So viel sehe ich wohl ein, daß Leute, welche mit dem Körper schwere Arbeiten verrichten, oder fett wer- den wollen, mehr Speise haben müssen. Man muß Vö- geln, die man mästen will, vier mal mehr Futter rei- chen (s). Jch sehe auch, daß junge Leute mehr, und Alte weniger essen müssen. Die meisten Thiere sind viel gefräßiger, als der Mensch. Es giebt Raupen, und Jnsekten, welche in einem Tage gedoppelt so viel verze- ren, als sie schwer wiegen (t) Eine Kuh frist in einem Tage (u) den sechsten, oder achten Theil so viel, als sie schwer ist: der Mensch hingegen begnügt sich an dem vierzigsten; indem Kräuter weniger Nahrung geben.
§. 28. Das Getränkemaas besonders betrachtet.
Man thut vielmehr in der Speise, und weniger im Getränke zu viel; denn man kann davon eine grössere Quantität zu sich nehmen, weil es nicht vom Magen an- gehalten wird.
Jch übergehe die Schwelger der alten Zeiten (a) oder denjenigen Menschen, welcher siebzehn Maas Rhein- wein (b) wie auch eine starke Biertrinkerin (c) welche bereits in einem Alter von fünf und neunzig Jahren täg- lich zwanzig Pfunde austrank. Doch es trinken einige ohne alle üble Folgen 200 (d) und 350 Unzen (e) und 25 Pfunde (ich verstehe vierhundert Unzen) an Mine- ralwasser (f). Einige haben innerhalb zwo Stunden
zehn
(s)[Spaltenumbruch]REAUMUR art. de faire eclore &c. T. II. p. 415.
(t)Hist. Nat. des Anim. T. I. p. 304.
(u)BOERHAAV Prax. I. p. 171.
(a) Vier Maas oder 18 Pinten, oder Unzen 288. Wein bey einer einzigen Malzeit ausgetrunken, gedenkt PLUTARCHUS de ALEXANDRO.
(b)[Spaltenumbruch]FISCHER morbi senil. p. 66.
(c)LOTICH obs. L. IV. C. I. obs. 2.
(d) An warmen Bädern QUA- DRIO acque di trascorio p. 68.
(e) Spaawasser HENR. de HEERS p. 115.
(f)SCACCHI Baln. p. 390.
Der Magen. XIX. Buch.
So viel ſehe ich wohl ein, daß Leute, welche mit dem Koͤrper ſchwere Arbeiten verrichten, oder fett wer- den wollen, mehr Speiſe haben muͤſſen. Man muß Voͤ- geln, die man maͤſten will, vier mal mehr Futter rei- chen (s). Jch ſehe auch, daß junge Leute mehr, und Alte weniger eſſen muͤſſen. Die meiſten Thiere ſind viel gefraͤßiger, als der Menſch. Es giebt Raupen, und Jnſekten, welche in einem Tage gedoppelt ſo viel verze- ren, als ſie ſchwer wiegen (t) Eine Kuh friſt in einem Tage (u) den ſechſten, oder achten Theil ſo viel, als ſie ſchwer iſt: der Menſch hingegen begnuͤgt ſich an dem vierzigſten; indem Kraͤuter weniger Nahrung geben.
§. 28. Das Getraͤnkemaas beſonders betrachtet.
Man thut vielmehr in der Speiſe, und weniger im Getraͤnke zu viel; denn man kann davon eine groͤſſere Quantitaͤt zu ſich nehmen, weil es nicht vom Magen an- gehalten wird.
Jch uͤbergehe die Schwelger der alten Zeiten (a) oder denjenigen Menſchen, welcher ſiebzehn Maas Rhein- wein (b) wie auch eine ſtarke Biertrinkerin (c) welche bereits in einem Alter von fuͤnf und neunzig Jahren taͤg- lich zwanzig Pfunde austrank. Doch es trinken einige ohne alle uͤble Folgen 200 (d) und 350 Unzen (e) und 25 Pfunde (ich verſtehe vierhundert Unzen) an Mine- ralwaſſer (f). Einige haben innerhalb zwo Stunden
zehn
(s)[Spaltenumbruch]REAUMUR art. de faire eclore &c. T. II. p. 415.
(t)Hiſt. Nat. des Anim. T. I. p. 304.
(u)BOERHAAV Prax. I. p. 171.
(a) Vier Maas oder 18 Pinten, oder Unzen 288. Wein bey einer einzigen Malzeit ausgetrunken, gedenkt PLUTARCHUS de ALEXANDRO.
(b)[Spaltenumbruch]FISCHER morbi ſenil. p. 66.
(c)LOTICH obſ. L. IV. C. I. obſ. 2.
(d) An warmen Baͤdern QUA- DRIO acque di traſcorio p. 68.
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(f)SCACCHI Baln. p. 390.
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[372[388]/0408]
Der Magen. XIX. Buch.
So viel ſehe ich wohl ein, daß Leute, welche mit
dem Koͤrper ſchwere Arbeiten verrichten, oder fett wer-
den wollen, mehr Speiſe haben muͤſſen. Man muß Voͤ-
geln, die man maͤſten will, vier mal mehr Futter rei-
chen (s). Jch ſehe auch, daß junge Leute mehr, und
Alte weniger eſſen muͤſſen. Die meiſten Thiere ſind viel
gefraͤßiger, als der Menſch. Es giebt Raupen, und
Jnſekten, welche in einem Tage gedoppelt ſo viel verze-
ren, als ſie ſchwer wiegen (t) Eine Kuh friſt in einem
Tage (u) den ſechſten, oder achten Theil ſo viel, als ſie
ſchwer iſt: der Menſch hingegen begnuͤgt ſich an dem
vierzigſten; indem Kraͤuter weniger Nahrung geben.
§. 28.
Das Getraͤnkemaas beſonders betrachtet.
Man thut vielmehr in der Speiſe, und weniger im
Getraͤnke zu viel; denn man kann davon eine groͤſſere
Quantitaͤt zu ſich nehmen, weil es nicht vom Magen an-
gehalten wird.
Jch uͤbergehe die Schwelger der alten Zeiten (a) oder
denjenigen Menſchen, welcher ſiebzehn Maas Rhein-
wein (b) wie auch eine ſtarke Biertrinkerin (c) welche
bereits in einem Alter von fuͤnf und neunzig Jahren taͤg-
lich zwanzig Pfunde austrank. Doch es trinken einige
ohne alle uͤble Folgen 200 (d) und 350 Unzen (e) und
25 Pfunde (ich verſtehe vierhundert Unzen) an Mine-
ralwaſſer (f). Einige haben innerhalb zwo Stunden
zehn
(s)
REAUMUR art. de faire
eclore &c. T. II. p. 415.
(t) Hiſt. Nat. des Anim. T. I.
p. 304.
(u) BOERHAAV Prax. I. p. 171.
(a) Vier Maas oder 18 Pinten,
oder Unzen 288. Wein bey einer
einzigen Malzeit ausgetrunken,
gedenkt PLUTARCHUS de
ALEXANDRO.
(b)
FISCHER morbi ſenil. p. 66.
(c) LOTICH obſ. L. IV. C. I.
obſ. 2.
(d) An warmen Baͤdern QUA-
DRIO acque di traſcorio p. 68.
(e) Spaawaſſer HENR. de
HEERS p. 115.
(f) SCACCHI Baln. p. 390.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 6. Berlin, 1774, S. 372[388]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende06_1774/408>, abgerufen am 21.11.2024.
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