Folglich finden sich verschiedene Ursachen zur Bewe- gung des Chilus, durch den Sammelkasten, und durch den Brustkanal. Das Nachfolgen des neuen Chilus, der seinen Weg fortsezzt, und die vorangehende Milch- wellen vor sich hertreibt: die zusammenziehende Kraft bei- der Kanäle: die Kraft des Athemholens, sonderlich wenn dieses verstärkt wird: und bisweilen auch die aufliegende Presse der Aorte.
§. 7. Die Thätigkeit der Drüsen im Gekröse.
Obschon das folgende wiederum eine Sache der Hi- potese ist, so kann ich es doch nicht ganz und gar mit Stillschweigen übergehen. Jch untersuche erstlich, was dem Chilus für Vortheil dadurch zufliesse, daß er durch die gedachte Drüsen gehen muß.
Jst die Erscheinung richtig genung(a), daß eine fettere Nahrungsmilch in die Drüsen eindringe, und verdünnter wieder herauskomme, so hätten wir beinahe, was wir suchten.
Denn da wir durch Versuche mit hinlänglicher Zu- verläßigkeit erwiesen haben, daß aus den Schlagadern in diesen Drüsen, ein Saft (b) in die Milchgefässe über- gehe, so scheint wahrscheinlicher maassen, dasjenige was übergeht, von dünnerer Natur, und zur Verdünnung des Chilus geschikkt zu seyn, der einen langen Weg zu- rükk nehmen müste, und der sonst schon so geneigt zum Gerinnen ist.
Diejenigen, welche über den Augenschein hinaus ih- rer Phantasie den Zügel lassen, wollen vielmehr, daß
Lebens-
(a)[Spaltenumbruch]RUYSCH. Advers. III. n. 7. ad BOERH. fabr. gland. p. 65. LE- PROTTUS.
(b)L. II. p. 192. et L. XXV. [Spaltenumbruch]
p. 214. daß auch im Säkkchen der chylus vielleicht vom Schlagader- safte verdünnet werde LIEBER- KUHN. n. 19.
II. Abſchn. Beweg. der Nahrungsmilch.
Folglich finden ſich verſchiedene Urſachen zur Bewe- gung des Chilus, durch den Sammelkaſten, und durch den Bruſtkanal. Das Nachfolgen des neuen Chilus, der ſeinen Weg fortſezzt, und die vorangehende Milch- wellen vor ſich hertreibt: die zuſammenziehende Kraft bei- der Kanaͤle: die Kraft des Athemholens, ſonderlich wenn dieſes verſtaͤrkt wird: und bisweilen auch die aufliegende Preſſe der Aorte.
§. 7. Die Thaͤtigkeit der Druͤſen im Gekroͤſe.
Obſchon das folgende wiederum eine Sache der Hi- poteſe iſt, ſo kann ich es doch nicht ganz und gar mit Stillſchweigen uͤbergehen. Jch unterſuche erſtlich, was dem Chilus fuͤr Vortheil dadurch zuflieſſe, daß er durch die gedachte Druͤſen gehen muß.
Jſt die Erſcheinung richtig genung(a), daß eine fettere Nahrungsmilch in die Druͤſen eindringe, und verduͤnnter wieder herauskomme, ſo haͤtten wir beinahe, was wir ſuchten.
Denn da wir durch Verſuche mit hinlaͤnglicher Zu- verlaͤßigkeit erwieſen haben, daß aus den Schlagadern in dieſen Druͤſen, ein Saft (b) in die Milchgefaͤſſe uͤber- gehe, ſo ſcheint wahrſcheinlicher maaſſen, dasjenige was uͤbergeht, von duͤnnerer Natur, und zur Verduͤnnung des Chilus geſchikkt zu ſeyn, der einen langen Weg zu- ruͤkk nehmen muͤſte, und der ſonſt ſchon ſo geneigt zum Gerinnen iſt.
Diejenigen, welche uͤber den Augenſchein hinaus ih- rer Phantaſie den Zuͤgel laſſen, wollen vielmehr, daß
Lebens-
(a)[Spaltenumbruch]RUYSCH. Adverſ. III. n. 7. ad BOERH. fabr. gland. p. 65. LE- PROTTUS.
(b)L. II. p. 192. et L. XXV. [Spaltenumbruch]
p. 214. daß auch im Saͤkkchen der chylus vielleicht vom Schlagader- ſafte verduͤnnet werde LIEBER- KUHN. n. 19.
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II. Abſchn. Beweg. der Nahrungsmilch.
Folglich finden ſich verſchiedene Urſachen zur Bewe-
gung des Chilus, durch den Sammelkaſten, und durch
den Bruſtkanal. Das Nachfolgen des neuen Chilus,
der ſeinen Weg fortſezzt, und die vorangehende Milch-
wellen vor ſich hertreibt: die zuſammenziehende Kraft bei-
der Kanaͤle: die Kraft des Athemholens, ſonderlich wenn
dieſes verſtaͤrkt wird: und bisweilen auch die aufliegende
Preſſe der Aorte.
§. 7.
Die Thaͤtigkeit der Druͤſen im Gekroͤſe.
Obſchon das folgende wiederum eine Sache der Hi-
poteſe iſt, ſo kann ich es doch nicht ganz und gar mit
Stillſchweigen uͤbergehen. Jch unterſuche erſtlich, was
dem Chilus fuͤr Vortheil dadurch zuflieſſe, daß er durch
die gedachte Druͤſen gehen muß.
Jſt die Erſcheinung richtig genung (a), daß eine
fettere Nahrungsmilch in die Druͤſen eindringe, und
verduͤnnter wieder herauskomme, ſo haͤtten wir beinahe,
was wir ſuchten.
Denn da wir durch Verſuche mit hinlaͤnglicher Zu-
verlaͤßigkeit erwieſen haben, daß aus den Schlagadern
in dieſen Druͤſen, ein Saft (b) in die Milchgefaͤſſe uͤber-
gehe, ſo ſcheint wahrſcheinlicher maaſſen, dasjenige was
uͤbergeht, von duͤnnerer Natur, und zur Verduͤnnung
des Chilus geſchikkt zu ſeyn, der einen langen Weg zu-
ruͤkk nehmen muͤſte, und der ſonſt ſchon ſo geneigt zum
Gerinnen iſt.
Diejenigen, welche uͤber den Augenſchein hinaus ih-
rer Phantaſie den Zuͤgel laſſen, wollen vielmehr, daß
Lebens-
(a)
RUYSCH. Adverſ. III. n. 7.
ad BOERH. fabr. gland. p. 65. LE-
PROTTUS.
(b) L. II. p. 192. et L. XXV.
p. 214. daß auch im Saͤkkchen der
chylus vielleicht vom Schlagader-
ſafte verduͤnnet werde LIEBER-
KUHN. n. 19.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/387>, abgerufen am 21.12.2024.
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