſtehet noch auf den heutigen Tag zum Zeug- nuͤß der Echoniſch-gebauete Kercker Dionyſii zu Syracuſa in Sicilien/ darinn ſelbiger Tyrann ſeine Sclaven gehabt/ und mit- telſt deß Widerſchalls alles erfahren/ was dieſelbe mit einander geredet. Dieſes Gefaͤngnuͤß ſoll/ wie von manchen/ doch irꝛſam- lich/ darfuͤr gehalten wird/ eine Erfindung deß Wunder-kuͤnſt- lichen Archimedis ſeyn/ welcher demſelben die Form eines Ohrs gegeben. Dieſe Echo wird in manchen Raͤyß-Buͤchern geruͤh- met/ ſonderlich in der Raͤyß-Beſchreibung della Valle, welcher ſchreibet/ es ſey daſſelbe in Warheit ein ſo ſchoͤnes und kuͤnſtliches Werck/ als jemahls in der gantzen Welt geſehen/ oder erfunden worden; Jndem die Echo es der Natur allerdings nachthut/ und nicht allein die Woͤrter/ ſondern auch gantze Reden nach- ſpricht/ den Thon und Geſang vollkoͤm̃lich nachmacht/ geſtalt- ſam in ſeiner Gegenwart/ mit unterſchiedlichen Inſtrumenten/ die Probe gethan worden. Wann man auch mit einem kleinen Stecken auf den außgebreiteten Teppich ſchlaͤget/ gibt es einen ſo ſtarcken Laut von ſich/ als haͤtte man ein groſſes Geſchuͤtz loß gebrennet/ und diß alles geſchicht in einer nicht von der Natur/ ſondern Menſchlicher Kunſt/ bereiteten Hoͤhle/ daran der Er- finder/ ob er gleich nicht Archimedes geheiſſen/ (dann dieſer hat zur Zeit Dionyſii nicht gelebet/) dannoch einen ſo hohen und tieff- N 5

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Zitationshilfe: Happel, Eberhard Werner: Der Academische Roman. Ulm, 1690, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/happel_roman_1690/213>, abgerufen am 17.11.2024.