Es trift sich auch, daß aus einem andern benach- barten Muskel, sehnige oder fleischige Hülfsfasern zu ei- ner Sehne hinlaufen. Und auf solche Art entstehen die Sehnen der Fingerausstrecker, die zu beiden Seiten aus den Zwischenknochenmuskeln, und dem wurmförmigen zusammen gesetzt sind. Oft vereinigen sich die allergrö- sten Muskeln, und zwar mehrere, in eine und eben die- selbe Sehne, wie die Ausstrecker am Schienbeine, und dem Ellbogen. Ja es ist nicht möglich, die Mannigfal- tigkeiten der Natur zu erschöpfen.
Daß aber kein einziger einfacher Muskel sein sollte [Spaltenumbruch]y, an dem die Sehnenfasern vom Anfange bis zum Ende gerade weg gehen, scheint zu viel zu sein, ob sol- ches gleich Lower beiahet, wie man an dem Muskel des obern gezackten z, oder dem kleinen Rautenmuskel ersehen kann a.
§. 20. Die Scheiden der Sehnen.
Es laufen oft die Sehnen um die schmalen Enden der rundlichen Gliedmaaßen krumm herum. Und hier hat die Natur auf vielfache Weise für ihre Schadloshaltung gesorgt. Sie hat nämlich die Knochen mit Furchen aus- gehölt, welche sich für diese Sehnen schicken, sie hat diese Furchen mit einem höchst glatten Knorpel überzogen b, und folglich gemacht, daß sich die Sehnen über diesem Knorpel, ohne alle Gefahr des Reibens, bewegen können.
Der-
yp. 19.
zAlbin. T. 17. f. 16.
aIbid. f. 24.
bDe la Sone Mem. de l'Acad. 1752. p. 170. 171. Diese Knorpeln läst er aus Fäden entstehen, welche [Spaltenumbruch]
gegen die Knochenfläche senkrecht liegen. Ein Knorpel wiedersteht dem Drukke am besten, denn da ein Pulsadersakk sogar die Knochen zerstöret hatte, so wiederstanden ihm blos die Knorpeln der Ribben. Obs. of a societ. at London p. 348.
Die thieriſche Bewegung. XI. Buch.
Es trift ſich auch, daß aus einem andern benach- barten Muskel, ſehnige oder fleiſchige Huͤlfsfaſern zu ei- ner Sehne hinlaufen. Und auf ſolche Art entſtehen die Sehnen der Fingerausſtrecker, die zu beiden Seiten aus den Zwiſchenknochenmuskeln, und dem wurmfoͤrmigen zuſammen geſetzt ſind. Oft vereinigen ſich die allergroͤ- ſten Muskeln, und zwar mehrere, in eine und eben die- ſelbe Sehne, wie die Ausſtrecker am Schienbeine, und dem Ellbogen. Ja es iſt nicht moͤglich, die Mannigfal- tigkeiten der Natur zu erſchoͤpfen.
Daß aber kein einziger einfacher Muskel ſein ſollte [Spaltenumbruch]y, an dem die Sehnenfaſern vom Anfange bis zum Ende gerade weg gehen, ſcheint zu viel zu ſein, ob ſol- ches gleich Lower beiahet, wie man an dem Muskel des obern gezackten z, oder dem kleinen Rautenmuskel erſehen kann a.
§. 20. Die Scheiden der Sehnen.
Es laufen oft die Sehnen um die ſchmalen Enden der rundlichen Gliedmaaßen krumm herum. Und hier hat die Natur auf vielfache Weiſe fuͤr ihre Schadloshaltung geſorgt. Sie hat naͤmlich die Knochen mit Furchen aus- gehoͤlt, welche ſich fuͤr dieſe Sehnen ſchicken, ſie hat dieſe Furchen mit einem hoͤchſt glatten Knorpel uͤberzogen b, und folglich gemacht, daß ſich die Sehnen uͤber dieſem Knorpel, ohne alle Gefahr des Reibens, bewegen koͤnnen.
Der-
yp. 19.
zAlbin. T. 17. f. 16.
aIbid. f. 24.
