Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768.

Bild:
<< vorherige Seite
VII. Ab. Ersch. d. leb. Geh. Die Empfind.
§. 18.
Gegenseitige Versuche.

Jch finde gegentheils, laut der von mir angestellten
Versuchen, daß die harte Gehirnhaut kein dergleichen
Gefühl besitze, daß solches an einem lebendigen Thiere,
oder auch an verletzten Menschen, Schmerzen zu erregen
vermögend sei.

Es hat bereits das Alterthum die Erfahrung ge-
macht, daß nicht nur die harte Gehirnhaut scharse Arze-
neimittel vertrage, sondern solche vielmehr selbst erfor-
dere [Spaltenumbruch] h.

Man hat in der Caries die harte Gehirnhaut ohne
Empfindung, doch aber härter, als sonst gefunden i,
und man hat diese harte Membrane ohne alle Krämpfe
zerrissen i*

Daß die Empfindung der harten Membrane gar
nicht genau sei, lernte Wilhelm de la Motte aus den
zweifelhaften Begebenheiten bei den Wunden [Spaltenumbruch] k, und
es sahe vor kurzen der berümte Laisse, daß die Empfin-
dung ganzer vier bis fünf Tage vollkommen war, und
dennoch kein Zufall dazu kam, ob gleich ein Stamm in
die harte Gehirnhaut hineingetrieben war und darinnen
feste saß l.

Jch habe aus einem Briefe des Caldans ersehen,
daß P. P. Molinelli bereits im Jahr 1725 die Erfah-
rung gemacht, wie die harte Gehirnhaut ohne alle
Schmerzen mit Brand. und Reitzmitteln angegriffen
werden könne m.

Ein
h Pare L. 9. c. 21.
i Blancaard chir. p. 592.
i* Willis de morb. convuls.
p.
28.
k Chirurg. comp. T. 1. p. 56.
l Obs. 41.
m p. 292. beim Fabri ed. nostr.
T. 3. p.
53.
H h 2
VII. Ab. Erſch. d. leb. Geh. Die Empfind.
§. 18.
Gegenſeitige Verſuche.

Jch finde gegentheils, laut der von mir angeſtellten
Verſuchen, daß die harte Gehirnhaut kein dergleichen
Gefuͤhl beſitze, daß ſolches an einem lebendigen Thiere,
oder auch an verletzten Menſchen, Schmerzen zu erregen
vermoͤgend ſei.

Es hat bereits das Alterthum die Erfahrung ge-
macht, daß nicht nur die harte Gehirnhaut ſcharſe Arze-
neimittel vertrage, ſondern ſolche vielmehr ſelbſt erfor-
dere [Spaltenumbruch] h.

Man hat in der Caries die harte Gehirnhaut ohne
Empfindung, doch aber haͤrter, als ſonſt gefunden i,
und man hat dieſe harte Membrane ohne alle Kraͤmpfe
zerriſſen i*

Daß die Empfindung der harten Membrane gar
nicht genau ſei, lernte Wilhelm de la Motte aus den
zweifelhaften Begebenheiten bei den Wunden [Spaltenumbruch] k, und
es ſahe vor kurzen der beruͤmte Laiſſe, daß die Empfin-
dung ganzer vier bis fuͤnf Tage vollkommen war, und
dennoch kein Zufall dazu kam, ob gleich ein Stamm in
die harte Gehirnhaut hineingetrieben war und darinnen
feſte ſaß l.

Jch habe aus einem Briefe des Caldans erſehen,
daß P. P. Molinelli bereits im Jahr 1725 die Erfah-
rung gemacht, wie die harte Gehirnhaut ohne alle
Schmerzen mit Brand. und Reitzmitteln angegriffen
werden koͤnne m.

