den Unterricht der Natur beibehalten, und uns an die eingebildete Gesezze des Wohlstandes nicht keren. Wir biegen nämlich den ganzen Körperstamm, wenn er über der Hüfte des rechten unbeweglichen Fusses feste ist, nach vorne über, theils vermittelst einer bestimmten Nachlassung der Ausstrekker, theils vermittelst der Anstrengung des Darmknochen Lendenmuskels, doch aber an der festen Seite, und vermittelst des geraden Unterbauchsmuskels (c) und der schiefen. Auf diese Art pflegen die Alpenbewoner das Gebirge zu besteigen, indem sie den Leib nach vorne überbiegen, wodurch sie weniger müde werden, als wenn wir es vor ein Stükk des Wohlstandes halten, den Kör- per gerade zu halten.
Nun würden wir aber bei dem vorgebeugten Leibe notwendig fallen müssen, weil die durch den Schwerpunkt gezogene Linie nunmehr vor dem auf die Erde aufge- stemten Fus niedersinkt, und wir fallen auch wirklich, wenn wir den rechten Fus (d) feste zu sezzen verabsäumen. Allein wir sezzen, wenn wir gesund und aufmerksam sind, nunmehr den rechten Fus, sobald die erhebende Muskeln nachlassen, hingegen die Beugemuskeln das Gegentheil thun, auf die Erde nieder (e), damit die senkrechte Linie zwischen ihn, und den linken Fus fallen möge. Hierbei ergreifen wir gleichsam, wie vorher, mit den Beuge- muskeln der Zeen den Erdboden.
§. 4. Das Laufen und Springen.
Das Laufen unterscheidet sich nicht blos vom Gehen, durch die Geschwindigkeit der Bewegung, sondern auch durch die Art und Weise. Es wird der Fus, welcher sich vermittelst des Wadenmuskels, und den helfenden grossen Wadenmuskeln erhebt, dergestalt rükkwerts in die Höhe ge-
hoben
(c)[Spaltenumbruch]TAUVRY pag. 415.
(d)BORELL. prop. 140.
(e)[Spaltenumbruch]BORELL. prop. 158.
IV. Abſchnitt. Nuzzen.
den Unterricht der Natur beibehalten, und uns an die eingebildete Geſezze des Wohlſtandes nicht keren. Wir biegen naͤmlich den ganzen Koͤrperſtamm, wenn er uͤber der Huͤfte des rechten unbeweglichen Fuſſes feſte iſt, nach vorne uͤber, theils vermittelſt einer beſtimmten Nachlaſſung der Ausſtrekker, theils vermittelſt der Anſtrengung des Darmknochen Lendenmuſkels, doch aber an der feſten Seite, und vermittelſt des geraden Unterbauchsmuſkels (c) und der ſchiefen. Auf dieſe Art pflegen die Alpenbewoner das Gebirge zu beſteigen, indem ſie den Leib nach vorne uͤberbiegen, wodurch ſie weniger muͤde werden, als wenn wir es vor ein Stuͤkk des Wohlſtandes halten, den Koͤr- per gerade zu halten.
Nun wuͤrden wir aber bei dem vorgebeugten Leibe notwendig fallen muͤſſen, weil die durch den Schwerpunkt gezogene Linie nunmehr vor dem auf die Erde aufge- ſtemten Fus niederſinkt, und wir fallen auch wirklich, wenn wir den rechten Fus (d) feſte zu ſezzen verabſaͤumen. Allein wir ſezzen, wenn wir geſund und aufmerkſam ſind, nunmehr den rechten Fus, ſobald die erhebende Muſkeln nachlaſſen, hingegen die Beugemuſkeln das Gegentheil thun, auf die Erde nieder (e), damit die ſenkrechte Linie zwiſchen ihn, und den linken Fus fallen moͤge. Hierbei ergreifen wir gleichſam, wie vorher, mit den Beuge- muſkeln der Zeen den Erdboden.
§. 4. Das Laufen und Springen.
Das Laufen unterſcheidet ſich nicht blos vom Gehen, durch die Geſchwindigkeit der Bewegung, ſondern auch durch die Art und Weiſe. Es wird der Fus, welcher ſich vermittelſt des Wadenmuſkels, und den helfenden groſſen Wadenmuſkeln erhebt, dergeſtalt ruͤkkwerts in die Hoͤhe ge-
hoben
(c)[Spaltenumbruch]TAUVRY pag. 415.
(d)BORELL. prop. 140.