bDe la Sone Mem. de l’Acad. 1752. p. 170. 171. Dieſe Knorpeln laͤſt er aus Faͤden entſtehen, welche [Spaltenumbruch]
gegen die Knochenflaͤche ſenkrecht liegen. Ein Knorpel wiederſteht dem Drukke am beſten, denn da ein Pulsaderſakk ſogar die Knochen zerſtoͤret hatte, ſo wiederſtanden ihm blos die Knorpeln der Ribben. Obſ. of a ſociet. at London p. 348.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0722"n="686"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Die thieriſche Bewegung. <hirendition="#aq">XI.</hi> Buch.</hi></fw><lb/><p>Es trift ſich auch, daß aus einem andern benach-<lb/>
barten Muskel, ſehnige oder fleiſchige Huͤlfsfaſern zu ei-<lb/>
ner Sehne hinlaufen. Und auf ſolche Art entſtehen die<lb/>
Sehnen der Fingerausſtrecker, die zu beiden Seiten aus<lb/>
den Zwiſchenknochenmuskeln, und dem wurmfoͤrmigen<lb/>
zuſammen geſetzt ſind. Oft vereinigen ſich die allergroͤ-<lb/>ſten Muskeln, und zwar mehrere, in eine und eben die-<lb/>ſelbe Sehne, wie die Ausſtrecker am Schienbeine, und<lb/>
dem Ellbogen. Ja es iſt nicht moͤglich, die Mannigfal-<lb/>
tigkeiten der Natur zu erſchoͤpfen.</p><lb/><p>Daß aber kein einziger einfacher Muskel ſein<lb/>ſollte <cb/><noteplace="foot"n="y"><hirendition="#aq">p.</hi> 19.</note>, an dem die Sehnenfaſern vom Anfange bis zum<lb/>
Ende gerade weg gehen, ſcheint zu viel zu ſein, ob ſol-<lb/>
ches gleich <hirendition="#fr">Lower</hi> beiahet, wie man an dem Muskel<lb/>
des obern gezackten <noteplace="foot"n="z"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Albin.</hi> T. 17. f.</hi> 16.</note>, oder dem kleinen Rautenmuskel<lb/>
erſehen kann <noteplace="foot"n="a"><hirendition="#aq">Ibid. f.</hi> 24.</note>.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 20.<lb/>
Die Scheiden der Sehnen.</head><lb/><p>Es laufen oft die Sehnen um die ſchmalen Enden<lb/>
der rundlichen Gliedmaaßen krumm herum. Und hier hat<lb/>
die Natur auf vielfache Weiſe fuͤr ihre Schadloshaltung<lb/>
geſorgt. Sie hat naͤmlich die Knochen mit Furchen aus-<lb/>
gehoͤlt, welche ſich fuͤr dieſe Sehnen ſchicken, ſie hat dieſe<lb/>
Furchen mit einem hoͤchſt glatten Knorpel uͤberzogen <noteplace="foot"n="b"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">De la Sone</hi> Mem. de l’Acad.<lb/>
1752. p.</hi> 170. 171. Dieſe Knorpeln<lb/>
laͤſt er aus Faͤden entſtehen, welche<lb/><cb/>
gegen die Knochenflaͤche ſenkrecht<lb/>
liegen. Ein Knorpel wiederſteht<lb/>
dem Drukke am beſten, denn da<lb/>
ein Pulsaderſakk ſogar die Knochen<lb/>
zerſtoͤret hatte, ſo wiederſtanden<lb/>
ihm blos die Knorpeln der Ribben.<lb/><hirendition="#aq">Obſ. of a ſociet. at London p.</hi> 348.</note>,<lb/>
und folglich gemacht, daß ſich die Sehnen uͤber dieſem<lb/>
Knorpel, ohne alle Gefahr des Reibens, bewegen koͤnnen.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Der-</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[686/0722]
Die thieriſche Bewegung. XI. Buch.
Es trift ſich auch, daß aus einem andern benach-
barten Muskel, ſehnige oder fleiſchige Huͤlfsfaſern zu ei-
ner Sehne hinlaufen. Und auf ſolche Art entſtehen die
Sehnen der Fingerausſtrecker, die zu beiden Seiten aus
den Zwiſchenknochenmuskeln, und dem wurmfoͤrmigen
zuſammen geſetzt ſind. Oft vereinigen ſich die allergroͤ-
ſten Muskeln, und zwar mehrere, in eine und eben die-
ſelbe Sehne, wie die Ausſtrecker am Schienbeine, und
dem Ellbogen. Ja es iſt nicht moͤglich, die Mannigfal-
tigkeiten der Natur zu erſchoͤpfen.
Daß aber kein einziger einfacher Muskel ſein
ſollte
y, an dem die Sehnenfaſern vom Anfange bis zum
Ende gerade weg gehen, ſcheint zu viel zu ſein, ob ſol-
ches gleich Lower beiahet, wie man an dem Muskel
des obern gezackten z, oder dem kleinen Rautenmuskel
erſehen kann a.
§. 20.
Die Scheiden der Sehnen.
Es laufen oft die Sehnen um die ſchmalen Enden
der rundlichen Gliedmaaßen krumm herum. Und hier hat
die Natur auf vielfache Weiſe fuͤr ihre Schadloshaltung
geſorgt. Sie hat naͤmlich die Knochen mit Furchen aus-
gehoͤlt, welche ſich fuͤr dieſe Sehnen ſchicken, ſie hat dieſe
Furchen mit einem hoͤchſt glatten Knorpel uͤberzogen b,
und folglich gemacht, daß ſich die Sehnen uͤber dieſem
Knorpel, ohne alle Gefahr des Reibens, bewegen koͤnnen.
Der-
y p. 19.
z Albin. T. 17. f. 16.
a Ibid. f. 24.
b De la Sone Mem. de l’Acad.
1752. p. 170. 171. Dieſe Knorpeln
laͤſt er aus Faͤden entſtehen, welche
gegen die Knochenflaͤche ſenkrecht
liegen. Ein Knorpel wiederſteht
dem Drukke am beſten, denn da
ein Pulsaderſakk ſogar die Knochen
zerſtoͤret hatte, ſo wiederſtanden
ihm blos die Knorpeln der Ribben.
Obſ. of a ſociet. at London p. 348.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 686. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/722>, abgerufen am 30.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.