Ein
h Pare L. 9. c. 21.
i Blancaard chir. p. 592.
i* Willis de morb. convuls.
p.
28.
k Chirurg. comp. T. 1. p. 56.
l Obſ. 41.
m p. 292. beim Fabri ed. noſtr.
T. 3. p.
53.
H h 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0519" n="483"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">VII.</hi> Ab. Er&#x017F;ch. d. leb. Geh. Die Empfind.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 18.<lb/>
Gegen&#x017F;eitige Ver&#x017F;uche.</head><lb/>
            <p>Jch finde gegentheils, laut der von mir ange&#x017F;tellten<lb/>
Ver&#x017F;uchen, daß die harte Gehirnhaut kein dergleichen<lb/>
Gefu&#x0364;hl be&#x017F;itze, daß &#x017F;olches an einem lebendigen Thiere,<lb/>
oder auch an verletzten Men&#x017F;chen, Schmerzen zu erregen<lb/>
vermo&#x0364;gend &#x017F;ei.</p><lb/>
            <p>Es hat bereits das Alterthum die Erfahrung ge-<lb/>
macht, daß nicht nur die harte Gehirnhaut &#x017F;char&#x017F;e Arze-<lb/>
neimittel vertrage, &#x017F;ondern &#x017F;olche vielmehr &#x017F;elb&#x017F;t erfor-<lb/>
dere <cb/>
<note place="foot" n="h"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Pare</hi> L. 9. c.</hi> 21.</note>.</p><lb/>
            <p>Man hat in der Caries die harte Gehirnhaut ohne<lb/>
Empfindung, doch aber ha&#x0364;rter, als &#x017F;on&#x017F;t gefunden <note place="foot" n="i"><hi rendition="#aq">B<hi rendition="#i">lancaard</hi> chir. p.</hi> 592.</note>,<lb/>
und man hat die&#x017F;e harte Membrane ohne alle Kra&#x0364;mpfe<lb/>
zerri&#x017F;&#x017F;en <note place="foot" n="i*"><hi rendition="#aq">W<hi rendition="#i">illis</hi> de morb. convuls.<lb/>
p.</hi> 28.</note></p><lb/>
            <p>Daß die Empfindung der harten Membrane gar<lb/>
nicht genau &#x017F;ei, lernte Wilhelm de la <hi rendition="#fr">Motte</hi> aus den<lb/>
zweifelhaften Begebenheiten bei den Wunden <cb/>
<note place="foot" n="k"><hi rendition="#aq">Chirurg. comp. T. 1. p.</hi> 56.</note>, und<lb/>
es &#x017F;ahe vor kurzen der beru&#x0364;mte <hi rendition="#fr">Lai&#x017F;&#x017F;e,</hi> daß die Empfin-<lb/>
dung ganzer vier bis fu&#x0364;nf Tage vollkommen war, und<lb/>
dennoch kein Zufall dazu kam, ob gleich ein Stamm in<lb/>
die harte Gehirnhaut hineingetrieben war und darinnen<lb/>
fe&#x017F;te &#x017F;<note place="foot" n="l"><hi rendition="#aq">Ob&#x017F;.</hi> 41.</note>.</p><lb/>
            <p>Jch habe aus einem Briefe des <hi rendition="#fr">Caldans</hi> er&#x017F;ehen,<lb/>
daß P. P. <hi rendition="#fr">Molinelli</hi> bereits im Jahr 1725 die Erfah-<lb/>
rung gemacht, wie die harte Gehirnhaut ohne alle<lb/>
Schmerzen mit Brand. und Reitzmitteln angegriffen<lb/>
werden ko&#x0364;nne <note place="foot" n="m"><hi rendition="#aq">p.</hi> 292. beim <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Fabri</hi> ed. no&#x017F;tr.<lb/>
T. 3. p.</hi> 53.</note>.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">H h 2</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Ein</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[483/0519] VII. Ab. Erſch. d. leb. Geh. Die Empfind. §. 18. Gegenſeitige Verſuche. Jch finde gegentheils, laut der von mir angeſtellten Verſuchen, daß die harte Gehirnhaut kein dergleichen Gefuͤhl beſitze, daß ſolches an einem lebendigen Thiere, oder auch an verletzten Menſchen, Schmerzen zu erregen vermoͤgend ſei. Es hat bereits das Alterthum die Erfahrung ge- macht, daß nicht nur die harte Gehirnhaut ſcharſe Arze- neimittel vertrage, ſondern ſolche vielmehr ſelbſt erfor- dere h. Man hat in der Caries die harte Gehirnhaut ohne Empfindung, doch aber haͤrter, als ſonſt gefunden i, und man hat dieſe harte Membrane ohne alle Kraͤmpfe zerriſſen i* Daß die Empfindung der harten Membrane gar nicht genau ſei, lernte Wilhelm de la Motte aus den zweifelhaften Begebenheiten bei den Wunden k, und es ſahe vor kurzen der beruͤmte Laiſſe, daß die Empfin- dung ganzer vier bis fuͤnf Tage vollkommen war, und dennoch kein Zufall dazu kam, ob gleich ein Stamm in die harte Gehirnhaut hineingetrieben war und darinnen feſte ſaß l. Jch habe aus einem Briefe des Caldans erſehen, daß P. P. Molinelli bereits im Jahr 1725 die Erfah- rung gemacht, wie die harte Gehirnhaut ohne alle Schmerzen mit Brand. und Reitzmitteln angegriffen werden koͤnne m. Ein h Pare L. 9. c. 21. i Blancaard chir. p. 592. i* Willis de morb. convuls. p. 28. k Chirurg. comp. T. 1. p. 56. l Obſ. 41. m p. 292. beim Fabri ed. noſtr. T. 3. p. 53. H h 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/519
Zitationshilfe: Haller, Albrecht von: Anfangsgründe der Phisiologie des menschlichen Körpers. Bd. 4. Berlin, 1768, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/haller_anfangsgruende04_1768/519>, abgerufen am 20.11.2024.