aus dem Licht ins Dunkle blikken: weil unser Stern im dunkeln weit, und an einem lichten Orte enger ist. Wer aus einer Gruft in die Höhe sieht, glaubt das Tageslicht auf sich herabblizzen zu sehen (c).
Wir lesen auch, daß oft beide Augen eine sehr un- gleiche Stärke haben, und man mit dem einem das Gel- be, anders als mit dem andern, oder das Grüne blau sehen soll: Mit dem andern will man hingegen, vielleicht weil es empfindlicher war, Sachen röther gesehen haben (d). Hier war vielleicht das rechte Auge callöser (e).
§. 14. Der Punkt des deutlichen Sehens.
Es kömmt die Vollkommenheit im Sehen darauf an, daß das Bild recht groß sei, um daran viele Theile un- terscheiden zu können, daß es aber dennoch sehr deutlich sei, damit wir uns die Eigenschaften, die ein jeder Theil dieses Bildes an sich hat, bekannt machen, daß ferner dieses Bild sehr lebhaft sei, um die Seele so viel als mög- lich ist, auf das stärkste zu rühren, und dennoch muß das Auge davon nicht verlezzt werden.
Endlich wird zu einem guten Gesichte noch erfordert, daß derjenige Körper, dessen Bild sich auf der Nezzhaut mahlen soll, vom Auge so weit abstehen soll, daß die brechende Kräfte des Auges zusammengenommen, den Brennpunkt der Strahlen, die von diesem Körper her- kommen, auf die empfindende Stelle der Nezzhaut, nem- lich auf die Achse, und auf die zu nächst angrenzende Stel- le des Auges werfen.
Man ersiehet nemlich aus den obigen sehr leicht, daß Strahlen je weiter sie herkommen, desto peraleler unter sich fortlaufen: daß sie also um desto weniger von der Achse ab- weichen, und von desto weniger Kräften der Hornhaut und
der
(c)[Spaltenumbruch]ROUHAULT c. 27. n. 6.
(d)PORTERFIELD I. p. 133.
(e)[Spaltenumbruch]p. 482. 483.
IV. Abſchnitt. Das Sehen.
aus dem Licht ins Dunkle blikken: weil unſer Stern im dunkeln weit, und an einem lichten Orte enger iſt. Wer aus einer Gruft in die Hoͤhe ſieht, glaubt das Tageslicht auf ſich herabblizzen zu ſehen (c).
Wir leſen auch, daß oft beide Augen eine ſehr un- gleiche Staͤrke haben, und man mit dem einem das Gel- be, anders als mit dem andern, oder das Gruͤne blau ſehen ſoll: Mit dem andern will man hingegen, vielleicht weil es empfindlicher war, Sachen roͤther geſehen haben (d). Hier war vielleicht das rechte Auge calloͤſer (e).
§. 14. Der Punkt des deutlichen Sehens.
Es koͤmmt die Vollkommenheit im Sehen darauf an, daß das Bild recht groß ſei, um daran viele Theile un- terſcheiden zu koͤnnen, daß es aber dennoch ſehr deutlich ſei, damit wir uns die Eigenſchaften, die ein jeder Theil dieſes Bildes an ſich hat, bekannt machen, daß ferner dieſes Bild ſehr lebhaft ſei, um die Seele ſo viel als moͤg- lich iſt, auf das ſtaͤrkſte zu ruͤhren, und dennoch muß das Auge davon nicht verlezzt werden.
Endlich wird zu einem guten Geſichte noch erfordert, daß derjenige Koͤrper, deſſen Bild ſich auf der Nezzhaut mahlen ſoll, vom Auge ſo weit abſtehen ſoll, daß die brechende Kraͤfte des Auges zuſammengenommen, den Brennpunkt der Strahlen, die von dieſem Koͤrper her- kommen, auf die empfindende Stelle der Nezzhaut, nem- lich auf die Achſe, und auf die zu naͤchſt angrenzende Stel- le des Auges werfen.
Man erſiehet nemlich aus den obigen ſehr leicht, daß Strahlen je weiter ſie herkommen, deſto peraleler unter ſich fortlaufen: daß ſie alſo um deſto weniger von der Achſe ab- weichen, und von deſto weniger Kraͤften der Hornhaut und
der
(c)[Spaltenumbruch]ROUHAULT c. 27. n. 6.
(d)PORTERFIELD I. p. 133.
(e)[Spaltenumbruch]p. 482. 483.
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IV. Abſchnitt. Das Sehen.
aus dem Licht ins Dunkle blikken: weil unſer Stern im
dunkeln weit, und an einem lichten Orte enger iſt. Wer
aus einer Gruft in die Hoͤhe ſieht, glaubt das Tageslicht
auf ſich herabblizzen zu ſehen (c).
Wir leſen auch, daß oft beide Augen eine ſehr un-
gleiche Staͤrke haben, und man mit dem einem das Gel-
be, anders als mit dem andern, oder das Gruͤne blau
ſehen ſoll: Mit dem andern will man hingegen, vielleicht
weil es empfindlicher war, Sachen roͤther geſehen haben
(d). Hier war vielleicht das rechte Auge calloͤſer (e).
§. 14.
Der Punkt des deutlichen Sehens.
Es koͤmmt die Vollkommenheit im Sehen darauf an,
daß das Bild recht groß ſei, um daran viele Theile un-
terſcheiden zu koͤnnen, daß es aber dennoch ſehr deutlich
ſei, damit wir uns die Eigenſchaften, die ein jeder Theil
dieſes Bildes an ſich hat, bekannt machen, daß ferner
dieſes Bild ſehr lebhaft ſei, um die Seele ſo viel als moͤg-
lich iſt, auf das ſtaͤrkſte zu ruͤhren, und dennoch muß
das Auge davon nicht verlezzt werden.
Endlich wird zu einem guten Geſichte noch erfordert,
daß derjenige Koͤrper, deſſen Bild ſich auf der Nezzhaut
mahlen ſoll, vom Auge ſo weit abſtehen ſoll, daß die
brechende Kraͤfte des Auges zuſammengenommen, den
Brennpunkt der Strahlen, die von dieſem Koͤrper her-
kommen, auf die empfindende Stelle der Nezzhaut, nem-
lich auf die Achſe, und auf die zu naͤchſt angrenzende Stel-
le des Auges werfen.
Man erſiehet nemlich aus den obigen ſehr leicht, daß
Strahlen je weiter ſie herkommen, deſto peraleler unter ſich
fortlaufen: daß ſie alſo um deſto weniger von der Achſe ab-
weichen, und von deſto weniger Kraͤften der Hornhaut und
der
(c)
ROUHAULT c. 27. n. 6.
(d) PORTERFIELD I. p. 133.
(e)
p. 482. 483.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 5. Berlin, 1772, S. 991. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende05_1772/1009>, abgerufen am 21.12.2024.
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