Jch glaube diesen Blutflus um desto weniger über- gehen zu dürfen, weil man ihn ohnlängst für eine natür- liche, und dem völlig erwachsenen Personen von der klu- gen Seele angebotene Hülfe angesehen: und man hat geglaubt, daß sich die Vollblütigkeit in der Kindheit durch die Nase(a), im mittlern Alter durch die Monatliche Reinigung und irrig durch die Lunge, im höhern Alter, durch den Hintern ausleere. Celsus hat bereits vor langer Zeit schon den Ausspruch gethan, daß dieses Blu- ten eine Reinigung, und keine Krankheit sei (b), und daß man diesen Blutverlust, wenn er gleich groß wäre, dennoch ganz leichtlich ertrage (b*), behaupten andre be- rühmte Männer.
Ueberhaupt ergießt sich das Blut durch das Gedär- me nicht mit sonderlicher Schwierigkeit, und es haben sich sechs, bis sieben Pfunde auf einmal von dem Ge- brauche des Scammonius ausgeleert (c). Es verlor Jemand an schwarzem klümpigen Blute durch die Ruhr zehn Pfunde, und büßte das Leben ein(d), so wie ein Salzwasser, von der Farbe eines abgewaschenen Fleisches, zwei Jahre lang durch den Stuhl abgieng (e).
Wir haben aber auch Blutergiessungen des Gedärmes, ohne die geringste üble Folge, vom Fallen (f), in der Gelbesucht (g), so gar mit heilsamen Erfolge beobachtet. Durch dergleichen Verluste wurden Kopfschmerzen ver- trieben, nachdem vier bis fünf Pfunde Blut fort gegan-
gen
(a)[Spaltenumbruch]STAHL an vielen Orten. WELSTED. de adult. Act.
(b)L. IV. c. 18. n. 9.
(b*)LIEUTAUD. p. 587.
(c)HAYMAN. IV. p. 20. Blut- fluß durch den Hintern, siehe la METTRIE obs. 80. et p. 37.
(d)[Spaltenumbruch]HILDAN. de dysent.
(e)FIZES. de liene p. 127.
(f)BUCHNER. miscell. 1728. p. 972.
(g)BARTHOL. Cent. hist. 41.
Das Gedaͤrme. XXIV. Buch.
§. 12. Die guͤldne Ader.
Jch glaube dieſen Blutflus um deſto weniger uͤber- gehen zu duͤrfen, weil man ihn ohnlaͤngſt fuͤr eine natuͤr- liche, und dem voͤllig erwachſenen Perſonen von der klu- gen Seele angebotene Huͤlfe angeſehen: und man hat geglaubt, daß ſich die Vollbluͤtigkeit in der Kindheit durch die Naſe(a), im mittlern Alter durch die Monatliche Reinigung und irrig durch die Lunge, im hoͤhern Alter, durch den Hintern ausleere. Celſus hat bereits vor langer Zeit ſchon den Ausſpruch gethan, daß dieſes Blu- ten eine Reinigung, und keine Krankheit ſei (b), und daß man dieſen Blutverluſt, wenn er gleich groß waͤre, dennoch ganz leichtlich ertrage (b*), behaupten andre be- ruͤhmte Maͤnner.
Ueberhaupt ergießt ſich das Blut durch das Gedaͤr- me nicht mit ſonderlicher Schwierigkeit, und es haben ſich ſechs, bis ſieben Pfunde auf einmal von dem Ge- brauche des Scammonius ausgeleert (c). Es verlor Jemand an ſchwarzem kluͤmpigen Blute durch die Ruhr zehn Pfunde, und buͤßte das Leben ein(d), ſo wie ein Salzwaſſer, von der Farbe eines abgewaſchenen Fleiſches, zwei Jahre lang durch den Stuhl abgieng (e).
Wir haben aber auch Blutergieſſungen des Gedaͤrmes, ohne die geringſte uͤble Folge, vom Fallen (f), in der Gelbeſucht (g), ſo gar mit heilſamen Erfolge beobachtet. Durch dergleichen Verluſte wurden Kopfſchmerzen ver- trieben, nachdem vier bis fuͤnf Pfunde Blut fort gegan-
gen
(a)[Spaltenumbruch]STAHL an vielen Orten. WELSTED. de adult. Act.
(b)L. IV. c. 18. n. 9.
(b*)LIEUTAUD. p. 587.
(c)HAYMAN. IV. p. 20. Blut- fluß durch den Hintern, ſiehe la METTRIE obſ. 80. et p. 37.
(d)[Spaltenumbruch]HILDAN. de dyſent.
(e)FIZES. de liene p. 127.
(f)BUCHNER. miſcell. 1728. p. 972.