(e)[Spaltenumbruch]BORELL. prop. 158.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0225"n="207"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">IV.</hi> Abſchnitt. Nuzzen.</hi></fw><lb/>
den Unterricht der Natur beibehalten, und uns an die<lb/>
eingebildete Geſezze des Wohlſtandes nicht keren. Wir<lb/>
biegen naͤmlich den ganzen Koͤrperſtamm, wenn er uͤber<lb/>
der Huͤfte des rechten unbeweglichen Fuſſes feſte iſt, nach<lb/>
vorne uͤber, theils vermittelſt einer beſtimmten Nachlaſſung<lb/>
der Ausſtrekker, theils vermittelſt der Anſtrengung des<lb/>
Darmknochen Lendenmuſkels, doch aber an der feſten Seite,<lb/>
und vermittelſt des geraden Unterbauchsmuſkels <noteplace="foot"n="(c)"><cb/><hirendition="#aq"><hirendition="#g">TAUVRY</hi> pag.</hi> 415.</note> und<lb/>
der ſchiefen. Auf dieſe Art pflegen die Alpenbewoner<lb/>
das Gebirge zu beſteigen, indem ſie den Leib nach vorne<lb/>
uͤberbiegen, wodurch ſie weniger muͤde werden, als wenn<lb/>
wir es vor ein Stuͤkk des Wohlſtandes halten, den Koͤr-<lb/>
per gerade zu halten.</p><lb/><p>Nun wuͤrden wir aber bei dem vorgebeugten Leibe<lb/>
notwendig fallen muͤſſen, weil die durch den Schwerpunkt<lb/>
gezogene Linie nunmehr vor dem auf die Erde aufge-<lb/>ſtemten Fus niederſinkt, und wir fallen auch wirklich,<lb/>
wenn wir den rechten Fus <noteplace="foot"n="(d)"><hirendition="#aq"><hirendition="#g">BORELL.</hi> prop.</hi> 140.</note> feſte zu ſezzen verabſaͤumen.<lb/>
Allein wir ſezzen, wenn wir geſund und aufmerkſam ſind,<lb/>
nunmehr den rechten Fus, ſobald die erhebende Muſkeln<lb/>
nachlaſſen, hingegen die Beugemuſkeln das Gegentheil<lb/>
thun, auf die Erde nieder <noteplace="foot"n="(e)"><cb/><hirendition="#aq"><hirendition="#g">BORELL.</hi> prop.</hi> 158.</note>, damit die ſenkrechte Linie<lb/>
zwiſchen ihn, und den linken Fus fallen moͤge. Hierbei<lb/>
ergreifen wir gleichſam, wie vorher, mit den Beuge-<lb/>
muſkeln der Zeen den Erdboden.</p></div><lb/><divn="2"><head>§. 4.<lb/><hirendition="#b">Das Laufen und Springen.</hi></head><lb/><p>Das Laufen unterſcheidet ſich nicht blos vom Gehen,<lb/>
durch die Geſchwindigkeit der Bewegung, ſondern auch<lb/>
durch die Art und Weiſe. Es wird der Fus, welcher ſich<lb/>
vermittelſt des Wadenmuſkels, und den helfenden groſſen<lb/>
Wadenmuſkeln erhebt, dergeſtalt ruͤkkwerts in die Hoͤhe ge-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">hoben</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[207/0225]
IV. Abſchnitt. Nuzzen.
den Unterricht der Natur beibehalten, und uns an die
eingebildete Geſezze des Wohlſtandes nicht keren. Wir
biegen naͤmlich den ganzen Koͤrperſtamm, wenn er uͤber
der Huͤfte des rechten unbeweglichen Fuſſes feſte iſt, nach
vorne uͤber, theils vermittelſt einer beſtimmten Nachlaſſung
der Ausſtrekker, theils vermittelſt der Anſtrengung des
Darmknochen Lendenmuſkels, doch aber an der feſten Seite,
und vermittelſt des geraden Unterbauchsmuſkels (c) und
der ſchiefen. Auf dieſe Art pflegen die Alpenbewoner
das Gebirge zu beſteigen, indem ſie den Leib nach vorne
uͤberbiegen, wodurch ſie weniger muͤde werden, als wenn
wir es vor ein Stuͤkk des Wohlſtandes halten, den Koͤr-
per gerade zu halten.
Nun wuͤrden wir aber bei dem vorgebeugten Leibe
notwendig fallen muͤſſen, weil die durch den Schwerpunkt
gezogene Linie nunmehr vor dem auf die Erde aufge-
ſtemten Fus niederſinkt, und wir fallen auch wirklich,
wenn wir den rechten Fus (d) feſte zu ſezzen verabſaͤumen.
Allein wir ſezzen, wenn wir geſund und aufmerkſam ſind,
nunmehr den rechten Fus, ſobald die erhebende Muſkeln
nachlaſſen, hingegen die Beugemuſkeln das Gegentheil
thun, auf die Erde nieder (e), damit die ſenkrechte Linie
zwiſchen ihn, und den linken Fus fallen moͤge. Hierbei
ergreifen wir gleichſam, wie vorher, mit den Beuge-
muſkeln der Zeen den Erdboden.
§. 4.
Das Laufen und Springen.
Das Laufen unterſcheidet ſich nicht blos vom Gehen,
durch die Geſchwindigkeit der Bewegung, ſondern auch
durch die Art und Weiſe. Es wird der Fus, welcher ſich
vermittelſt des Wadenmuſkels, und den helfenden groſſen
Wadenmuſkeln erhebt, dergeſtalt ruͤkkwerts in die Hoͤhe ge-
hoben
(c)
TAUVRY pag. 415.
(d) BORELL. prop. 140.
(e)
BORELL. prop. 158.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/225>, abgerufen am 20.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.