andern schleunigst verstorbnen war das kleine Gehirn zer- rissen, und es hatte sich in eine, wieder die Natur ent- standne Höle, Blut ergossen [Spaltenumbruch]m*.
Zu diesen Beobachtungen fügt man, daß man die allergrößten Gehirnwunden, ohne Zufälle und ohne Le- bensgefahr ertragen könne n, und daß ein Nagel, den man Vögeln durch die Köpfe schlägt, diesen Thieren kei- nen Tod zuziehe o. Ja es ist ein Thier p so gar nach vier und zwanzig Stunden nicht einmal gestorben p*, als dasselbe das gesammte, oder das halbe Gehirn ver- loren hatte.
Eine Taube, der man das Gehirn ausnahm, ohne das keine Gehirn zu verletzen, stand dennoch auf den Füs- sen und konnte Körner verschlucken q.
Sie thun auch die Erinnerung, daß selbst das ver- längerte Mark r, welches man von dem grossen Gehirne getrennt, ein Thier nicht ums Leben gebracht habe, folg- lich habe es überhaupt das Ansehn, daß insonderheit die Ursache der Bewegung von dem kleinen Gehirne in die Werkzeuge des Lebens übergehe.
Und daher komme es, daß die Sinnen bei der Ver- letzung des kleinen Gehirns wenig leiden, es sei denn, daß ein plötzlicher Tod darauf erfolge s.
§. 36. Gegenseitige Versuche.
Man muß sich zuerst sorgfältig in Acht nehmen, wofern man dem kleinen Gehirne aus dem Grunde einen
beson-
m*Littre hist. de l'Acad. 1704 hist. 12.
np. 338. Lorry III. p. 363.
oWillis p. 127. Wolf von den Absichten der Theile p. 442. Goe- like hist. chir. recent. p. 326. Hart- soeker suite des coniectures phys.
pPerrault mecan. des animaux p. 155. Birch l. c. du Hamel l. c. [Spaltenumbruch]Chirac. Iourn. des sav. 1688. Vi- eussens p. 124. Boyle de vtilit. phi- los. exper. p. 114. Sechs Stun- den lang Woodward supplem. p. 77. 80. Coiter p. 122.
p*Zinn exper. 7.
qBirch l. c.
rVieussens p. 123. Ridley p. 170.
sp. 19. 20.
VII. Ab. Erſch. d. leb. Geh. Die Empfind.
andern ſchleunigſt verſtorbnen war das kleine Gehirn zer- riſſen, und es hatte ſich in eine, wieder die Natur ent- ſtandne Hoͤle, Blut ergoſſen [Spaltenumbruch]m*.
Zu dieſen Beobachtungen fuͤgt man, daß man die allergroͤßten Gehirnwunden, ohne Zufaͤlle und ohne Le- bensgefahr ertragen koͤnne n, und daß ein Nagel, den man Voͤgeln durch die Koͤpfe ſchlaͤgt, dieſen Thieren kei- nen Tod zuziehe o. Ja es iſt ein Thier p ſo gar nach vier und zwanzig Stunden nicht einmal geſtorben p*, als daſſelbe das geſammte, oder das halbe Gehirn ver- loren hatte.
Eine Taube, der man das Gehirn ausnahm, ohne das keine Gehirn zu verletzen, ſtand dennoch auf den Fuͤſ- ſen und konnte Koͤrner verſchlucken q.
Sie thun auch die Erinnerung, daß ſelbſt das ver- laͤngerte Mark r, welches man von dem groſſen Gehirne getrennt, ein Thier nicht ums Leben gebracht habe, folg- lich habe es uͤberhaupt das Anſehn, daß inſonderheit die Urſache der Bewegung von dem kleinen Gehirne in die Werkzeuge des Lebens uͤbergehe.
Und daher komme es, daß die Sinnen bei der Ver- letzung des kleinen Gehirns wenig leiden, es ſei denn, daß ein ploͤtzlicher Tod darauf erfolge s.
§. 36. Gegenſeitige Verſuche.
Man muß ſich zuerſt ſorgfaͤltig in Acht nehmen, wofern man dem kleinen Gehirne aus dem Grunde einen
beſon-
m*Littre hiſt. de l’Acad. 1704 hiſt. 12.
np. 338. Lorry III. p. 363.
oWillis p. 127. Wolf von den Abſichten der Theile p. 442. Goe- like hiſt. chir. recent. p. 326. Hart- ſoeker ſuite des coniectures phyſ.
pPerrault mecan. des animaux p. 155. Birch l. c. du Hamel l. c. [Spaltenumbruch]Chirac. Iourn. des ſav. 1688. Vi- euſſens p. 124. Boyle de vtilit. phi- loſ. exper. p. 114. Sechs Stun- den lang Woodward ſupplem. p. 77. 80. Coiter p. 122.
p*Zinn exper. 7.
qBirch l. c.
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[543/0579]
VII. Ab. Erſch. d. leb. Geh. Die Empfind.
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ſtandne Hoͤle, Blut ergoſſen
m*.
Zu dieſen Beobachtungen fuͤgt man, daß man die
allergroͤßten Gehirnwunden, ohne Zufaͤlle und ohne Le-
bensgefahr ertragen koͤnne n, und daß ein Nagel, den
man Voͤgeln durch die Koͤpfe ſchlaͤgt, dieſen Thieren kei-
nen Tod zuziehe o. Ja es iſt ein Thier p ſo gar nach
vier und zwanzig Stunden nicht einmal geſtorben p*,
als daſſelbe das geſammte, oder das halbe Gehirn ver-
loren hatte.
Eine Taube, der man das Gehirn ausnahm, ohne
das keine Gehirn zu verletzen, ſtand dennoch auf den Fuͤſ-
ſen und konnte Koͤrner verſchlucken q.
Sie thun auch die Erinnerung, daß ſelbſt das ver-
laͤngerte Mark r, welches man von dem groſſen Gehirne
getrennt, ein Thier nicht ums Leben gebracht habe, folg-
lich habe es uͤberhaupt das Anſehn, daß inſonderheit die
Urſache der Bewegung von dem kleinen Gehirne in die
Werkzeuge des Lebens uͤbergehe.
Und daher komme es, daß die Sinnen bei der Ver-
letzung des kleinen Gehirns wenig leiden, es ſei denn,
daß ein ploͤtzlicher Tod darauf erfolge s.
§. 36.
Gegenſeitige Verſuche.
Man muß ſich zuerſt ſorgfaͤltig in Acht nehmen,
wofern man dem kleinen Gehirne aus dem Grunde einen
beſon-
m* Littre hiſt. de l’Acad. 1704
hiſt. 12.
n p. 338. Lorry III. p. 363.
o Willis p. 127. Wolf von den
Abſichten der Theile p. 442. Goe-
like hiſt. chir. recent. p. 326. Hart-
ſoeker ſuite des coniectures phyſ.
p Perrault mecan. des animaux
p. 155. Birch l. c. du Hamel l. c.
Chirac. Iourn. des ſav. 1688. Vi-
euſſens p. 124. Boyle de vtilit. phi-
loſ. exper. p. 114. Sechs Stun-
den lang Woodward ſupplem. p. 77.
80. Coiter p. 122.
p* Zinn exper. 7.
q Birch l. c.
r Vieuſſens p. 123. Ridley p. 170.
s p. 19. 20.
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Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 543. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/579>, abgerufen am 03.07.2024.
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