(g)BARTHOL. Cent. hiſt. 41.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0324"n="288"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Das Gedaͤrme. <hirendition="#aq">XXIV.</hi> Buch.</hi></fw><lb/><divn="4"><head>§. 12.<lb/><hirendition="#b">Die guͤldne Ader.</hi></head><lb/><p>Jch glaube dieſen Blutflus um deſto weniger uͤber-<lb/>
gehen zu duͤrfen, weil man ihn ohnlaͤngſt fuͤr eine natuͤr-<lb/>
liche, und dem voͤllig erwachſenen Perſonen von der klu-<lb/>
gen Seele angebotene Huͤlfe angeſehen: und man hat<lb/>
geglaubt, daß ſich die Vollbluͤtigkeit in der Kindheit durch<lb/>
die Naſe<noteplace="foot"n="(a)"><cb/><hirendition="#aq">STAHL</hi> an vielen Orten.<lb/><hirendition="#aq">WELSTED. de adult. Act.</hi></note>, im mittlern Alter durch die Monatliche<lb/>
Reinigung und irrig durch die Lunge, im hoͤhern Alter,<lb/>
durch den Hintern ausleere. <hirendition="#fr">Celſus</hi> hat bereits vor<lb/>
langer Zeit ſchon den Ausſpruch gethan, daß dieſes Blu-<lb/>
ten eine Reinigung, und keine Krankheit ſei <noteplace="foot"n="(b)"><hirendition="#aq">L. IV. c. 18. n.</hi> 9.</note>, und<lb/>
daß man dieſen Blutverluſt, wenn er gleich groß waͤre,<lb/>
dennoch ganz leichtlich ertrage <noteplace="foot"n="(b*)"><hirendition="#aq">LIEUTAUD. p.</hi> 587.</note>, behaupten andre be-<lb/>
ruͤhmte Maͤnner.</p><lb/><p>Ueberhaupt ergießt ſich das Blut durch das Gedaͤr-<lb/>
me nicht mit ſonderlicher Schwierigkeit, und es haben<lb/>ſich ſechs, bis ſieben Pfunde auf einmal von dem Ge-<lb/>
brauche des Scammonius ausgeleert <noteplace="foot"n="(c)"><hirendition="#aq">HAYMAN. IV. p.</hi> 20. Blut-<lb/>
fluß durch den Hintern, ſiehe <hirendition="#aq">la<lb/>
METTRIE obſ. 80. et p.</hi> 37.</note>. Es verlor<lb/>
Jemand an ſchwarzem kluͤmpigen Blute durch die Ruhr<lb/>
zehn Pfunde, und buͤßte das Leben ein<noteplace="foot"n="(d)"><cb/><hirendition="#aq">HILDAN. de dyſent.</hi></note>, ſo wie ein<lb/>
Salzwaſſer, von der Farbe eines abgewaſchenen Fleiſches,<lb/>
zwei Jahre lang durch den Stuhl abgieng <noteplace="foot"n="(e)"><hirendition="#aq">FIZES. de liene p.</hi> 127.</note>.</p><lb/><p>Wir haben aber auch Blutergieſſungen des Gedaͤrmes,<lb/>
ohne die geringſte uͤble Folge, vom Fallen <noteplace="foot"n="(f)"><hirendition="#aq">BUCHNER. miſcell.<lb/>
1728.<lb/>
p.</hi> 972.</note>, in der<lb/>
Gelbeſucht <noteplace="foot"n="(g)"><hirendition="#aq">BARTHOL. Cent. hiſt.</hi> 41.</note>, ſo gar mit heilſamen Erfolge beobachtet.<lb/>
Durch dergleichen Verluſte wurden Kopfſchmerzen ver-<lb/>
trieben, nachdem vier bis fuͤnf Pfunde Blut fort gegan-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">gen</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[288/0324]
Das Gedaͤrme. XXIV. Buch.
§. 12.
Die guͤldne Ader.
Jch glaube dieſen Blutflus um deſto weniger uͤber-
gehen zu duͤrfen, weil man ihn ohnlaͤngſt fuͤr eine natuͤr-
liche, und dem voͤllig erwachſenen Perſonen von der klu-
gen Seele angebotene Huͤlfe angeſehen: und man hat
geglaubt, daß ſich die Vollbluͤtigkeit in der Kindheit durch
die Naſe (a), im mittlern Alter durch die Monatliche
Reinigung und irrig durch die Lunge, im hoͤhern Alter,
durch den Hintern ausleere. Celſus hat bereits vor
langer Zeit ſchon den Ausſpruch gethan, daß dieſes Blu-
ten eine Reinigung, und keine Krankheit ſei (b), und
daß man dieſen Blutverluſt, wenn er gleich groß waͤre,
dennoch ganz leichtlich ertrage (b*), behaupten andre be-
ruͤhmte Maͤnner.
Ueberhaupt ergießt ſich das Blut durch das Gedaͤr-
me nicht mit ſonderlicher Schwierigkeit, und es haben
ſich ſechs, bis ſieben Pfunde auf einmal von dem Ge-
brauche des Scammonius ausgeleert (c). Es verlor
Jemand an ſchwarzem kluͤmpigen Blute durch die Ruhr
zehn Pfunde, und buͤßte das Leben ein (d), ſo wie ein
Salzwaſſer, von der Farbe eines abgewaſchenen Fleiſches,
zwei Jahre lang durch den Stuhl abgieng (e).
Wir haben aber auch Blutergieſſungen des Gedaͤrmes,
ohne die geringſte uͤble Folge, vom Fallen (f), in der
Gelbeſucht (g), ſo gar mit heilſamen Erfolge beobachtet.
Durch dergleichen Verluſte wurden Kopfſchmerzen ver-
trieben, nachdem vier bis fuͤnf Pfunde Blut fort gegan-
gen
(a)
STAHL an vielen Orten.
WELSTED. de adult. Act.
(b) L. IV. c. 18. n. 9.
(b*) LIEUTAUD. p. 587.
(c) HAYMAN. IV. p. 20. Blut-
fluß durch den Hintern, ſiehe la
METTRIE obſ. 80. et p. 37.
(d)
HILDAN. de dyſent.
(e) FIZES. de liene p. 127.
(f) BUCHNER. miſcell.
1728.
p. 972.
(g) BARTHOL. Cent. hiſt. 41.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 7. Berlin, 1775, S. 288. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende07_1775/324>, abgerufen am 30.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.